Beeindruckend & Berührend: Die Skulptur des georgischen Künstlers Gela Durujeli verbindet Geschichte und Gegenwart dieser Stadt und wirkt wie eine Liebeserklärung an Dresden.

Der Künstler Gela Durujeli und meinwortgarten-Inhaberin Lilli Vostry vor seinem Werk.

Steingewordene Liebeserklärung an Dresden

Acht Künstlerinnen und Künstler zeigen ihre Arbeiten, die während eines Internationalen Bildhauer-Symposiums auf dem Campus der Fachhochschule Dresden entstanden. Dort werden sie für die Öffentlichkeit sichtbar das Stadtbild verschönern.

Die Sprache des Steins. Faszinierend wie die rohen Sandsteinblöcke sich verwandelt haben. Formenreiche, vielgestaltige Werke von acht Künstlerinnen und Künstlerinnen aus sieben Ländern stehen auf dem Campus der Fachhochschule Dresden am Straßburger Platz/Güntzstraße 1 in Dresden. Diese entstanden während eines Internationalen Bildhauer-Symposiums im August, das die Fachhochschule ins Leben rief. Bei einer Vernissage mit den Künstlerinnen und Künstler wurden sie gestern nachmittag erstmals der Öffentlichkeit vorgestellt. Eine Anwohnerin aus dem bunten Hochhaus gegenüber kam rein zufällig vorbei, sie habe nirgends in den Medien etwas über dieses Kunst-Projekt gelesen, und war „positiv überrascht“ von den Arbeiten der Bildhauer. Sie wünscht sich für ähnliche Veranstaltungen das nächste Mal Aushänge in den umliegenden Wohnhäusern. Dann kämen sicher noch mehr Besucher. Die Idee für mehr Kunst im öffentlichen Raum findet die Anwohnerin gut.

Besonders beeindruckend und berührend ist eine Skulptur des georgischen Künstlers Gela Durujeli mit Bezug zu Dresden, dieses auf die zerstörte Stadt, zahllose Häuserruinen blickende, schattenhafte Gesicht nach dem berühmten Foto und dahinter ein helles, ausdrucksvolles Antlitz vor Steinstrümmern. Steingewordene und zugleich lebendige Erinnerung voller Schönheit, Kraft und Würde spricht aus seinem Werk. Das auch dazu anregt, sich mit gegenwärtigen Konflikten, Kriegen und Zerstörung in der Welt auseinanderzusetzen. Die Skulptur lässt sich von allen Seiten betrachten und stellt eindrucksvoll eine Verbindung zwischen Vergangenheit und Zukunft her. Auf der Rückseite sieht man einen Stadtplan mit der Elbe, bestückt mit kleinen Solarzellen  und Mikrochips. Die Skulptur von Durujeli wirkt wie eine Liebeserklärung an Dresden und verdient einen Platz im Herzen der Stadt, vor der Frauenkirche.

Auf vielfältige, großartige Weise lassen die Künstlerinnen und Künstler ihre Träume im Stein sprechen, angeregt vom Motto „Lebenslanges Lernen“ des Bildhauer-Symposiums. Figuren, die mit ihren Köpfen an einen Steinsbrocken stoßen, zeigt Enrica Rebeck aus Italien. „Wenn man lernt, gerät man auch an Grenzen“, sagt sie. „Wir sollten mutig genug sein, darüber hinweg ins Leben zu springen, das Wissen mehren und nutzen ohne sich davon zu sehr niederdrücken zu lassen.“

Olena Dodatko aus der Ukraine zeigt gebündelte, geometrische Formen, die das Ordnen und Sortieren von Wissen versinnbildlichen. „Wenn man das schafft, kann man auf dieser Struktur in den Himmel klettern“, sagt sie zu ihrem Werk. Der in Dresden lebende Bildhauer Peter Fiedler und künstlerischer Leiter des Symposiums lässt pflanzliche, fließende Formen und Blattspitzen aus dem Stein wachsen unter dem Titel „Das geheime Leben der Pflanzen“.

Der polnische und eine Zeitlang in Kanada lebende Künstler Ryszard Litwiniuk schuf einen „Meilen- oder Philosophenstein“, der für das Wissen steht, mit eingraviertem Fragezeichen und den man drehen, verschieben kann mit einigem Kraftaufwand. Einem Kind gelang dies spielend leicht. Einer Landschaft mit kleinen, hügeligen Formen oder Sandkuchen ähnelt der „Tisch für Ronja“ des Nürnberger Künstlers Christian Ruckdeschel.

Der mexikanische Künstler Carlos Monge kreiert gern neue, ungewöhnliche Formen und sucht sie ins Gleichgewicht zu bringen. Ein großes, steinernes Ohr in einem Gehäuse zeigt der japanische Künstler Kei Nakamura. „Hört auf  die Stimme“ heißt seine Skulptur. Der Betrachter kann sich davor auf einen Stein setzen, den äußeren Geräuschen, aber auch dem Sound der eigenen Stimme und des Steins zuhören. „Manchmal ist es schwierig, da die Welt sich immer dreht, sich selbst zu hören. Dann kann man innehalten, auch um seinen Platz in der Welt zu finden und den Moment genießen“, dazu lädt Nakamura mit seiner Skulptur ein.

“Die Arbeiten vom Bildhauer-Symposium bleiben auf dem Gelände stehen und werden weiterhin für die Öffentlichkeit zugänglich sein. Hier ist etwas von Wert und Bestand von internationalen Künstlern geschaffen worden“, sagt Günter Kahle, geschäftsführender Gesellschafter der Fachhochschule Dresden. Diese Woche werden Schüler der Fachoberschule in Workshops unter dem Motto „Handwerk trifft Kopfwerk“ unter Anleitung kreativ den Sandstein bearbeiten.

Text + Fotos (lv)

Weitere Infos: www.fh-dresden.eu


Fantasievoll offene Form: „Ein Tisch für Ronja“ des Nürnberger Bildhauers Christian Ruckdeschel.


Einen klangreichen Mix aus beschwingt jazzigen Klängen spielte der Musiker Neo Stateman zur Ausstellungseröffnung auf dem Campus der Fachhochschule Dresden bei schönstem Sonnenwetter.


Ein Ohr aus Stein als Symbol zum Wahrnehmen nach außen und innen zeigt der japanische Künstler Kei Nakamura. Ein Stück weiter steht die abstrakt-formspielerische Skulptur von Carlos Monge aus Mexiko.


Lust oder Last des Wissens? Die Frage stellt sich bei diesem Werk von Enrica Rebeck aus Italien. Peter Fiedler aus Dresden erkundet in seiner Skulptur „Das geheime Leben der Pflanzen“, so der Titel.


Nicht den Stein der Weisen, aber immerhin einen Meilen- oder Philosophenstein, der sich mit einiger Kraft drehen lässt, hat der polnische Künstler Ryszard Litwiniuk geschaffen. (links im Bild zu sehen neben der Pflanzen-Skulptur von Peter Fiedler.)


Mit entwirrtem, gebündeltem Gedankengut in den Wissens-Olymp: die Skulptur von Olena Dodatko aus der Ukraine.


Platz zum Innehalten, der Sprache des Steins und sich selbst lauschen unter dem weiten Blätterdach der Buche. Dazu sind kleine wie große Besucher auf dem Campus mit den Steinkunstwerken eingeladen. Vielleicht auch eine Anregung, selbst kreativ zu werden, ob mit Stein oder anderen Materialien.


Steinernes Abbild der Geschichte, das in der Gegenwart nachwirkt: der georgische Künstler Gela Durujeli vor seiner Skulptur mit Blick auf das kriegszerstörte Dresden nach dem berühmten Foto. Das man am oberen Bildrand scannen und  ansehen kann.