
Erinnerung an einen großartigen Maler wunderbarer Dresden-Bilder, aber mehr als eine Gedenk-Ausstellung: Galerist Holger John und Franziska Klotz vor einem Hauptwerk von Siegfried Klotz „Aschermittwoch“ in der gleichnamigen Ausstellung, in der erstmals Werke von ihm und seinen Kindern sowie dem Künstler Michael Wutz, ihrem Lebensgefährten, zu sehen sind.


Zerbrechlich Glas der Erinnerung: das Titelbild von Franziska Klotz zur Ausstellung „Aschermittwoch“ in der Galerie Holger John in Dresden.

Farblodernde Stadtansichten der Künstlerfamilie Klotz
Beeindruckend, berührend, vielschichtig und konträr versammelt die Ausstellung „Aschermittwoch“ zum Gedenken an die Zerstörung Dresdens und anlässlich des 20, Todestages von Siegfried Klotz erstmals seine Werke und Arbeiten seiner Kinder Franziska und Niklas Klotz und Michael Wutz in der Galerie Holger John im Barockviertel Dresden in der Rähnitzgasse 17.
Auf der Staffelei nahe am Galerieeingang steht ein Ölbild von der Brühlschen Terrasse im Winter, in lichtvolles Weiß gehüllt. Mit Blick auf die Kunstakademie in dunklen Ockertönen und hoch auf der Kuppel schwebendem goldenen Fama-Engel mit Fanfare, auf Schloss, Hofkirche und Augustusbrücke, darunter schlängelnd die Elbe. Die Baumkronen sind azurblau wie der Himmel. Es war der Lieblingsplatz des Malers Siegfried Klotz, wo er oft im farbbeklecksten Kittel, Bart und breitkrempigen schwarzen Hut mit Farbpalette und Pinsel in der Hand vor der Leinwand stand und vor den Augen der Passanten die Stadt und Elbelandschaft malte mit allem Licht und Schatten. Ein Selbstbildnis zeigt ihn mit leicht schräg geneigtem Kopf, aufmerksam und mit festem Pinselgriff, als wollte er das Grau um ihn herum mit Farbe bezwingen. Klotz, 1939 im Kurort Schlema im Erzgebirge geboren und 2004 mit 64 Jahren verstorben, war einer der bekanntesten Vertreter der Dresdner Malerschule, ein Vollblutmaler mit Leidenschaft und Malerkönig von Dresden.
Eine Auswahl seiner Werke zeigt die derzeitige Ausstellung „Aschermittwoch“ zum 80. Jahrestag der Zerstörung Dresdens und anlässlich des 20. Todestages des Künstlers, erstmals zusammen mit Malerei, Grafik und Skulptur von seiner Tochter Franziska, seinem Sohn Niklas Klotz sowie von Michal Wutz in der Galerie Holger John in der Rähnitzgasse 17 in Dresden. Die Schau entstand in Kooperation mit der Kornfeld Galerie Berlin. „Siegfried Klotz alleine wäre ein Blick zurück mehr gewesen. Diese Ausstellung ist ein Versuch, eine Künstlerfamilie zusammenzubringen mit ihren Arbeiten, verschiedene Handschriften und Generationen, die vielschichtig und kontrovers sind mit Blicken auf die Gegenwart und Visionen“, sagt Galerist Holger John. Siegfried Klotz war sein Lehrer für Malerei im Grundlagenstudium an der Dresdner Kunsthochschule Ende der 1980er Jahre und Künstlerkollege. „Er war ein Maler, der das Weiß malen konnte. Heute wird es oft nur aufgehellt. Bei ihm wurde es Materie, Fleisch, Haut. Das ist eine große Kunst. Die Tochter kann das. Da sieht man Verwandtschaft“, so John.
Es ist mehr als eine Gedenk-Ausstellung. „Unsere Vorfahren haben den Krieg und Leid erlebt. Wir kennen nur die Bilder. Es geht um die Einzelschicksale, Geschichten auch hier in der Galerie, um Erinnern und den Umgang mit Vergangenem, das bis heute nachwirkt. Das Thema der Masken, was passiert mit den Menschen dahinter, aber auch das Demaskieren und die Frage: ,Wo stehen wir heute und wo verstecken wir uns?` zieht sich wie ein roter Faden durch die Ausstellung“, sagt Holger John. Da ragt die schwarze Ruine der Frauenkirche gespenstig, großformatig auf einem Ölbild von Klotz und aus einer Bleistiftzeichnung aus Trümmern hervor. Auf einem Hauptwerk von ihm, „Aschermittwoch“ sind aussagekräftig und berührend eine bunte Faschingsmaske und darunter halb verborgene und nackte, schutzlose Körper vor rauchschwarzer Kulisse zu sehen. Neben Stadtansichten sind Porträts bekannter, einst hier wirkender Persönlichkeiten aus Kultur und Politik wie Rolf Hoppe, Eberhard Burger und Heinz Eggert versammelt. Außerdem eine noch nie gezeigte Kaltnadelradierungung „König Kurt“ nebst Gattin in selbstgefälliger Pose und der Maler als Beobachter am Rand. Eine Grafik, eine Kneipenszene mit Klotz bei Wein, Katerstimmung und offenherziger Bedienung trägt schon einen roten Verkaufspunkt.
In kräftigen Farben, pastos mit Spachtel aufgetragen auf der Leinwand ähnlich wie ihr Vater und doch ganz eigen und konträr, wirken die gemischt abstrakt-konkreten, großformatigen Ölbilder von Franziska Klotz, das älteste von 2010, „Sylph“ zeigt eine paradiesische Insellandschaft. Farben und Funken stieben und rinnen im Bild „Bücherverbrennung“ von 2018. Ein großformatiges Bild einer gigantischen Ruinenlandschaft, mit schwarz darüber schlängelndem Band und vielen lodernden Farbtupfern, hängt als Blickfang in der Ausstellung. „Es glüht, kraftvoll und brachial“, sagt Franziska Klotz (45) dazu. „Ich hatte Bammel vor der Ausstellung, dem direkten Vergleich mit der Malerei meines Vaters und dann auch noch in Dresden“, gibt sie zu. Sie lebt und arbeitet als Künstlerin in Berlin, hat an der Kunsthochschule in Weißensee studiert. Doch jetzt sei sie glücklich, dass es funktioniert.
Die Bilder sind so gehängt, dass sie Zwiesprache halten und für sich wirken. Die Frauenporträts und sinnenfreudigen Akte wie die Dame auf schwarzem Tuch mit dem Silberfuchs, gemalt von Siegfried Klotz neben den „Masken-Mädchen“ von Franziska Klotz. Ein Frauenbildnis mit Maske von ihm und ein Mädchen mit stattlichem Hund gibt es auch. Bilder, die wie Glas wirken, splitternd und zerbrechlich Kreise ziehen auf sepiafarbenem Grund mit Häuserumrissen von Franziska Klotz sind außerdem im Denkraum Sophienkirche auf der Sophienstraße 2 durchs Schaufenster zu sehen. Ihr Mann, der Künstler Michael Wutz zeigt eine Serie von Aquarellen, ein urban ethnografisches Masken-Kabinett menschlicher Eigenarten. Herausstechen die flippig farbigen, lebensgroßen Körperplastiken und Reliefs mit Gesichtern aus Marmor und Holz, die mit Schönheitsidealen spielen, von Niklas Klotz, der 1968 geboren, Bildhauerei in Dresden studierte und als Künstler in Wien lebt. Die Ausstellung „Aschermittwoch“ ist noch bis 30. März in der Galerie Holger John zu sehen.
Text + Fotos (lv)
Weitere Fotos zur Ausstellung folgen.
Geöffnet: Di bis So 14 bis 19 Uhr



















