Besondere Blicke auf Dresden: Bekannte Gebäude, Plätze, Parks und Wohnhäuser erscheinen originell und wundersam verwandelt in den fantasievollen Aufnahmen, die dennoch Wirklichkeit abbilden, der italienischen Fotografin Maura Miletta. Sie lebt seit zwei Jahren in Dresden.
Semperoper mit Gänseblümchen und Streetart
Farb- und fantasiereiche Blicke auf Dresden zeigt die italienische Fotografin Maura Miletta in ihrer ersten Ausstellung in Elbflorenz im Atelier auf der Rudolf-Leonard-Straße 19. Die Finissage feiert sie mit einer Gedicht-Lesung und viel Musik, ab 16 Uhr am Sonnabend, dem 23. September.
Gelbe Herbstblätter schweben von einem Baum herab, dahinter ragt der dunkle Kirchturm mit der Uhr im Laub. Da fallen einem gleich die Zeilen aus einem Rilke-Gedicht ein: „Herr: es ist Zeit. Der Sommer war sehr groß. Leg deinen Schatten auf die Sonnenuhren, und auf den Fluren lass die Winde los… “ Momente wie diese, bei denen Natur, Architektur, Licht, Formen und Farben stimmungsvoll zusammenfließen, hält Maura Miletta gern mit der Kamera fest. Oft wirken ihre Fotografien wie gemalt. Die Aufnahme mit dem Blätterteppich vor der Dreikönigskirche ist das Titelbild ihrer Ausstellung „Dresden mit verschiedenen Augen“ und auf dem Flyer zu sehen. Als Fotodruck auf Leinwand hängt es nun auch frei schwebend im Atelier des Neustadt Art Kollektiv auf der Rudolf-Leonhard-Straße 19 in Dresden. Es öffnet wie viele andere Kulturorte im Dresdner Szeneviertel an diesem Wochenende seine Türen beim Neustadt Art Festival. Im prall bunten Programmheft und online auf der Festival-Webseite stehen 400 Veranstaltungen an 60 Spielorten, und noch etliche weitere spontan und kurzfristig hinzugekommene Angebote von Kreativen, Bildenden Künstlern, Musikern und Autoren.
Im Atelier auf der Leonhardstraße hängen derzeit rund 40 vorwiegend kleinformatige, farbenfrohe Fotografien von Maura Miletta (siehe unter Instagram: maura_miletta; mauraimiletta_cyanotype), in denen bekannte Gebäude mit anderen vorgefundenen Dingen, wie Blumen, Blättern, Bäumen oder Bildern auf Hauswänden, Streetart, zusammen gebracht, fantasievoll verwandelt erscheinen. Da wächst plötzlich eine große Wiese mit Gänseblümchen vor der Semperoper. Da wehen, fliegen und tanzen Blüten und Blätter in mal lichtvollen, mal erdigen Farbtönen und wie Schneeflocken rund um Zwinger, Hofkirche, vor einer Laterne auf der Brühlschen Terrasse und einem Riesenrad, steigt das Palais im Großen Garten traumhaft spiegelnd aus dem Wasser auf. Da sitzen plötzlich Eulen auf einem Eckhaus an der Görlitzer Straße und schauen auf die vielen Nachtschwärmer, hocken bunte Vögel und spaziert eine schwarze Katze mit gelben Augen ums Haus mit warmem Lichtschein. Originell, verspielt, romantisch, witzig und fantasievoll sind diese Bilder-Blicke auf Dresden der italienischen Fotografin Maura Miletta, in denen sie Bekanntes und zufällig Gefundenes, kleine Details, an denen andere achtlos vorbeigehen, die aber auch sehens- und liebenswert sind, ins Blickfeld ihrer Bilder rückt. Das Besondere an ihren Fotografien ist, dass alle Aufnahmen mit der Technik der Doppelbelichtung direkt in der digitalen Fotokamera möglichst in der gleichen Position fotografiert entstehen. „Es geht darum, ein Bild zu machen und dann ein weiteres, das über dem vorherigen liegt“, sagt Maura. „Ich habe Spaß daran, wenn ich ein graues Haus sehe und Farbe darauf lege.“ Sie lässt sich anregen von dem, was sie vorfindet, mischt reale und die Bilder in ihrem Kopf und lässt ihre eigene Welt in den Bildern sichtbar werden. „Letztlich geht es doch darum, was macht das Bild mit dir“, sagt Robin, ihr Freund. Er und Maura haben sich in Italien, in Florenz kennengelernt. Sie hat Wirtschaftswissenschaft studiert und kündigte ihren Job im Finanzamt, da er ihr zu eintönig war.
Sie fotografiert schon länger, aber vorher mehr tagebuchartig. Inzwischen arbeitet die Autodidaktin freiberuflich als Fotografin. Robin arbeitet als Softwareentwickler und stammt aus Münster. Da das Hin und Her Reisen auf Dauer zu anstrengend war, entschieden sich Maura und Robin für Dresden, da es „eine schöne Stadt ist.“ Seit zwei Jahren leben sie hier. Es ist ihre erste Ausstellung in Dresden als Fotografin im Atelier in der Leonhardstraße. Die Idee des Neustadt Art Festivals, bei dem vor allem junge, noch nicht etablierte Künstler sich mit ihren Arbeiten zeigen können, gefällt ihr. An diesem Sonnabend feiert Maura die Finissage ihrer Ausstellung, dazu gibt es eine Gedicht-Lesung mit Harfenspiel (ab 16 – 18.30 Uhr mit Pausen) und abends Gitarren-Livemusik im Atelier auf der Rudolf-Leonhard-Straße 39.
Bereits seit 2012 gibt es das Neustadt Art Festival (NAF) als nichtkommerzielles Kulturangebot für alle, eintrittfrei. Spenden der Besucher für die Künstler sind natürlich willkommen. Es begann mit einer Veranstaltung an der Prießnitz in der Neustadt von einer Gruppe junger Künstler. Dieses Jahr findet das Festival zum 12. Mal statt. „Fast 200 KünstlerInnen aus allen möglichen Sparten haben ehrenamtlich Programme für jeden Geschmack und jedes Alter zusammengestellt und bieten genreübergreifende, kreative Symbiosen zum Sehen, Hören, Riechen, Fühlen und Schmecken“, sagt Mitorganisator Thomas Schreiter. Er ist seit 2015 dabei im Orgateam. Damit alles finanziert werden kann, hat das Festivalteam ein Crowdfunding, Spendensammlung unter naf.li/cf gestartet, bei dem es viele schöne Dankeschöns gibt wie Bilder, Wohnzimmerkonzerte, Postkarten und Glühwein aus der Alten Fabrik. „Unser Anspruch ist, junge Kunst zu entdecken und präsentieren, eine Plattform zu bieten mit dem Neustadt Art Festival“, so Schreiter. „Diese große Vernetzung zwischen den Künstlern und Veranstaltungsorten, das ist unbezahlbar für die Kreativen.“ Das Festival wächst von Jahr zu Jahr, so Schreiter. „Daher beantragen wir eine größere Fördersumme von 22 000 Euro für 2024 beim Kulturamt der Stadt Dresden.“ Die bisher 10 000 Euro an öffentlicher Förderung von der Stadt und der Stiftung Äußere Neustadt für das Neustadt Art Festival seien nicht viel, um die anfallenden Materialkosten, Druckkosten für die Programmhefte und Plakate, angemietete Tontechnik und Tontechniker zu bezahlen. Die Bandbreite an Veranstaltungen ist groß. Von der Blauen Fabrik über Hanse 3, Area 67, Hinterhöfen im Hechtviertel bis zur mobilen Jugendhilfe auf der Rothenburger Str. wird reichlich Musik, Kunst, von Malerei bis zur Skulpturen-Ausstellung und vieles mehr geboten.
Das Atelier mit Ausstellungsraum des Neustadt Art Kollektiv in der Leonhardstraße 19 gibt es seit 2020. Thomas Schreiter, der als Grafikdesigner, Maler und Illustrator tätig ist, nutzt dieses gemeinsam mit der Künstlerin Jolle Vanderbeke. „Es ist eine Mischung aus Atelier und Galerie, in der wechselnde Ausstelllungen, aber auch Filmabende und Lesungen finden hier statt“, sagt Thomas. Es ist Platz für 40 bis 50 Besucher, die dann meist locker auf Sitzkissen am Boden zusehen.
Mit dabei beim NAF ist auch der Literatur- Kulturraum „Starke Federn“ in der Försterstraße 10. Dort gibt es Sonnabend und Sonnabend Lesungen mit Autorinnen der Schreibwerkstätten, erfährt man mehr über deren aktuelle Projekte und kann eine Ausstellung mit dem Titel „Meer und Mensch“ mit Bildern von Sarah Ammajou Rehm, Autorin und Leiterin der Schreibwerkstätten „Starke Federn“ anschauen. Abschließend liest sie am Sonntag, 18 bis 20 Uhr unter dem Titel: „Das Tal – Texte über Dresden“.
Text + Fotos (lv)
Literatur & Kulturraum STARKE FEDERN
Kunstraum & Bühne für Kunst in aller Vielfalt: Thomas Schreiter, Grafikdesigner, Maler, Illustrator und Mitorganisator des Neustadt Art Festivals in Dresden.