Fantasiereiches Puppenspiel
mit Händen und Füßen

Bei der 36. Kasperiade Radebeul war vom klassischen Kasperletheater, fast akrobatisches Körpertheater bis zu lebendigen Tanzpuppen alles dabei zum Vergnügen von kleinen und großen Besuchern. 3 000 Zuschauer kamen.

Riesenhafte Zwerge und zauberhafte Dinosaurier tummelten sich auf der Hauptstraße. Mit roten, spitzen Hüten und langen Hosen wandelten zwei Stelzenläufer umher, machen Späße und wiesen Besuchern den Weg zu den Spielstätten. Zur 36. Kasperiade verwandelte sich Radebeul-Ost wieder zur kunterbunten Freilichtbühne ein Wochenende lang, veranstaltet und gefördert vom Kulturamt der Stadt. Sechs Puppentheater zeigten in Höfen und Gassen rings um die Hauptstraße und den Radebeuler Kultur-Bahnhof ihre humor- und fantasievoll erzählten Märchen und Geschichten.

Zu erleben war Puppenspielkunst in großer Bandbreite vom klassischen Kasperletheater bis zum originellen Fußtheater. Mit Sonne und Regen im Wechsel, was die Stimmung keineswegs trübte. Schirme auf- und zugespannt, Regenkapuzen aufgesetzt, Augen und Ohren weit auf, lauschten klein und groß vergnügt dem fröhlichen Figurenzauber und der Straßenmusik, lauschig unter Bäumen, Caféstühlen und gelben Sonnenschirmen auf der Wiese vorm Kultur-Bahnhof. Für abwechslungsreiche Klänge sorgten die Kapelle Krambambuli, das Trio VagabunT und Die Elbzigeuner. Mitten auf der Hauptstraße an der Eiche steht eine Puppenbühne, die sich bei näherem Hinsehen als umgebauter Campinganhänger entpuppt. Golden bemalt, mit Guckfenster und rotem Vorhang zum Auf- und Zuziehen.

Die Bänke davor sind alle besetzt. Dort lachen, staunen und begleiten die Kinder lebhaft die Geschichte von Puppenspieler Christian Bahrmann über Kasper und den Dinosaurier, einem grasgrünen, krokodilähnlichen und kulleräugigen Stofftier, der plötzlich in der Küche steht. Der durch Zaubersalz kleiner oder größer wird und sich entsprechend mehr traut. Die Kinder zählen auf, was der kleine Dino namens Konstantin alles lernen soll: „Sprechen, laufen, Fußball spielen, Radfahren, Fernsehen…“ Ei, ei, ei,  sagt der dazu. Ein Ei taucht auch auf, das wegläuft und nicht in die Pfanne gehauen werden will. Der Dino lässt sich nicht mehr klein und niedlich zaubern und schaut neugierig in die Welt. Zu den Kindern, die jetzt schlauer und mutiger als vorher hoffentlich sind, sagt Bahrmann.

„Uns hat das Stück gut gefallen“, sagt Max, 34 Jahre. Söhnchen Leon, elf Monate, sitzt auf seinem Schoß und lacht verschmitzt. Seine Schwester Elena, drei Jahre, läuft vor zur Puppenbühne. „Wir sind zum ersten Mal bei der Kasperiade und haben im Internet davon gelesen“, sagt seine Frau Kristin, 34 Jahre. Die junge Familie aus Dresden hat einen Ausflug hierher unternommen. „Es ist alles dabei von Musik, Karussell bis Puppenspiel“, freut sie sich. Sie haben außerdem an der Lotterie eines Tierschutz-Vereins teilgenommen und am Glücksrad beim Förderverein des Karl-May-Museums eine Eintrittskarte für ein Kind gewonnen. An einem Bücherstand konnte man in seinen vielen Abenteuergeschichten stöbern. Die jungen Tänzerinnen und Tänzer vom MuNo-DanceStudio traten exklusiv für die Kasperiade als „lebendige Puppen“ auf in ihrer Show und begeisterten mit mal anmutigen und romantischen Tanzszenen bis zu cool-kraftvollem HipHop und Breakdance sowohl Jungen wie Mädchen. Gegenüber im Hof vom Weinhandel Andrich, umgeben von rankenden Weinreben und lustigen Holzfiguren draußen und im Fenster, hat in einer offenen Scheune Anne Klinge ihr Bühnenpodest aufgebaut. Sie spielte im Sitzen und Liegen, mit Händen und Füßen, aus denen die Figuren hervorwuchsen, mit Stoff umhüllt, Wuschelhaar und Knollennase das Grimmsche Märchen „Der gestiefelte Kater“ vor vollen Rängen.

Für ihr fast akrobatisches Körpertheater, einfallsreich mit viel Witz und Spielfreude erzählt, bekam sie reichlich Applaus und Münzen in den Hut von den faszinierten Zuschauern. Anne Klinge verblüffte die Zuschauer auch noch mal mit ihrem Fußtheater zur Kasperiade-Gala mit einem Best-of der Künstler am Samstagabend, humorvoll moderiert von Kultopa Arnold Böswetter alias Franz Lasch. „Sie kommt aus einem kleinen Ort in Thüringen und ist weltweit die einzige Künstlerin mit dieser Spieltechnik. Wir freuen uns, dass sie bei der Kasperiade dabei war“, sagt Helmut Raeder, künstlerischer Leiter. Rund 3 000 Besucher kamen an beiden Tagen zu dem eintrittfreien Puppentheater-Festival, mehr als letztes Jahr, da das Wetter diesmal zum Glück weniger heiß war.

Text + Fotos (lv)