Ein Tausendsassa der Farben und Formen
Beeindruckend vielfältig, eigenwillig und zeitlos modern spiegeln die Werke von Hans Christophs ein Stück Kunstgeschichte in einer Ausstellung auf Schloss Burgk in Freital.
Zwei Zeichnungen mit Booten am Hafen von Warnemünde und im Wasser spiegelnder roter Sonne verströmen Sommerflair. Gegenüber hängt ein Bildnis einer „Sitzenden mit Hut und aufgestützten Armen“, die schwarzen Umrisse mit hellem Türkis und Gelb unterlegt. Der Hut ähnelt einem Sonnenrad. Eine ältere Dame steht davor. Sie sei mit dem Bild aufgewachsen, weiß aber nicht mehr, woher sie es kennt. Es hängt gleich neben dem Eingang und erinnert in der Malweise an Picasso. Überraschend vielfältig und kontrastreich versammelt die Ausstellung „Was ich liebe, möchte ich darstellen“ Arbeiten aus allen Schaffensperioden von Hans Christophs (1901-1992), die zurzeit in den Städtischen Sammlungen Freital auf Schloss Burgk zu sehen ist.
Zeichenhaft, geometrisch, konkret, gekleckselt und expressiv farbig. Kein Bild ist wie das andere bei Hans Christophs. Ein vielfältiges Oevre wie ein Gang durch die Kunstgeschichte begegnet dem Betrachter. Vieles kommt einem bekannt vor, in dem das Eigene, Prägnante, Unverkennbare des Künstlers allerdings etwas untergeht. Seine Werke zeigen einen Tausendsassa der Farben und Formen in beeindruckender Vielfalt und offensichtlichem, lebenslangen Drang und Freude an immer neuen Ausdrucksformen. Zu sehen ist auch eine Schwarz-Weiß-Fotografie von Edmund Kesting von 1948 mit einem modern und zeitlos wirkenden Porträt Christophs, konkret und abstrahiert im Profil, mit offenem Blick und Zeichenstift vorm Gesicht. Da hängen abstrakte, informelle, farbreich gekleckselte Ölbilder, Goauchen und Collagen mit geometrischen Formen, fliegenden Pfeilen und Schwertlilien vor Stacheldraht nebeneinander.
Expressiv farbige, pastose Landschaftsmalerei mit tiefroten Wolkenhimmeln und aufgewühlten Wellen an der Nordsee neben wogenden gelben Getreidefeldern und Blicken auf die Dresdner Vororte Goppeln, Strehlen und Prolis noch ohne Hochhäuser in den 20er Jahren. Herausragend einige figürliche Arbeiten. Darunter die Tanzpaare, elegant gekleidet in schwarzem Frack die Herren und die Damen mit großen, dunkel umrandeten Augen und roten Lippen in weißbleichen Gesichtern, die im Ausdruck an Otto Dix erinnern. Daneben ein Porträt einer Arbeiterfrau, grau und staubig ihr Gesicht und die Bluse vor dunklem Hintergrund, im Haar und Augen ein paar sehnsuchtsvolle Grünschimmer. Zu sehen sind außerdem farbige Zeichnungen mit Frauenakten, Badenden und ein Paar am Strand. In der Art der Brücke-Künstler erdfarbene Körper in bewegten und kantigen Formen. Maler und Modell, groß ihre Reize im Bild und er an der Staffelei pinselschwingend, in einer Tuschezeichnung festgehalten.
Luftig-leicht und prägnant sind auch die Buntstiftzeichnungen, die originell bekannte Malmotive aufnehmen und weiterführen. Darunter zu einem Bild von Vermeer, in dem ein Mann mit breitkrempigem Hut und Umhang und eine Frau im roten Kleid am Tisch sitzen. Ein Stilleben mit Früchten und Ornamenttischdecke leuchtet südlich heiter neben drei Mädchen mit Tauben, im grellen, gelbfahlen Licht, schattenhaft umherirrenden Gestalten zwischen dunklen Trümmern und zwei Frauen am Fenster vor rotgefärbtem Himmel. Im letzten Ausstellungsraum treffen nochmals sehr eigenwillige, formspielerische und farbenfrohe Aquarelle aufeinander: Fische, die neben Netzen und Wasserpflanzen umer springen. Eine Mondlandschaft und Blumen zwischen Sternen und einer blauen Katze am Fenster. Das Ölbild „Weesenitzmühle“, um 1932 gemalt, mit seiner Landschaft in wellig fließenden und kugeligen Formen ist ein ebenso klares wie poetischen Sinnbild für Bewegung und Wandel in der Natur und im Leben.
Zur Ausstellung erschienen ist ein Buch mit Lebenserinnerungen von Hans Christophs, aus dem Passagen in einer Lesung mit Tom Quaas zu hören sind, begleitet von Stefan Maass an der Gitarre am 24. Oktober, 19 Uhr im Festsaal von Schloss Burgk, Eine Führung durch die Ausstellung, die noch bis 29. Oktober zu sehen ist, mit der Kuratorin Kristin Gäbler findet am 21. Oktober, 11 Uhr statt.
Text + Fotos (lv)