

Sommerfeeliing in Liegestühlen & Vorfreude auf die neue Spielzeit beim Eröffnungsfest vor dem Schauspielhaus Dresden am 24. August 2024.

Mit Gefühl & Power mit bekannten Songs von Rio Reiser u.a. sorgten Schauspieler und Sänger Jannik Hinsch und seine Band für Schwung auf der Bühne vor dem Schauspielhaus.

Tanzen unter buntem Bühnenhimmel nach der Saisonvorschau.
Lustvolles bis wild entschlossenes Spiel mit Gegensätzen
Amüsant, nachdenklich, mit gespielter und echter Aufregung ging es um eigene Ansprüche, sich zeigen, Wahrhaftigsein in einer Welt voller Widersprüche in der Saisonvorschau zur neuen Spielzeit 2024/25 im Staatsschauspiel Dresden.
Gar zu verlockend ist die bunte, unbeschwerte Strandszene zu Beginn. Mit Gummibällen, Schwimmringen, Flamingos und Schwänen als Begleiter, Meerrauschen und Möwenkreischen. Fast ein wenig erschrocken und verlegen stehen de Schauspielerinnen und Schauspieler auf, nehmen ihre Strandlaken und gehen. Die Theaterferien sind schon wieder vorbei. Dabei ist doch noch August und schönstes Sommerwetter. Nun rufen wieder Lust und Last, Freude, Sorgen und Vergnügen des Bühnenlebens. Es steht viel auf dem Programm und auf dem Spiel. Daran ließen die Mitwirkenden dieser Saisonvorschau für die neue Spielzeit 2024/25 im Staatsschauspiel Dresden keine Zweifel. Einen Vorgeschmack bot die ebenso witzig wie spannungs- und temporeiche Eröffnungsshow unter Regie von Hausregisseurin Daniela Löffner am vergangenen Sonnabend im gutbesuchten Schauspielhaus Dresden.
Der lange Sommer ohne Theater hat ein Ende, begrüßte Intendant Joachim Klement das Publikum unter Applaus. Über 190 000 Zuschauer besuchten in der vergangenen Spielzeit die Vorstellungen und Gastspiele im Staatsschauspiel Dresden. In der neuen Spielzeit sind 23 Premieren, davon sechs Uraufführungen geplant. Klement beschwor die „Kraft des Theaters, die lebendigste aller Künste. Bestehend aus Dialog und Gegenrede. Es hält neue Perspektiven bereit, die spielerisch erfahrbar werden, um Ressentiments und Ängsten etwas entgegenzusetzen und für eine offene, vielfältige Gesellschaft zu werben.“
Die neue Spielzeit eröffne nicht zufällig mit Gotthold Ephraim Lessings „Nathan der Weise“ (am 7.9., Schauspielhaus), einem Lehrstück der aufklärerischen Toleranz und Utopie, das zeige, dass auch vermeintlich unüberbrückbare Gegensätze überwunden werden können. In der Saisonvorschau waren zumeist kurze Szenen im Schnelldurchlauf zu sehen, noch sehr vage vieles, angedeutet oder rätselhaft, manchmal nur Stücktitel, Regie und Premiere- oder Uraufführungstermin eingeblendet. Mit teils abrupten und fließenden Übergängen war es auch ein Spiel mit Gegensätzen vor mal leerer Bühne, mal goldenem Glitzervorhang. Drei Schauspieler führten durch die Eröffnungsshow und dachten laut, amüsant und nachdenklich, mit gespielter oder/und echter Aufregung über die Licht- und Schattenseiten ihres Berufes nach. Anna-Katharina Muck im Strandkleid, selbstbewusst, ruhig, gelassen, lebens- und bühnenerfahren. Henriette Hölzel im Glitzerkleid ehrgeizig und wild entschlossen, immer in Bestform sein, alles aus sich herausholen und gewillt, sich zu zeigen wie man ist. „Doch das will auch ausgehalten sein!“ Philipp Lux im Shirt und Blumenkette nimmt es mit Humor, gut gelaunt, dann immer abgeklärter. Eine Show für sich, wie die drei sich gegenseitig antrieben, stritten und diskutierten mit viel Spielfreude, Ironie und teils verwirrender dramatischer Komik als wisse man selbst nicht mehr weiter. Ein reizvoller, ehrlicher Blick hinter die Fassade, über das Ringen um eigene Ansprüche, Achtung, Liebe, Verständnis und Verantwortung sich selbst und anderen gegenüber, Arbeit als Vergnügen und Herausforderung, Immer wieder das Publikum für sich gewinnen und sich selbst treu bleiben. Und nicht aufhören, Fragen zu stellen, miteinander im Gespräch bleiben.
Innenschau war diesmal angesagt. Selbstbefragung der Darsteller und was Theater bewirken kann noch in der heutigen multimedialen Zeit voller anderer, virtueller Anreize und Angebote. Immer schneller und gehetzter bewegen sich auch die Schauspieler, laufen im Kreis… Ein Angebot jagt das nächste… immer in der Hoffnung auf viel Zuspruch und Erfolg beim Publikum. Spielen und verkaufen. „Ich würde mal wieder Urlaub machen… innerlich“, sagt Anna-Katharina Muck. „Urlaub in mir“, findet auch Lux toll. Es geht um das Schöne und Schwierige des Moments zwischen On-Off. „Der Moment, bevor man auf die Bühne geht. Der schmale Raum, wo man schon fast die Figur und nicht mehr privat ist“, so Muck Das sei wie wenn man um jemand trauert, sagte ihr einmal eine Kollegin. Ein Satz, der aufhorchen ließ, erstaunte und berührte. Gibt man nicht in allem, was man tut, ein Stück von sich her, ohne zu wissen ob und wie es zurückkommt? Schauspieler spüren das noch mehr und intensiver, wenn sie mit ihrem Körper und Stimme auf der Bühne stehen, in der Rolle aufgehen. immer wieder spielen, sich selbst loslassen und wieder finden, neu erfinden, ohne sich zu verlieren…
Um den Sinn, Selbst- oder Verachtung in der Arbeit, bei dem was man tut und bereit ist alles zu tun für den Aufstieg, selbst in so genannten „Bullshit Jobs“ mit hin und her geschobenen Aktenstapeln ähnlich wie in Kafkas „Das Schloss“ und dann plötzlich nicht mehr mitspielt, darum geht es in der absurd-komischen Komödie „Bandscheibenvorfall“ – ein Abend für Leute mit Haltungsschäden von Ingrid Lausund unter Regie von Philipp Lux (Premiere: 22.2.2025, Schauspielhaus). Zwischen Größenwahn, Wahnwitz und Absturz angesiedelt ist auch das Stück „Bauern, Bonzen und Bomben“ nach dem gleichnamigen Roman von Hans Fallada, der verkörpert von Holger Böhme in schwarzem Anzug, Krawatte und runder Brille sehr komödiantisch und großspurig auf dem Podest eines Baukrans auf der Bühne steht, erzählt und lamentiert und dabei immer weiter herunter fährt. Die Premiere ist am 22.3.2025 unter Regie von Tom Kühnel.
Mit viel Situationskomik und singend zur Gitarre abwechselnd sanft und wild rebellisch machte Thomas Eisen neugierig auf die Inszenierung „Cyrano de Bergerac“ über den hitzigen Soldaten und heimlich verliebten, glühenden Briefschreiber und Poeten mit der riesigen Nase von Martin Crimp frei nach Edmond Rostand unter Regie von Nicolai Sykosch (Premiere am 30.11., Kleines Haus). In einer Szene aus „Ein Sommernachtstraum“ von William Shakespeare läuft oder irrt vor dem goldenen Vorhang eine Frau im roten Kleid umher zum Titelsong aus „Solo Sunny“, dem legendären Defa-Spielfilm. Plötzlich taucht ein älteres Paar, Mann und Frau mit Rollator auf und unterhält sich. Der Mann ist schwerhörig. Die Frau ist besorgt über „die ganzen Nazis überall!“ Bei einer Demo in Bautzen hätten sie eine Regenbogenfahre angezündet. Da müsse man doch etwas machen, sagt die Frau und lud den Mann zu einem Inforeffen der Bürgerbühne im Kleinen Haus ein. Dieses findet am 4. März 2025 dort statt. Gesucht werden rüstige SeniorInnen, die sich lustvoll und furchtlos mit der eigenen Angst und der von anderen auseinandersetzen wollen, um den Zombies das Fürchten zu lehren und die Welt vor dem Untergang zu retten. Die Uraufführung von „Apocalypse 2033“ – eine prophetische Horrorsatire mit SeniorInnen von und in Regie von Paul Spittler ist am 16.5.2025 im Kleinen Haus.
Für ein weiteres Stück, „Klassenbeste“ – ein Rechercheprojekt mit Töchtern und deren Müttern, inszeniert von der neuen Bürgerbühnenleiterin Christiane Lehmann, werden außerdem Interessierte gesucht. Mütter und Töchter tauschen sich über ihre Hoffnungen, Enttäuschungen und Visionen aus. Ein Infotreffen dazu findet am 18.9. im Kleinen Haus statt. Die Uraufführung ist am 18.1.2025.
Die Aufführung „Nullerjahre“ nach dem Roman von Hendrik Bolz erzählt unter Regie von Kajetan Skurski von Jugendlichen der Nachwende-Generation zwischen der verschwundenen DDR-Zeit, ihren Aus- und Nachwirkungen und dem neuen System in einer Zeit voller Umbrüche. Premiere ist am 8.9. beginnend auf der Hauptstraße 28 und im Kleinen Haus. Im Kontrast dazu kommt „Droge Faust“ – ein Jugendprojekt zu Sucht und Rausch nach Goethes Faust von Janette Mickan am 6.9. als Uraufführung unter Regie von Hanna Müller auf die Bühne im Kleinen Haus. Die Schauspielstudenten vom Jungen Studio interpretierten einen Song, „Perfect Day“ von Lou Reed überraschend in immer neuer Betonung. Mit wundervollem Akkordeonspiel voll Leidenschaft und Hingabe begeisterte Elena Kratschewski.
Naheging außerdem ein Ausschnitt aus „Der Komet“ nach dem Buch von Büchner-Preisträger Durs Grünbein, bei dem ein Mann in Ritterrüstung neben einer jungen Frau im Kleid steht und ein Kosmonaut vom Bühnenhimmel herabschwebt. Der Ritter liest der Zuhörerrunde aus einem Buch über Dresden vor, die Bombardierung, Schrecken und Folgen. Es geht um die Wunden der Zerstörung in der Stadt und ihren Bewohnern und den Umgang mit Geschichte in der Gegenwart. Die Uraufführung ist am 24.1.2025 unter Regie von Tilmann Köhler.
Text + Fotos (lv)



















































































