




Farbenfrohe Stadtlandschaften
Natur, Kunst und Architektur verbinden sich in einer Ausstellung mit Malerei und Grafik von Albert Hennig, einem Bauhausschüler, derzeit im Einnehmerhaus in Freital.
In Farben und Formen schwelgen Gebautes, Natur und Stadtlandschaften in der derzeitigen Ausstellung „Albert Hennig (1907 – 1998) – Malerei und Grafik“ des Bauhausschülers. Zu sehen sind seine Arbeiten im Rahmen der Reihe „Künstler der verschollenen Generation“ im Einnehmerhaus Freital. Das früheste Bild der Ausstellung ist ein Stillleben mit Krug und Äpfeln, die sich auf der Tischplatte spiegeln, von 1934. 1996, zwei Jahre vor seinem Tod entstand im Alter von 89 Jahren eins der letzten Aquarelle von Hennig, „Abstrakte Komposition“. Leuchtend farbig, heiter und zeitlos modern das Spiel mit steigenden, fallenden, spitzen und geraden, sich voneinander abgrenzenden und offenen, spiralförmigen und ineinander fließenden Linien und Formen.
Die gezeigten Arbeiten stammen aus dem Nachlass des Künstlers, der verwaltet wird von Andreas Albert, einem Kunstlehrer, der Hennig persönlich kannte und freundschaftlich mit ihm verbunden war. Die Ausstellung versammelt vorwiegend abstrakte, farbreiche Arbeiten zumeist in kleinen Formaten. Darunter Aquarelle, Monotypien, Pastelle, Holzschnitte und Studien aus den 1950er bis `90er Jahren. Da treffen farbenfrohe Fantasiestädte und in dunklen Grautönen gehaltene Häuser, von dunklen Linien wie Risse durchzogene Stadtansichten aufeinander. Ebenso Blicke auf helle und rosa südländische Häuser und Bäume und Boote am Wasser, grün bewachsene Hänge und kleine Häuschen davor. Sie zeigen „Bergbewegung (Zakopane) “mystische“ und „romantische Landschaften“, eine Landschaft mit Mond, „Stadt mit Baustelle“ und „Winter vor der Stadt“.
Die Grenze zwischen äußerer und innerer Welt, des Gesehenen und Erträumten, verwischt oft in den Arbeiten. Da wechseln natürliche und geometrische Farbflächen und architektonische Kompositionen, die ineinander greifen und sich überlagern. Die naiv-spielerisch gezeichnet an Bauklötze von Kindern erinnern, die zu Türmen, Brücken und Häusern übereinander geschichtet erscheinen in den Bildern. Mal klar und konkret, mal abstrahiert, traumhaft und poetisch in warmen, sonnigen, kühlen und dunklen, kargen Farbtönen. Leicht, schwebend, beschwingt, zarte und kräftige Linien und vielschichtiges Farbspiel, das oft an Künstler wie Paul Klee und Kandinsky erinnert. Das Titelbild der Ausstellung „Verzauberte Stadt“ von 1989 zeigt eine Stadtkulisse, grau und schemenhaft, spitze Dreiecke und eine rote Kugel über einer Turmspitze, Himmel und Fenster im Licht der Morgensonne und Aufbruchstimmung über der Stadt. Zu sehen sind außerdem drei Selbstbildnisse von Hennig von 1964 und 1972, in hell-dunklem Linienspiel und in gelb fahlem Licht, der Blick nach innen gerichtet sowie eine Landschaft mit nächtlichen Wanderern auf einer Allee, die zugleich seine eigene Lebenssituation und Schaffen spiegeln, die überschattet waren von gravierenden Einschnitten und den politischen Ereignissen seiner Zeit. Albert Hennig wurde am 7. Dezember 1907 in Leipzig geboren und wuchs in einer Arbeiterfamilie auf. Er war gelernter Betonfacharbeiter, beschäftigte sich nebenher mit Fotografie und wurde mit seiner Porträtserie „Die Kinder der Straße“ 1932 als Student am Bauhaus Dessau, in der Reklameklasse aufgenommen. Seine Lehrer waren Josef Albers, Hinner Scheper, Mies van der Rohe und Wassili Kandinsky.
1933 nach Schließung des Bauhauses Dessau durch die Nationalsozialisten setzte Hennig sein Studium im Bauhaus Berlin-Steglitz fort bis zur Schließung dort. Als wesentlich für sein späteres Schaffen nennt er die Söhne von Feininger, Joost Schmidt und Walter Peterhans. Danach wurde Hennig dienstverpflichtet als Bauarbeiter von von 1935 bis 1945. Seine Leipziger Wohnung wurde 1943 bei einem Bombenangriff zerstört, er verlor sein Frühwerkes und übersiedelte nach Zwickau. Dort war er Gründungsmitglied der Gruppe Bildende Künstler im Kulturbund Zwickau und arbeitete ab 1953 wieder als Bauarbeiter bis zur Rente und war seit 1972 freischaffend als Künstler in Zwickau tätig. Ehrung für sein Werk erfuhr Albert Hennig anlässlich des 50. Bauhausjubiläums in Dessau 1976, als Ehrenbürger der Stadt Zwickau, er bekam den Max-Pechstein-Preis der Stadt Zwickau 1991 und das Bundesverdienstkreuz erster Klasse 1996 verliehen.
„Seine Bilder sind voller Leichtigkeit und Tiefgang, schnell und skizzenhaft, gut beobachtet und auch ein Stück Verarbeiten von inneren Bildern, da er bedingt durch die Verhältnisse seine künstlerischen Positionen nicht durchweg ausleben konnte“, sagt Bettina Liepe, Vorsitzende des Kunstvereins Freital e.V. im Einnehmerhaus zum Werk Hennigs. Dennoch sei er ein lebensfroher Mensch gewesen und die Malerei habe ihm zeitlebens Halt und Stärke gegeben. Jedes Jahr gibt es hier eine Ausstellung, um an Künstler der Zwischen-Kriegs-Zeit zu erinnern, sich verändernde Sichtweisen zu zeigen und auch Kontrapunkte zu setzen. Die Ausstellung von Albert Hennig ist noch bis 21. Oktober zu sehen. Zur Finissage am 14.10., 15 Uhr findet ein Gespräch mit Andreas Albert zu seinen Erlebnissen mit Hennig statt (Anmeldung erbeten).
Text + Fotos (lv)
Geöffnet: Do +Sa 10 bis 17 Uhr, Fr + So 14 bis 17 Uhr
http://www.kunstvereinfreital.de




„Die Malerei gab Albert Hennig Halt und Stärke und er war ein lebensfroher Mensch auch in schwierigen Zeiten“, sagt Bettina Liepe, Vorsitzende des Kunstvereins im Einnehmerhaus Freital über sein Werk.