Eine „Best-of“-Ausstellung zeigt zurzeit Aktbilder von rund 70 Modellen zwischen 18 und 80 Jahren aus 20 Jahren zeitgenössischer Aktfotokunst von Volkmar Fritzsche, Metallkünstler, Fotograf und Galerist.
Unverhüllt und offenherzig, sinnlich bis witzig-verrucht zeigen sich Frauen, Männer und Paare dem Kameraauge. Sinneslust und Lebensfreude pur strahlen die Aktbilder aus. Die Modelle räkeln sich nackt in der Sonne und im Schnee, planschen im Wasser, steigen auf Kletterfelsen in der Sächsischen Schweiz oder tummeln sich mit Pferden. Sie umgarnen in Netzen, schweben in Seilen, träumen im Garten, im Schaumbad oder betrachten sich vor dem Spiegel. Verführerische Evas und Rubensfrauen, junge, wilde und reife Frauen.
Sie alle sind mit ihren Reizen, bei ihren Lieblingsbeschäftigungen, im Studio oder im Freien fotografiert in der „Best of…“-Ausstellung zu sehen, in der Aktfotografien von rund 70 Modellen zwischen 18 und 80 Jahren versammelt sind (noch bis 23. Februar 2017 zu sehen). Mit dieser Schau und zusammen mit den Beteiligten der Minibühne feiert der Galerist und Fotokünstler Volkmar Fritzsche (75) an diesem Wochenende das 20-jährige Jubiläum seiner Galerie „Kunstkeller aktfoto-ART Dresden“ auf der Radeberger Straße 15 in Dresden.
Es ist die nunmehr 90. Ausstellung seit der Eröffnung des Kunstkellers im November 1996. Darunter 23 eigene Ausstellungen, in denen er aus verschiedensten Blickwinkeln die „Vielfalt der Dinge des Lebens ungeschminkt nackt“ beleuchtete. Zunächst wurde die ehemalige Hausmeisterwohnung als Büro und Ausstellungsort des Verbandes Sächsischer Kunsthandwerker (VSK) genutzt, dessen Gründung- und Vorstandsmitglied Fritzsche war. Als der Verband umzieht, beschließt er die Räume als Galerie weiterzuführen mit einem Novum für Dresden: Kunst in aller Bandbreite – von Malerei über Kleinplastik und Schmuck bis zu Karikaturen – zum Thema Eros auszustellen. Seit 2006 zeigt Fritzsche in seiner Galerie ausschließlich zeitgenössische Aktfotokunst, womit er sich wieder in neues Terrain vorwagte. Es ist bisher die einzige dieser Art weit und breit. Seit Ende der 1990er Jahre hat er sich selbst der künstlerischen Aktfotografie verschrieben und zeigt eigene Bilder neben Arbeiten anderer Fotografen, die bei ihm anfragen für Ausstellungen.
Natürlich nackt, nicht gewollt „erotisch“
„Den Altmeister der ostdeutschen Aktfotografie, Günter Rössler, allerdings habe ich zweimal angesprochen. Er stellte 1997 und 2011 große Teile seines Lebenswerkes im Kunstkeller aus und es war ebenso faszinierend wie bewegend, ihn noch persönlich zu erleben kurz vor seinem Tod“, erzählt Volkmar Fritzsche. Rösslers Aufnahmen strahlen natürliche Nacktheit in großer Ästhetik aus, deswegen betrachte er ihn als künstlerisches Vorbild. „Ich zeige den Menschen, seine Haltung und sein Wesen in aller Natürlichkeit und nackt, aber nicht gewollt ,erotisch`, sondern so normal wie möglich“, erklärt Fritzsche zu seinen Aktbildern. Er sei in der Freikörper-Kultur der DDR aufgewachsen, in der das Nackt-Sein im Freien als Kultur verstanden und gelebt wurde. „Am Strand war Kultur, die Erotik blieb zu Hause“, so Fritzsche.
Er fotografiert vorwiegend Frauen, weil nicht allzu viele Männer geneigt seien, sich als Akt ablichten zu lassen. Gegen den Mainstream holt er sehr oft auch ältere Menschen aufs Bild. „Dabei geht es mir nicht um Schönheit, sondern um Wirklichkeit. Leben ist Entstehen und Vergehen“, so Fritzsche. Ehrliche Bilder vom Älterwerden würden zugunsten jugendlicher Frische anderswo kaum öffentlich gezeigt. Im Kunstkeller zeigen sich auch Modelle jenseits der Lebensmitte reizvoll, freimütig und mit Augenzwinkern.
Mit der Aktfotografie begann Fritzsche nach ersten Performances im Kunstkeller und an anderen Orten, bei denen die Modelle raffinierte Metalldessous auf nackter Haut trugen. Zwölf Kreationen gestaltete er, war er doch bis dahin als Metallkünstler tätig. Den Modellen gefielen die „Erinnerungsfotos“ so gut, dass bald weitere Foto-Shootings und die ersten Ausstellungen folgten, so Fritzsche. Daraus entstanden immer neue fotokünstlerische Projekte und besondere Aufführungen für die Minibühne im Kunstkeller, die von „Klang-Körper-Kunst“ mit sinnlich meditativen Klängen über Farb-Licht-Spiele auf nackter Haut bis zu verführerischen Tanzimprovisationen im Schwarzlicht reichen.
Programme zum Thema Eros auf der Minibühne im Kunstkeller
Zweimal monatlich finden Programme zum Thema Eros jeweils freitags um 20.30 Uhr im Kunstkeller statt. Die Besucher der Aktfoto-Galerie kommen aus allen Altersklassen, so Fritzsche, doch vorrangig ab 30 Jahren aufwärts. Auch allerhand Touristen schauen herein trotz des etwas abgelegenen Standorts am Rande der Äußeren Neustadt. „Die Reaktionen auf die Ausstellungen waren niemals negativ“, so Fritzsche. Vielmehr löse die gezeigte Thematik Lob und Staunen bei den Besuchern aus. Dennoch habe die Aktfotokunst es nicht leicht heutzutage, da das Fotografieren ein Massenphänomen geworden sei. Dadurch werde sie als Kunst bei vielen Menschen nicht mehr wahrgenommen. Inzwischen im Ruhestand, denkt Volkmar Fritzsche noch längst nicht ans Aufhören, sondern geht seiner Profession künstlerischer Aktfotografie weiter mit Leidenschaft und Experimentierfreude nach. Er lebt seit mehr als 25 Jahren in harmonischer Ehe mit seiner Frau und daran habe sich auch nach 17 Jahren aktfotografischen Schaffens nichts geändert.
Sein Resümee zu den 20 Jahren Galerie im Kunstkeller: „Der vertrauensvolle Einblick in die Lebensschicksale vieler Menschen ist mir neben der Fotografie fast gleichrangig wichtig. Es hat meinen eigenen Horizont enorm erweitert, war eine Zeit voller wichtiger Erkenntnisse, Bewegung und spannungsvoller Arbeit. Und der Hoffnung, manchem Menschen gute, bereichernde Impulse vermittelt zu haben.“
Eine Idee für seine nächste Ausstellung im Kunstkeller hat Volkmar Fritzsche auch schon: „Nackt mit Hut“ soll sie heißen.
Text + Fotos (lv)
Geöffnet ist die Galerie im Kunstkeller: Di von 15 – 21.30 Uhr, Mi + Do von 16.30 – 18.30 Uhr sowie nach telefonischer Vereinbarung unter Tel.: 0162 – 682 93 73