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Leipziger Buchmesse: 441 Neuerscheinungen wetteifern um Preis der Leipziger Buchmesse
27 Samstag Nov 2021
27 Samstag Nov 2021
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27 Samstag Nov 2021
Erkennt er den Ernst der Lage nicht oder fühlt sich zum Narren gehalten durch die Corona-Politik?! Wird die Kultur demnächst zum Notfallpatient? Dauerpatient Herr Pechmarie, gespielt von Vollblutmime Rainer König, musste schon viel über sich ergehen lassen und wollte dem Chef der „Wunderlandklinik“, Prof. Brinkmann (Dieter Beckert) jetzt endlich Paroli bieten. Doch nun bleibt diese geschlossen. Die neue Dinnershow darf wegen der neuen Sächsischen Corona-Notfallverordnung auch dieses Jahr nicht stattfinden. (lv) Fotos (2): Michael Schmidt
Erst im September hatte Inhaber Mirco Meinel die aufwändige Jubiläumsproduktion „Mafia Mia“ auf 2022 verschoben und als Plan B die Shows „Die Wunderlandklinik“ und „Der Schöne und das Biest“ in den „Ostra-Studios“ vorgestellt. Die Spielstätte wurde extra mit einer modernen Lüftungs- und Raumdesinfektionsanlage ausgestattet.
„Dass wir nun doch nicht spielen können, das bedeutet für mein Team, für Künstler, Techniker, Partner und Lieferanten erneut Stillstand und Frustration“, so Mirco Meinel. „Das ist wie ein mehrfaches „Déjà-vu“, denn auch die Schlössernacht haben wir schon zweimal verschoben. Es tut mir unendlich leid für alle Beteiligten, die sich so motiviert und flexibel engagiert haben. Und für die vielen Gäste, die schon Karten gekauft hatten und für die eine Dinnershow in der Vorweihnachtszeit einfach dazu gehört.“
Bereits bezahlte Tickets werden in Wertgutscheine umgewandelt und den Gästen zugeschickt. Reservierungen ohne Zahlungseingang werden automatisch storniert.
Bei Fragen kann man sich an das Ticketbüro wenden unter E-Mail info@dinnershows-dresden.de und Telefon 421 99 99.
Text: Sabine Mutschke
PR i.A. der First Class Concept
Wundersame Apparatemedizin: Mit von der Partie in der „Wunderlandklinik“ als Krankenpfleger ist das urkomische Duo „Schlicht & Kümmerling“, die sich als chinesische Wunderheiler versuchen, um ihren Niedriglohn aufzubessern. Foto: Michael Schmidt
18 Donnerstag Nov 2021
Sehnsucht nach Nähe, Verbundenheit und Vertrautheit: Galeristin Janett Noack vor den Bildern von Helena Zubler.
Innere Welten und Auflösung. Sehnsucht nach Nähe, Verbundenheit und Vertrautheit. Mit dem Umgang damit in Corona-Zeiten spielt die Künstlerin Helena Zubler eindrucksvoll, berührend, witzig-sinnlich und verführerisch in ihren Bildern in der derzeitigen Ausstellung „Sweet Spot“ in der Galerie Kunst & Eros in Dresden.
Der Ausstellungstitel nimmt mehrdeutig Bezug auf eine Gegenwart, in der sogenannte „Hot Spots“ plötzlich überall auftauchen und gänzlich ihres ursprünglichen Wortsinns beraubt, von sinnlich, erotischen, heißen Körperpunkten zu Gefahrenzonen werden, die man besser meidet. Diese Umwertung von Begriffen bis ins Gegenteil verkehren aus dem zwischenmenschlichen Bereich ist eine ebenso traurige wie absurde Begleiterscheinung in der Corona-Krise samt all ihren einschränkenden Maßnahmen.
In diesem Spannungsfeld bewegen sich die figürlichen Arbeiten vorwiegend in Grautönen vor leuchtend gelben Flächen und Körperformen. Malerei auf Papier, Leinwand und Karton sowie Zeichnungen mit schwarzer Tusche und Bleistift von Helena Zubler. Entstanden sind diese im Zeitraum von 2018 bis 2021. Das großformatige Bild mit einem sich innig umarmenden Paar scheint aus einer anderen Zeit zu stammen. Auf den anderen Bildern begegnen einem Körper kopfüber mit verdrehten Gliedern wie eine aus dem Lot geratene Welt. „Im Traum verloren“ heißt ein Bildtitel, das eine Frau im gelben Kleid kopfstehend, versunken, in fließenden Körperlinien zeigt. Immer wieder tauchen Hände auf, die nach Berührung verlangen, sich über Begrenzungen hinweg einem anderen nähern, sich halten oder verspielt und lustvoll von Früchten vor der Körpermitte naschen. Zwei Paar Hände und Füße geben sich wohligem „Bettgeflüster“ hin. Eine Serie mit Zeichnungen dreht sich um „Entfesselungskunst“, die Vertrauen und Hingabe erfordert.
In einem Selbstporträt zeigt sich Helena Zubler mit der Zunge an einem stachligen Kaktus. Lust und Schmerz, Empfindsamkeit und Verletzlichkeit gehören zusammen und wirken der Abstumpfung der Sinne entgegen.
Schön ironisch ihre schwarzen Tuschezeichnungen zum Thema „Verhüllung“ mit körperlicher Ver- und Entkleidung, die schon mal zur „Sockosophie“ werden kann bis zur Maskerade mit Unterhose und drei kleinen Ölbildern mit aufreizend roter „Schnute“. Eine Hand hält ein Herz – frei und ungeschützt.
Helena Zubler studierte an der Hochschule für Bildende Künste in Dresden. Seit Abschluss ihres zweijährigen Meisterschülerstudiums bei Prof. Ralf Kerbach ist sie als freischaffende Künstlerin in Dresden tätig.
Die Ausstellung „Sweet Spot“ ist noch bis 20. November zu sehen.
Text + Fotos (lv)
Geöffnet: Mo bis Sa von 11 bis 15 Uhr
Tel.: (0351) 802 47 85
14 Sonntag Nov 2021
Posted Aktuelles, Theater, Zwischenmenschliches
in
Nichts Menschliches ist mir fremd?! War einmal. Erst der Kampf gegen das Virus. Erprobung von Covid-Impfstoffen mit modernen medizinischen Verfahren wie Genom Editing und Crispr (einer Art Gen-Schere, mit der sich Gene zielgerichtet herausschneiden und verändern lassen). Und bald komplett designte Menschen?! Dem geht die Gruselkomödie mit realen Bezügen „Die Laborantin“ mit Karina Plachetka in der Titelrolle nach. Foto: Sebastian Hoppe
Sag mir deine Blutwerte und ich sage dir voraus, woran du erkranken wirst und wer du bist! Davon hängt alles, Wohl oder Weh ab im Stück “Die Laborantin“ von Ella Road (Übersetzung aus dem Englischen von John Birke). Die deutschsprachige Erstaufführung der auf einem dokumentarischen Text basierenden fiktiven Geschichte mit realen Bezügen war kürzlich im Kleinen Haus des Staatsschauspiels Dresden.
Ein Mann und eine Frau begegnen sich auf einem Krankenhausflur und kommen sich näher. Eigentlich eine banale Story, die überall passieren kann. Ihre Brisanz erhält sie durch die besondere Situation und das Umfeld der Figuren. Schon das zufällige Kennenlernen der beiden ist nicht mehr möglich in der Welt, in der sie leben. Das Private wird politisch in dieser Liebesgeschichte.
Persönliche Lebensvorstellungen und Werte sind restriktiven Regeln der Selbstoptimierung durch die Gesellschaft unterworfen, die hart und konträr aufeinander prallen in dieser Inszenierung unter Regie von Adrian Figueroa.
Auf die Bühne kam das Szenario einer Dystopie mit abwechselnd grotesk-komischen, düsteren und beklemmenden Videobildern und Szenen (Videoprojektion: Victor Morales) mit endlos scheinenden Krankenhausfluren, blutrot aufleuchtenden Lämpchen, unheilvoll kreisenden schwarzen Vögeln am Himmel und Avataren, künstlich-menschlichen Mischwesen mit bizarren Maskengesichtern auf der Leinwand.
Spannend, unheimlich und eindringlich in Szene gesetzt, werden die Versprechen, Versuche und Folgen der modernen Medizin für das künftige menschliche Zusammenleben näher beleuchtet. Damit geht die in England lebende Autorin Ella Road mit ihrem Szenario noch hinaus über den Roman „Corpus Delicti“ von Juli Zeh, der das Bild einer Diktatur entwirft, in der Gesundheit erste Bürgerpflicht ist.
Eingangs erscheint auf der Leinwand das Bild einer Politikerin, die sich vehement für die Genomforschung ausspricht. Ihr Kopf wird immer größer bis er wegkippt wie eine künstliche Attrappe, begleitet von grell lauten, elektronischen, brodelnden und glucksenden Klängen (Musik: Miguel Toro). Eine ebenso verlockende wie gruslige Vorstellung zugleich sind die medizinischen Versuche, in die menschlichen Gene einzugreifen, aus unserem Blut „lesen“ und Vorhersagen für die Zukunft treffen zu können. Keine Krankheiten mehr, makellose Körper und bald auch komplett designte Menschen?!
Mittendrin in diesem Dilemma des absurd auf die Spitze getriebenen Selbstoptimierungswahns stehen Bea, die Laborantin (ehrgeizig-idealistisch: Karina Plachetka) und ihr vermeintlicher Traummann Aaron, der ein Doppelleben führt im Zwiespalt mit den äußeren Zwängen und daran zerbricht (beeindruckend: Simon Werdelis). Sie müssen sich behaupten in einer Welt, in der die Blutwerte über alles entscheiden, welchen Job, Partner, sozialen Status man bekommt. Es gibt nur noch zwei Arten von Menschen: “High-Rater“ mit hohem Rating und „Low-Rater“ mit niedrigen Werten. Die erbarmungslose Auslese treibt das Paar zu einem Versteckspiel, bei dem Gefühle wie Schmerz, Schwäche und Trauer um Verluste ausgeblendet werden. Sie werden immer missmutiger und misstrauischer, erschöpfter und ihre Bewegungen immer mechanischer, starrer.
Bis der schönen Schein ihres sorgfältig konstruierten Lebens als Scherbenhaufen vor ihnen liegt. Bea verdient mit gefälschten Bluttests viel Geld, ihre Freundin Char (Laina Schwarz) ist „Low-Rater“ durch eine unheilbare Erbkrankheit und wird zur glühenden Aktivistin gegen Ratismus und Ausgrenzung. Bedrückend die Szene, in der Bea im Schattenspiel hinter einer roten Wand ein schwarzes Brautkleid anzieht, als sie nach vorn tritt ist es weiß. Am Ende verliert sie alles, ist der andere plötzlich nichts mehr wert, weil er nicht die optimalen Blutwerte hat.
Als bodenständig lebenserfahrener Hausmeister der Klinik, der lustige Anekdoten von Familienfeiern und spielenden Kindern im Garten erzählt, wirkt Holger Böhme wie aus einer anderen Zeit und parodiert erfrischend den Perfektionswahn in einer Zigarettenpause mit Bea. Doch dann wurde alles anders. Sein gärtnernder Bekannter weinte wegen etwas krummer Gurken und erstickte schließlich an einer großen, glatten Tomate. Ein packender Theaterabend, der viele ethische Fragen aufwirft über lebenswertes Leben, Gesund- und Krankheit und Verletzlichkeit, die zum Menschsein dazu gehören. Viel Beifall vom Publikum.
Text (lv)
Nächste Termine: 16.11., 19.30 Uhr und 21.11., 19 Uhr im Kleinen Haus, Glacisstraße 28.
Wenn die „richtigen“ Blutwerte entscheiden: Ist man von einem Moment zum anderen Gewinner oder Verlierer von Job, Karriere, Partnerschaft, sozialem Status in der Gesellschaft. Char (Laina Schwarz) macht diese Erfahrung und die „Laborantin“ mit selbst durchschnittlichen Blutwerten (Karina Plachetka) profitiert von diesem ungeheuren „Selbstoptimierungs“-System durch gefälschte Bluttests. Foto: Sebastian Hoppe
11 Donnerstag Nov 2021
Posted Aktuelles, Lebensart, Poesie, Zwischenmenschliches
inNeue Zeit
(Für Lola)
Ich sitze an deinem Lieblingsplatz
auf dem Sofa am Fenster
gehüllt in eine Decke
deine himmelblaue Clownsdecke
liegt unberührt
manchmal nimmt sie Jade
und zerknüllt die Decke versprengt
darauf noch ein paar schwarze Haare
von dir ein Schatz
es ist wieder Herbst
ich liege allein auf der Deckeninsel
wohin wir uns verkrochen
in den letzten dunklen Tagen
nah wie nie
du wolltest das Sofa meist
für dich allein wie jetzt Jade
sie liegt nicht eingerollt schaut nicht
versonnen vor sich hin oder zu mir
an den Schreibtisch
die getigerte Madam residiert
auf ihrer Kissenburg
die kleinere weißschwarzsamtene Lina liegt
wo es ihr gerade gefällt
jede hat ihre eigenen Plätze
einig nur an der beharrlich umlagerten Futterstelle
wissen sie was sie wollen
doch wollen nicht wenn sie sollen
darin sind sie dir ähnlich und mir
als mein neues Lebensjahr begann
ging deines zu Ende
nun beginnt alles ohne dich
mit ihnen
ein dunkler Vogelschwarm kreist
am roten Abendhimmel dreht immer wieder um
vor dem Wintergarten wo du gern in der Sonne lagst
verfliegt alle Schwere mit den schwirrenden Gauklern
ich seh deine Sternenaugen und ein helles Wesen
huscht über den dunklen Hof
beim Füttern und Streicheln erzähl ich
dem roten Katzentier von dir
die zwei felligen Wesen drinnen
rufe ich oft mit deinem Namen – Lola –
nachts in meinen Träumen
kommst du zu mir
LV
9./10.11.2021
LachAlarm
(Für G.)
Der Weg ins Leben
führt durchs Nasenloch
ich teste mich frei
du stehst mir bei
die Autos rollen an uns
vorbei
mein Stäbchen kreist
kitzelt kichere
banges Beben
der Strich zeigt nach oben
zum hohen C
nichts hält mich
mehr auf
negativ heißt die neue
Zauberformel
die Türen öffnet
meine Laune steigt und steigt
vor lauter Negativsein
lache ich
bis die Tränen kommen
Sonne und Regen wechseln
sich ab auf der Fahrt
hinter dunklen Wolken
schaut ein Regenbogen hervor
wo sind wir eigentlich
fragst du
der Glanz vergangener Tage
liegt auf den verfallenen Villen
aus Sandstein die Jalousien springen
fast aus den Fenstern
keiner entwirrt die Streben
der hehre oder die geballte Faust
springt uns aus einem Optikerladen an
wir suchen in der kleinen Stadt
die Bücherei
fragen einen Mann nach dem Weg
der staunt dass wir es hier ganz schön finden:
Wieso?!
die Steinsonne mit den wallenden Strahlen
auf der Hausfassade der Bücherei
lacht uns an wie die Mitarbeiterinnen
aus den Fenstern ansteckendes Lachen
aus frohen Herzen
der Zauber endloser Anfänge findet neue Nahrung
an einem zauberhaften Ort
ich vergesse die Zeit tauche ein
in nahe und ferne Wort und Klanglandschaften
am Meer auf der Steilküste
und am Möwenstrand
wiege mit dem Akkordeon
dem keck tönenden Saxofon
träume mich fort mit den erdig tiefen geheimnisvoll
knarrenden knisternden schamanenhaften Gesängen
lustigen Vogellauten und hohen hellen Tönen
in eine andere Zeit
auf dem Rückweg steht der Mond rotorange
tief am Horizont
Nebel steigen aus den dunklen Wiesen
traumversunken
lächle still in mich hinein
neben mir im Auto sitzt ein Clown
der den versteckten Schelm in mir
wachkitzelt
LV
15.10.2021
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Kalenderblätter
Ich blättere irgendein
Kalenderblatt im Diary auf
sehe auf der Titelseite
das kleine Mädchen schaukeln
über ihr schwebt ein Stift
was verleiht ihr den Schwung
ich lande bei den Libellen
übersehe die things to do
beschließe mich zu wandeln
jeden Tag die Gedanken fliegen
lassen mit den Farben der Kalenderblätter
die noch weitgehend leer
all die prächtigen Bilder
wie mein Tag aussehen könnte
der Himmel voll graublauer Tropfen
und Pinsel zum Übermalen
im Oktober
dann kommt der sweet November
mit wohliger Teekanne trägt Wollmütze und
Schal und bunte Tupfen
und dazu ein feuriger oder schokoladiger
Seelentrunk für dunkle Tage
LV
21.10.2021
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Herbsttag
Gerade noch im leuchtenden Blätterwald
die Zeit vergessen
die letzten Mohnblütenblätter
fliegen sehen
reißt mich ein Brausen
vor dem Fenster
aus unruhigen Träumen
der Wind heult sich aus
die Bäume biegen sich und wanken
bäumen sich auf
ich liege wie erstarrt in den Federn
der Sturm gleicht
einem entfesselten Weltgeist
der an allem rüttelt
was fest verwurzelt
schien
hunderte Bäume stürzten um
im Großen Garten und in Parks
der Umgebung lese ich
bestürzt am nächsten Tag
meine Balkonpflanzen durchgeschüttelt
hielten stand
blühen immer noch
in der Dämmerung steige ich
über große Äste voller Grün immer noch
und höre das Windrauschen
fast wie am Meer
LV
21.10./24.10.2021
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Jade auf dem Koffer
Zuerst schnupperte sie
an dem fremden Ding im Flur
vielleicht roch es noch nach Meer
meine Anziehung sprang sofort über
die getigerte Madam nahm die
gemütlich federnde Unterlage
in Beschlag
und gibt den Koffer seitdem nicht mehr her
reckt und streckt sich genüsslich
wie auf einer Luftmatratze
schlummert gern darauf
oder liegt vornüber am Griff und Rollen
Kopf und Pfoten
als wolle sie gleich losfliegen
mit dem Zauberkasten
und schaut mitleidig auf mich herunter
drinnen im Koffer liegen noch ein paar
ungetragene Sommersachen und Träume
Wonne und Wehmut erfassen mich
wenn ich Jade auf dem Koffer sehe
als käme ich gerade vom Meer zurück
oder breche gleich wieder auf
manchmal stolpere ich darüber
Jade springt über das Traumgefährt
gräbt ihre Kratzspuren zärtlich hinein
der Koffer mit Jade ist meine Insel
wenn die Wellen hochschlagen
und ich am liebsten verreisen will
an einen Ort wo ich einfach Mensch sein darf
LV
31.10.2021
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Die Abstramplerin
Sie stand am Rand
als habe sie eine Panne
als ich an ihr vorbeifuhr
sprang sie aufs Rad
strampelte wie wild hinter mir her
gab alles her
mich zu überholen
schneller besser überlegen sein
ich lächelte in mich hinein
fuhr noch etwas schneller
sie strampelte sich weiter ab
dicht hinter mir
wie ein Schatten
der sich nicht abschütteln lässt
zog sie an mir vorbei
ein rasendes Rapunzel auf Ausgang
dem Turm einen Moment entkommen
der sie vom Leben fernhält
LV
31.10.2021
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Traumversammlung
Der Traum von letzter Nacht
hing noch schwer an mir
unterwegs sammelte ich Bruchfetzen ein
welke Blätter wehten über die Wege
glänzten golden in der Sonne
im weiten Brunnenrand am Palaisplatz
schlummert die Fontäne eingehaust
bis zum Frühling
Frauen in orangenen Westen kehrten
das gelbe Laub zusammen
im Traum saßen sie im Halbdunkel
geheimnisvoll in der Runde alles Frauen
einige schon älter robust manche
sie verlasen eine Festschrift ich verstand kein Wort
sie rannen zu schnell
las auf einem Blatt meinen Namen
Kinder sprangen zwischen ihnen umher
auf der anderen Seite die Männer
ich sah Bilder von ihnen
die Frauen trugen weinrote fast violette Kleider
die Gesichter erdfarben
die Männer erdig weiß gestreifte Sachen
ihr Aussehen dunkel wie Krieger
ich suchte mein Gesicht und sah
ein schwarzweißes halb zerrissenes Foto
von mir
neben den anderen Gestalten
fühlte mich nackt ausgeliefert
ihren Blicken
eine Frau die meiner Mutter ähnelte
lächelte mich an und wollte mich
anfassen
auf einmal erschien sie
mir wie eine Unbekannte
LV
29.10.2021
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Wandlung
Ich wanke noch
wache auf
wandle mich
nun ohne dich
wachse aus mir
heraus
in mich hinein
in endlose Tiefen
und Höhen
wische mir den Sand
unserer Träume aus den Augen
die weiter brennen
LV
7.9.2018
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Mohnsegel
Der Sturm letzte Woche
riss ganze Bäume aus
trennte mich vom Internet
eine Woche lang Funkstille
die Mohnblumen blieben stehen
oder wagen sich erneut hervor
auf der wilden Wiese nahe am Fluss
wo vorher Baugerät und Betonröhren standen
leuchten überall rote Punkte im Gras
zu zweit und einzeln tiefrot
und ergreifend schön
leicht bewegt vom Wind die Blütensegel
als könne er selbst ihnen nicht widerstehen
wogen wiegen kräuseln sich die Blütenblätter
in verzückter Umarmung mit dem Wind
am Flussufer gegenüber vergnügtes Kreischen
aus der riesigen Überschlags-Luftschaukel
wenn sie in die Tiefe rauschen
und wieder nach oben
fliegen
hoch über dem weiß rot flimmernden
Karusselmast
mir fallen vom Apfelbaum die letzten gelb
fleckigen duftenden Früchte zu
setze mich zu zwei Mohnblumen ins Gras
die mich aus schwarzen Augen anlächeln
winzige Antennen aus dem Inneren ausgerichtet
jeden Moment können sich ihre Blütenblätter lösen
könnte ich doch leichthin wie sie den Moment
des Fortfliegens sehen
das Schöne behalten
wiederkommen
sehen wie es weiterwächst
LV
28.10./29.10.2021
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Überraschung
Ins Novembergrau fiel
noch einmal Licht
ein letzter gelber Apfel
hängt noch immer im Geäst
mit ihm mehrere kleine
und ein roter Besenstiel
der sich oben verfing
auf der wilden Wiese gegenüber
leuchten noch immer Mohnblumen
nebenan ist schon gemäht
der Weg am Fluss versperrt durch Zäune
Hochhäuser wachsen immer weiter vor
ein gewaltiger Betonchor
zuhause noch eine Überraschung
vor meiner Wohnungstür sitzt
ein rotes Katzentier seelenruhig
wie fandest du den Weg zu mir
kamst ungerufen wieder
ahnst nicht hinter der Tür
sitzen schon zwei Fellwesen
sie beäugen dich staunend
und weniger gerührt wie ich
stehst bewegungslos im Bad
und schaust mich an
mit einem unendlich tiefen vielsagenden
Blick aus grünen Augen
blinzelst kneifst die Augen zusammen
siehst zur Seite
und ich weiss nicht
ob du mich nur besuchen
oder bleiben willst
LV
16.11.2021
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Wunder vor dem Winter
(Für Dana Einhorn)
Der Himmel grau
seit Tagen
der letzte Vogelschwarm
längst gen Süden gezogen
fort sind auch die Mohnblumen
und wispernden Gräser
die kleine blühende Insel
nahe am Fluss gibt es nicht mehr
nicht vom Wind verweht
nein weg gemäht alles Blühende
das Stürmen widerstand
kahle tote Fläche nun
winzige Halme zeigen sich
zaghaft
der letzte gelbe Apfel hängt
immer noch im Geäst gegenüber
der rote Besenstiel herunter gefallen
der Bauzaun vor den Hochhäusern
mitten im Beton ein kleiner Spielturm
hindert die Leute nicht weiter am Flussufer
entlang zu gehen
aus dem Briefkasten fliegt
ein wundervolles Wesen
mit Schmetterlingsflügeln
und einem Stern in der Hand
mir entgegen
aus einer Pakethülle leuchten
Mohnblüten Kamille und Kornblumen
umgeben von Gräsern hervor
mit Aquarellfarben und viel Liebe
aufs Papier gebannt
seh ich ihre Schönheit weiter
übersteh die Winterzeit
Bis es im Frühling wieder
ist soweit
LV
21.11.2021
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Straßenkatzen
irgendwo da draußen
sitzt du
blass rotes Fell
noch sehr jung
rührst dich nicht
von der Stelle
siehst dich hilfesuchend um
vor dir liegt leblos
ein Kätzchen bunt gesprenkelt
Glückskatze werden sie genannt
wie lang habt ihr auf das Glück
gewartet
kaum auf der Welt
euch selbst überlassen
hier und da ein Happen
meist übersehen
fortgescheucht mickrig zerzaustes Fell
hütest du die kleine bunte sie liegt auf der Seite
auf blauer Unterlage die Augen offen
fast ein wenig schelmisch als könne sie
immer noch das Glück erhaschen
kannst es nicht fassen
liebkost das Kätzchen gleich wird es
aufwachen
umarmst und willst es nicht loslassen
als Menschen kommen den kleinen Streuner
sacht in eine weiße Hülle legen
seine Pfoten gerade rücken
und noch einmal bewegen
ich seh die Bilder im Netz
sie lassen mich nicht los
meine beiden Katzen laufen weg
als ich laut schluchze
hab auch ein geliebtes Fellwesen
verloren vor einem Jahr war bis zuletzt
bei ihr
die zwei neuen Katzenwesen lassen mich
meine schwarze Sternäugige weiter sehen
und sind doch eigen
weitaus übermütiger und ungestümer
sprangen sie in mein Leben
kamen von der Straße ins Tierheim
von da zu mir
vor Händen weichen sie immer
noch schnell zurück
sie lieben Streicheln inzwischen
und wissen um die Gefahr
doch sie wollen es immer wieder wissen
scheu und unbefangen
und ich frag mich manchmal
ob sie ihr erstes Leben draußen vermissen
wie es sein wird wenn es sie wieder
hinauszieht
LV
22.11.2021
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Inneres Feuer
Perlmuttfarben der Himmel
hinter den Scherenschnittbäumen
eine weiße Kugel die Sonne hält sich
auf dunklem Grat zwischen Wolkenschluchten
einen Moment überstrahlt sie alles
ich gieße die Pflanzen im Winergarten
fließe mit der Magie der Doppelzahlen
die gibt es nur im November
ich bin wie der wilde Mohn
aufflammend und fragil
entfacht sein Leuchten mein inneres Feuer
will nicht abkühlen
auskühlen
brennen erblühen
nicht verglühen
innehalten
nicht stillstehen
abends rote Tupfen am Himmel
wie verstreute Mohnblumenblätter
hol sie dir
im Novembergrau
LV
22.11.2021
Alle Texte + Fotos: Lilli Vostry
11 Donnerstag Nov 2021
Auf der farbenfrohen Fassade am Galerieeingang darf es nicht fehlen, das „Helfertier“, erklärt Künstler Olaf Stoy schmunzelnd.
Ohne Mut geht es nicht beim Klettern und in der Kunst. Daher steht er in großen Stahlbuchstaben sichtbar gleich am Eingang zur „Georado Erlebniswelt Tharandter Wald“. Diese Stiftung will Geotechnik und Geologie auf verschiedene Weise für Besucher erlebbar machen in ihrem Domizil in Dorfhain, gelegen am Rande des geologischen Kleinods Tharandter Wald, der zum Erzgebirge gehört. Ein Kletterturm und Technik für die Bergsicherung und deren Mitarbeiter und eine geotechnische Dauerausstellung befinden sich im Freigelände. Außerdem lockt eine originell-fantasiereiche Kunst- und Skulpturensammlung auf dem Platz und in den Gebäuden. In einer hellen Halle mit großen Fenstern steht das Wort Zukunft.
Sie ist noch fast leer und bietet viel Raum zum Gestalten. Vor dem weiß gestrichenen Gebäude mit Bistro, Tagungs- und Veranstaltungsräumen sitzt ein Mann gedankenversunken auf einer Mondsichel im Gras. Ein Stück weiter steht ein stattlicher Hirsch zwischen den Tischen und Bänken auf der Terrasse. Die Skulpturen stammen aus dem ehemaligen Kunstzentrum „Tacheles“ in Berlin, das 2013 schloss. Die Kunstinitiative der Georado-Stiftung hat sie hierher gerettet. Symbolisch steht ein Baum, geschweißt aus vielen Stahlteilen in einer Auftragsarbeit von der Kieler Firma „Giganten aus Stahl“ für all das, was die Akteure auf dem Gelände verbindet. Er trägt Eichenblätter, auf einem Ast sitzt eine Eule für Wissen, ein Eichhörnchen für Fleiß, der Adler für die Weitsicht und der Fuchs für Schlauheit, erzählt Olaf Stoy, Porzellankünstler und Mitinitiator der Kunstinitiative der Georado-Stiftung.
Auf dem Land herrscht eine eigene Mentalität, man kennt und hilft sich und es ist auch ein Rückzugsort, weiß Stoy. „Doch zu Lebensqualität gehören auch Kunst und Kultur“, sagt er, „die muss aus dem Volk heraus kommen.“ In einer Zeit, in der die Gesellschaft zunehmend zersplittere in viele Teile, setzt die Kunstinitiative auf „Miteinander“. Olaf Stoy ist im Juni 2019 nach Dorfhain gezogen. Vorher hatte der 62-Jährige sein Atelier im Technologie- und Gründerzentrum Freital als einer der ersten Mieter und gründete die Galerie “F1“, in der er Ausstellungen, Konzerte und Lyrik-Lesungen veranstaltete.
Doch obwohl sich der Kunstort direkt an der Hauptstraße befand, kamen wenig Leute.
„Vielleicht hatten die Freitaler Schwellenangst. Während in Dorfhain zu einer Lyrik-Lesung gleich 80 Besucher auch aus Dresden, Freiberg und Tharandt kamen.“ Der Georado-Stiftungschef Jens Jähnig fragte ihn 2018, ob er mittun will und bot ihm ein Atelier im Areal an. Ehemals befand sich hier der „Elrado“ Betrieb elektronische Bauelemente Dorfhain mit über 2 000 Beschäftigten und neben dem Edelstahlwerk Freital der größte Arbeitgeber in der Gegend. 1991 kam das Aus. Es gibt noch ein kleines Betriebsmuseum, das ehemalige Mitarbeiter einrichteten. Auch die Mutter von Jens Jähnig arbeitete in dem Betrieb und er ist hier aufgewachsen. Er hat eine Firma für Bergsicherung und wollte die Gebäude erhalten und kulturell neu beleben.
Inzwischen sind hier schon einige Firmen ansässig. Schirmherr der Georado-Stiftung ist seit 2019 der sächsische Innenminister Roland Wöller. Ein Blickfang ist die farbenfrohe Fassade, auf der viele Blumen und Ideen blühen, Menschen und Tiere und ihre Lebenswelt und Werte wie Heimatverbundenheit und individuelle Freiheit dargestellt sind. Nicht zu vergessen das „Helfertier“ mit dem Rotkreuz-Pflaster. Das Wandbild entstand bei einem Open-Art-Event der Georado-Stiftung, gestaltet haben es 26 Künstler aus Sachsen, Deutschland und Europa, aus Istanbul, Paris, Athen und Italien unter Federführung von Michael Fischer-Art aus Leipzig gemeinsam. Das Kunstprojekt wurde mit Mitteln aus einem Entwicklungsprogramm für den ländlichen Raum im Freistaat Sachsen und aus dem Europäischen Landwirtschaftsfonds für ländliche Gebiete gefördert. Drinnen befindet sich das Herzstück der Kunstinitiative, die Galerie „ArtToGo“.
Mit wechselnden Ausstellungen und Kunst zum Mitnehmen, als Erlebnis und zu kaufen, so Stoy. In einem Raum kann man prächtige Federn einheimischer und seltener Vogelarten sehen. Nebenan hat Olaf Stoy sein Atelier und die Galerie „Weiße Kunst“ mit vielgestaltigen Werken, zu denen auch Grafik und Lyrikbände gehören. Seine neuesten Porzellanarbeiten zeigt er bei der Gruppenausstellung „Erotischer Advent“ ab 26. November in der Galerie Kunst & Eros in Dresden. Schön wäre, wenn noch ein oder zwei Künstler sich im Georado-Gelände ansiedeln würden, so Stoy, damit er nicht alleine der Organisator von Kunstprojekten bleibt. Es gibt noch freie Ateliers in der
“Villa“ zu vermieten und eine Werkstatt steht noch leer für kreative Gewerke.
„Man erfährt auch Wertschätzung als Künstler und kann ja weiterhin in der Stadt ausstellen“, so Stoy. Dieses Jahr soll es auch wieder einen Kunstweihnachtsmarkt im Georado-Gelände geben am letzten Advents-Wochenende. „Der erste fand 2019 statt mit über 2 000 Besuchern und wir mussten Bratwurst und Glühwein nachholen“, so Stoy. Der diesjährige Kunstweihnachtsmarkt am 18.12. kann wegen der aktuellen Corona-Situation leider nicht stattfinden, bedauert er.
Text + Fotos (lv)
In der „Villa“ im Georado-Gelände sind noch freie Räume für Ateliers.
Olaf Stoy am Eingang zu seiner Galerie „Weiße Kunst“.
09 Dienstag Nov 2021
Pantomime hat viele Facetten: Anton Adassinsky vom Derevo Laboratorium, Michael Meinel, Vorsitzender des Mimenstudio Dresden e.V. und der „Vater der Dresdner Pantomime“ Ralf Herzog in Vorfreude auf das Festival der stummen Kunst. Foto: Veranstalter
Pantomime ist die Grundlage vieler darstellender Künste und beeinflusst ungezählte Facetten des modernen Bewegungstheaters. Neben dem klassischen Spiel, das vor allem durch Altmeister Marcel Marceau bekannt wurde, zählen auch Tanztheater, Maskenspiel und Artistik dazu. Vom 10. bis 14. November 2021 macht der Mimenstudio Dresden e.V. diese Vielfalt erlebbar und lädt zum 36.Internationalen PantomimeTheaterFestival Dresden ein. Hier kann man in elf Vorstellungen die faszinierende Vielfalt an Spielarten der „Kunst ohne Worte“ entdecken. Der gastgebende Mimenstudio Dresden e.V. begrüßt in diesem Jahr zehn Ensembles bzw. Solokünstler aus vier Nationen.
Das Festival beginnt mit einer Gala, in der sich verschiedene Künstler des Festivals vorstellen. Am Sonntag ist eine Familienvorstellung für Kinder ab vier Jahren geplant, und am Samstagabendabend lädt der „Vater der Dresdner Pantomime“ Ralf Herzog zum Mitmachen ein beim beliebten Impro–Abend. „Nachdem wir das Festival 2020 Corona–bedingt absagen mussten, gehen wir erneut an den Start“, so der Vorsitzende des Mimenstudio Dresden e.V. Michael Meinel. „Wir freuen uns, dass fast alle Künstler wie vor einem Jahr geplant dabei sein werden und bieten sogar elf statt zehn Vorstellungen an. Mit dem Ticketkauf sollte man nicht so lange warten, denn wegen der 3G–Regel haben wir nur 50 von 100 möglichen Plätzen zur Verfügung.“
Den Auftakt bildet am 10.11. eine Gala–Show, in der die angereisten Künstler jeweils einen Ausschnitt aus ihren Programmen zeigen und Appetit machen auf den Besuch des Festivals. Ob das Tanztheater „DirtzTheatre“ mit zum Leben erweckter Puppe (entfällt leider!) oder ein wortloser Western um den rachedurstigen „Django“ mit dem „Knalltheater“ – die Kunst des Bewegungstheaters ohne Worte ist so vielschichtig wie unterhaltsam. Das Theatro Continuo kombiniert Körper–, Puppen– und visuelles Theater, und Nabil Zanabili gibt mit drei Ausschnitten aus seinem Soloprogramm einen spannenden Einblick in seine Kunst.
Freunde von Comedy sind in der Vorstellung von Benoit Turjman („Les Transports Publics“) genau richtig, der als „französischer Mister Bean“ gilt. Oder man besucht den Abend des Duos Mimikry, das Comedy mit Schwarzem Humor verbindet. Handstandkünstler Moritz Lucht beeindruckt mit seinen akrobatischen Ausdrucksformen, wenn er zwischen zwei Stühlen fast in den Wahnsinn ge-
rät. Der tschechische Ausnahme–Pantomime Radim Vizvary bündelt viele Genres in seiner Kunst. Er macht gleich dreifach erlebbar, was Pantomime heute alles kann: in seinem Soloprogramm, einer Kindervorstellung und einem Workshop.
Das Tanztheater des Derevo Laboratoriums ist mit dem Tänzer Anton Adasinskiy und der Cellistin Ekaterina Gorynina dabei und ihrem Stück „Reinheit“ zum Thema der Musik von Johann Sebastian Bach (So., 14.11., 18 Uhr).
Begleitend werden am Wochenende drei Workshops über 2 bis 3 Stunden für jedermann angeboten, für die sich theateraffine Laien für je 15 bzw. 10 Euro anmelden können. „Es ist uns wichtig, dass das Festival Vorstellungen und Workshops unter einem Dach vereint“, erklärt Michael Meinel. „Das war schon 1982 ein Anliegen, als das Festival von Ralf Herzog und Rainer Petrovski in Dresden gegründet wurde. Der fachliche Austausch der Künstler hat das Genre international immer voran gebracht.“
Beispielsweise kann man sich in der Kunst des Handstands üben, unterrichtet von Moritz Lucht, der Akrobatik und Pantomime auf faszinierende Weise verbindet. Oder man beschäftigt sich im Workshop von DirtzTheatre mit einem selbst gewählten Objekt und versucht, durch seine Nutzung fantasievolle Geschichten zu kreieren. Und im Workshop von Beniot Turjmen geht es darum, mit dem Unsichtbaren zu spielen und durch Illusionen und Verwandlung Neues zu erzählen.
Bereits ab 5. November gibt es drei Workshops mit Anton Adasinsky vom Derevo Laboratorium. Neben einem 13–stündigen Kurs zum Thema Körperarbeit gibt es am 9.11. einen zweistündigen Workshop zum Thema Rhythmus und Bewegung, an dem auch Kinder ab 8 Jahren teilnehmen können.
„Der Verein organisiert das Festival im Ehrenamt und freut sich dieses Jahr mehr denn je über Unterstützung“, so Michael Meinel. „Daher sind wir den verschiedenen Einrichtungen der Kulturförderung sehr dankbar, zumal wir durch die Platzbegrenzung weniger Tickets verkaufen können. Wer uns darüber hinaus helfen möchte, findet in den Vorstellungen eine Spendenbox und auf der Homepage unser Spendenkonto. Außerdem freuen wir uns über ehrenamtliche Hilfe, zum Beispiel für den Fahrdienst oder als Volunteer in der Organisation.“
Text + Fotos: Sabine Mutschke
09 Dienstag Nov 2021
Posted Aktuelles, Fotografie, Genießen, Poesie, Unterwegs
in
Lieblingsort am Meer, an der Ostsee/Usedom in Ahlbeck im August 2021: Lilli Vostry, meinwortgarten-Inhaberin
Meeresflüstern
Ich kann es noch nicht fassen
die neue Strandtasche flüstert
mir was vom Meer
das unendlich weit erscheint
Scheu auch vor der Weite wieder hinaus
die Wellen warfen mich
immer wieder zurück
saß fest an Land
das ganz durcheinander geschüttelt
in der Sommerfrische nach rettenden
Kapitänen lechzt
atme tief ein und aus
werfe als leuchtenden Anker
mein rundes Meditationskissen in sonnigen
Farben und kreisenden Blütenspiralen
auf den Boden
den Katzen hin zum Probeliegen
ich brauche Urlaub von allem
von ihnen und sie von mir
die Katzen schleichen
drum herum schnuppern dran
setzen sich daneben lehnen sich an
ein schöner stolzer Thron
den noch niemand be-sitzt
PS.: Kaum setzte ich mich und zeigte wie es geht
nahte die getigerte Jade zur Inbesitznahme und weihte
mit wonniglichen Kratzgeräuschen mein Meditationskissen ein.
LV
24.8.2021
Windzerzaust
Das Meer rief mich
schon lange
endlos wogende Weite
es empfing mich
mit hellem Tosen
weiß brausenden Wellen
tausenden Schaumküssen
pudrig weicher Sand
unter den Füßen
Möwenschreie über mir
ein heftiger Wind rüttelt seit Tagen
an mir und allem ringsum
Bäume stehen gekrümmt auf der Promenade
das Meer unnahbar menschenleer
ließ mich nicht abhalten
trug als einzige ein Kleid am
windzerzausten Strand
das bald nasschwappte vom Spiel mit
den Wellen
ich friere und halte unverdrossen aus
mit den Möwen die in wilden Lufttänzen
geschickt ihr Futter fangen mit kichernden
Rufen dem Sturmgebraus
entgegen fliegen
LV
30.08.2021
Meereshüter
Die Musik des Meeres
Wellenrauschen zieht sie
magisch an
die kleinen weißen Segler
Luftakrobaten Überflieger aller Stürme
sie sind anmutig keck lustig ausdauernd
aufmunternd
halten jedes Wetter aus
Kinder jagen sie gern
und kreischen mit den Möwen
um die Wette
wenn sie auffliegen zum Möwentanz
in der Luft stehen
mit vibrierenden Flügeln
und gestreckten Beinen
im Flug ihr Futter fangen
scharenweise
einen Moment war es mir zu viel
wie sie über mir kreisten
immer näher kamen
mit ihren spitzen weit aufgerissenen
Schnäbeln
gierig
eine stieß gegen meine Kapuze
gleich stürzen sie sich auf mich
ständig auf Futtersuche
geb ihnen täglich
doch es reicht nie für alle
rudere mit den Armen in der Luft
sie schenken mir ihre Federn
große und kleine längliche uns ovale
weiß flaumige silbergraue schwarze und
braun gesprenkelte
alle Krumen aufgepickt stehen sie wieder
friedlich nebeneinander im nassen Sand
fliegen übers Meer oder tippeln auf und ab
am Strand
nichts kann sie erschüttern
aus der Ruhe bringen
dafür liebe ich sie
ihre Sehnsuchtsrufe
trage ich in mir
LV
31.8.2021
Wagnis
Seit Tagen stand ich im Sand
umarmte mit Blicken das Meer
wagte nicht mich in die Wellen zu werfen
dem Wind entgegen stellen
der rau unwirtlich unwirklich
sich durch nichts besänftigen ließ
ein kräftiger Wind blies mir ins Gesicht
als ich oben auf der Steilküste entlang in
Erinnerungen schwelgte
der Holzpavillon der vor Regen schützte ist
fort
zwischen hohen Buchen und Kiefern
etliche umgestürzt klägliche Fragmente
toste das Meer
die weiße Treppe die sonst federleicht
hinunter führt umbrodelte ein heftiger
Wind trennte mich vom Strand
menschenleer aufgewühlt wild ungebärdig
innig zärtliches Zwiegespräch mit den
brausenden Wogen steigendes Herzpochen
je näher ich dem vertrauten Ort durch strömenden
Regen mit dem Rad durch den Wald
zurück in eine andere Zeit kam
in der ich mich auskannte wiederfand
noch ohne Verlorenes Liebgewordenes
nass bis auf die Haut aber glücklich wieder
hier gewesen zu sein kam das Meer mit mir
mit an den neuen Ort
fütterte weiter die unersättlichen Möwen
und andere Vögel an der Seebrücke mit
einem Haus mit Türmchen wie aus dem
sagenhaften Vineta und der Jugendstiluhr
auf der die Zeit stehen geblieben scheint
doch der Zeiger rückt unermüdlich weiter
bemerkte ich erfreut wie die munter
kreisenden und kreischenden Möwen die
ich abends am Elbestrand wiedertreffe
LV
11.9.2021
Steilküste in Ückeritz
Möwenstrand in Swinemünde
Jades Lieblingsplatz
Alle Texte + Fotos (lv)
08 Montag Nov 2021
Alle oder keiner! Da der Zutritt aber nicht mehr für alle Konzertbesucher möglich ist aufgrund der ab heute geltenden 2G-Regel für Veranstaltungen in Sachsen, wurden die Jazztage Dresden vorzeitig beendet. Chapeau für diese Entscheidung an Festivalchef Kilian Forster! Ein Zeichen der Hoffnung und Ermutigung hoffentlich auch für andere Kultureinrichtungen, die Ausgrenzung anderer, ungeimpfter und getesteter Besucher nicht einfach hinzunehmen!
Das Konzert mit den Klazz Brothers & Cuba Percussion mit dem Filmorchester Babelsberg, Solist Volker Schlott wird auf 2022 verlegt. (lv) Foto: Jazztage Dresden
Die Jazztage Dresden 2021 wurden mit den Konzerten des gestrigen Sonntags beendet. Da ab Montag (8. November) in Sachsen verpflichtend die 2G-Regelung unter anderem bei Konzerten im Innenraum gilt, wurde das Festival abgebrochen.
„Die 2G-Regel zwingt uns als Veranstalter dazu, Menschen auszugrenzen und zu diskriminieren. Das können und wollen wir nicht mitgehen“, so Jazztage-Dresden-Intendant Kilian Forster. „Es tut uns sehr leid, diesen Schritt gehen zu müssen. Auch wissen wir darum, dass Enttäuschung nicht ausbleiben wird, wir bitten dennoch und hoffen auf das Verständnis ALLER für diesen Schritt.“ Jazz steht für Freiheit und Offenheit – die Jazztage Dresden stehen für Toleranz, Weltoffenheit und Vielfalt. „Wir sind froh und dankbar, dass wir dies, soweit es uns möglich war, in den letzten 19 Tagen auf die Jazztage-Bühnen bringen konnten und vielen Menschen – Publikum wie Künstlern und weiteren Mitwirkenden – großartige und intensive Stunden ermöglichen konnten“, ergänzt Jazztage-Dresden-Geschäftsführerin Tanja Grandmontagne.
Jedes der 23 realisierten Konzerte dauerte deutlich länger als geplant – ein untrügliches Zeichen, wie sehr Publikum und Künstler die Musik, die Kunst und das gemeinschaftliche Erleben live gefeiert haben. Es war ein großes Musikfest – Die Jazztage Dresden sagen an dieser Stelle DANKE allen Beteiligten und Unterstützern!
Die Jazztage Dresden gingen am Sonntag, 7. November, mit der „Jazz`n`Future Vocal Night“ zwar verfrüht, aber großartig und glanzvoll – und mit einem vielversprechenden Blick nach vorne – zu Ende. Den Nachwuchssängern Karoline Weidt, Lena Hauptmann und Kilian Sladek gelang ein Abschlusskonzert, das die Verheißung für die Zukunft bereits in sich trug: intensiv, emotional, hochvirtuos und mit großartiger Bandbreite. Sie feierten den Jazz und setzten ein würdiges Ende nach 19 Festivaltagen. Die letzte Zugabe, „Inner Peace“, eine Komposition von Kilian Sladek, zu der Festivalintendant Kilian Forster spontan das Ensemble erweiterte, weist bereits den Weg zum Festivaljahr 2022.
Wie auch immer der Werktitel interpretieret wird, mit oder in Frieden im Inneren gelingt, was wir tun – kommt und wächst zusammen, was zu einem guten Ergebnis wird – auf der Bühne oder jenseits davon. Und das führt direkt zum Motto des Festivaljahrganges 2022 „Europa der Herzen“, das den Reichtum und die Vielfalt europäischer (Musik-)Kulturen sowie die Spannungsfelder in deren Interaktionen in den Blick nimmt. Aber noch geht der Blick zurück auf die Jazztage 2021: 32 Konzerte standen auf dem im Frühherbst zum wiederholten Mal angepassten Programm, das trotz der reduzierten Konzertanzahl eine große Bandbreite und reiche Vielfalt an Genres und Stilen in sich vereinte. Ergänzt um zwei Workshops/Masterclasses in der Jazztage-Akademie und zwei Veranstaltungen der Reihe „Concertare!“. Von den 32 geplanten Konzerten mussten drei kurzfristig aufgrund von Tourneeabsagen der Künstler erneut verschoben werden: Jazzmeia Horn (das diesjährige Jazztage-Titelgesicht), Maria Markesini und der Internationale Weltstar Dee Dee Bridgewater. Vier Konzerte aus dem letzten Festivaldrittel konnten auf das letzte Wochenende vor dem Abbruch vorverlegt werden, sodass nun sieben Konzerte von dem Festivalabbruch betroffen sind und ins kommende Jahr verlegt werden.
In den vergangenen 19 Tagen haben nun 22 Konzerte mit knapp 5.000 Gästen stattgefunden. Das entspricht – entsprechend der Konzertanzahl und der angepassten Platzkapazitäten – einer Auslastung von rund 40 %.
Im Konzertprogramm begeisterten junge Instrumental-Spezialisten wie Adam Ben Ezra, der aus seinem Kontrabass eine ganze Band hervorzauberte oder die Pianisten Isfar Sarabski und Bruno Böhmer Camacho ebenso wie die Blues- und Funk-Röhre Chanda Rule mit ihrer Sweet Emma Band oder der großartige Big Daddy Wilson in der 8. Blues Night. The Fitzgeralds aus Kanada brachten Irish-Folk-Feeling in den Konzertsaal, die Nacht der Gitarren feierte mit Lulo Reinhardt und dem großartigen Alexey Krupsky ein Gitarrenfest und Joscho Stephan zelebrierte gemeinsam mit Roby Lakatos Gipsy Swing vom Feinsten, gemeinsam mit den „Dresden All Stars“ Micha Winkler, Michal Skulski, Tim Hahn und Kilian Forster. Internationale Hochkaräter wie Mike Stern & Bill Evans rockten das Festival, A Cappella mit der Anmutung eines ganzen Orchesters präsentierte Vocal Sampling aus Kuba, und das Tingvall Trio entführte in seine ganz eigene, kraftvolle und dennoch feine Klangwelt. Ein Erlebnis der ganz besonderen Art stellte die koreanische Nacht dar, die mit den beiden Ensembles CelloGayageum und Sinnoi eine ferne Welt erschloss, deren Verbindung, Parallelen und Brücken zum Jazz trotz der scheinbaren Ferne kristallklar offengelegt wurde – ein wundervolles Beispiel gelungenen Grenzgangs und Brückenschlags – auf künstlerischem Top-Niveau.
Ein „Heimspiel“ feierte Tina Tandler mit ihrem Ensemble, ebenso wie die vorverlegten Konzerte von Katrin Wettin und das der NotenDealer am Samstag. Gleiches gilt für das polnische Weltmusik-Ensemble Kroke, das mit einer besonderen Beziehung zu Dresden dem Publikum einen zauberhaften und intensiven Abend bescherte. Zwei weitere vorverlegte Konzerte wurden am letzten Festivalsonntag begeistert gefeiert: Thomas Stelzer und die Blue Wonder Jazzband kamen zur 10. Dresdner Jazzbandparty zusammen und die Dresden BigBand präsentierte sich in Höchstform gemeinsam mit der Hammond-B3-Spezialisten Barbara Dennerlein und deren eigenem Bigband-Programm. Eines der großen Highlights war wohl das gefeierte Comeback von Uschi Brüning und Günther Fischer. Die beiden Musiktitanen hatten ihr Comeback bereits im vergangenen Jahr geplant und bescherten ihrem Publikum und den Jazztagen eine der diesjährigen Sternstunden.
Die in diesem Festivaljahrgang erstmals stattfindende Akademie als Workshop und Masterclass am Instrument – mit Joscho Stephan und Adam Ben Ezra – fand großen Zuspruch und wird im kommenden Jahr weiterentwickelt. Ebenso das Format Concertare!, in dem Themen, die Künstler und Publikum bewegen, zur Sprache kommen – natürlich mit entsprechender musikalischer Ausgestaltung.
Die Tickets für die sieben Konzerte, die nun aufgrund des Festivalabbruchs auf das kommende Jahr verschoben werden müssen, behalten ihre Gültigkeit. „Wir informieren alle Ticketkäufer und die Öffentlichkeit umgehend, sobald die neuen Konzerttermine feststehen“, verspricht Forster.
„Wir danken allen Künstlern und weiteren Mitwirkenden, allen Partnern, Sponsoren, Förderern und Unterstützern, den großartigen ehrenamtlichen Helfern, der Spielstätte Ostra-Dome und Ostra-Studios mit allen Mitarbeitern, die uns so wundervoll unterstützt haben, dem großartigen Technik-Team der Jazztage und an erster Stelle dem kleinen, aber großartigen Jazztage-Team, das in einer enormen Kraftanstrengung dieses Festival realisiert hat. DANKE – wir freuen uns auf 2022!“, so Forster und Grandmontagne unisono abschließend.
Text: Peter Dyroff/meeco Communication Services
Weitere Informationen: www.jazztage-dresden.de
06 Samstag Nov 2021
Es lesen: Jayne-Ann Igel, Andreas Reimann, Anne Seidel und Volker Sielaff.
Es musizieren: Sarah Kollé (Sopran) und das Dresdner Ensemble El Perro Andaluz. Uraufführungen von Carsten Hennig, Christian FP Kram, Giorgos Kyriakakis und Steffen Reinhold – Gedichtvertonungen aus der Lyrik-Anthologie „Weltbetrachter“
Vier AutorInnen und vier Komponisten präsentieren neue Lyrik einmal als Lesung und zum anderen als Gedichtvertonungen aus der Lyrik-Anthologie „Weltbetrachter“. Die Texte stammen von 150 sächsischen AutorInnen versammelt (Hg. Róza Domašcyna und Axel Helbig für den Sächsischen Literaturrat). Die MusikerInnen greifen mit den neu komponierten Stücken Rhythmus, Klang, Form und Inhalt einer kleinen Auswahl der lyrischen Stimmen musikalisch auf und übersetzen sie in eine klangsinnliche Dimension. Dem Publikum eröffnen sich durch gegenseitiges Neben- und Miteinander von Musik und Text neue Erfahrungs- und Bedeutungsebenen und macht erfahrbar, wie Lyrik als literarische Gattung, der Musik am nächsten steht.
In Kooperation mit MusikProjektSachsen e. V., Sächsischer Literaturrat e. V. und Stadtbibliothek Leipzig. Gefördert von der Kulturstiftung des Freistaates Sachsen, dem Kulturamt der Stadt Leipzig, der Leipzig Stiftung, Stadtbibliothek Leipzig.
Eintritt frei
Text + Anmeldungen unter:
https://www.kulturpalast-dresden.de/index.php/de/veranstaltung/falls-die-winde-uns-guenstig-sind-neue-musik-und-neue-lyrik-3.html