Kontrastreiche Werke zwischen Licht und Dunkel

An den Maler, Bildhauer und Schöpfer des Wagner-Denkmals im Liebethaler Grund erinnert die Sonderausstellung „Klang in Bronze gegossen“ zum 150. Geburtstag von Richard Guhr in den Richard-Wagner-Stätten Graupa.

Machtvoll, märchenhaft und entrückt erscheint die Hauptfigur. Dargestellt als Gralsritter mit gerade fallendem Gewand, eine Feuerschale in der Hand und die andere gestützt auf eine Harfe mit Löwenkopf, umgeben von allegorischen Gestalten. Von der Odyssee bis zur Aufstellung dieses Denkmals für Richard Wagner im Liebethaler Grund sowie über Leben und Werk seines Schöpfers erzählt eindrucksvoll die Sonderausstellung „Klang in Bronze gegossen“ zum 150. Geburtstag von Richard Guhr derzeit im Jagdschloss Graupa.

Zu sehen sind historische Aufnahmen, Bilder, Plastiken und Zeitzeugnisse zum Schaffen von Richard Guhr (1873 – 1956) und sein Blick auf Wagner, den er in kultischer Verehrung auf den Sockel hebt in seinen Gemälden und dem krönenden Denkmal. „Mir ging es darum, die verschiedenen Seiten des Künstlers Richard Guhr und sein Werk in bewegten Zeiten zu zeigen, das jeder für sich deuten kann“, sagt Katja Pinzer-Hennig, Kuratorin der Ausstellung und Leiterin der Wagner-Stätten Graupa. Die Reaktionen der Besucher reichten von Faszination bis zu Irritation und Ablehnung. Richard Guhr teilt sich nicht nur den Vornamen mit Wagner. Ähnlich wie der Komponist polarisiert auch der Maler und Bildhauer mit seinen monumentalen Werken zwischen Idealismus und Gigantomanie. Bekannt wurde Guhr als Schöpfer des Goldenen Rathausmannes, des „Michelangelo von Dresden“, der bis heute hoch auf dem Dresdner Rathaus steht. 1873 in Schwerin geboren, sein Vater war Hofmusiker, studierte Guhr an der Kunstgewerbeschule in Dresden und danach in Berlin. Er war als Dekorationsmaler und bildhauerisch tätig. 1934 wurde Guhr an die Dresdner Kunstakademie als Lehrer an die Abteilung Monumentalmalerei berufen, kurz nachdem der angehende Künstler Otto Dix dort entlassen wurde. Doch schon zu Lebzeiten waren Guhrs oft mystisch aufgeladene Bilder umstritten.

Fast 20 Jahre kämpfte Guhr um sein Wagner-Denkmal, das er Dresden schenken wollte, jedoch von den Stadtoberen abgelehnt wurde. Die Gemälde in der Ausstellung wirken mit ihrer intensiven, teils grellen Farbigkeit und ihrer symbolistisch, surrealen Bildsprache zwiespältig, theatralisch inszeniert, rätselhaft und düster abgründig. Wagner erscheint auf einer Wolke schwebend wie ein Retter und Fürst der Finsternis zugleich, umringt von Dämonen, Medusa mit Schlangenhaupt und einem geflügelten Löwen und Stier an der Seite. Der Kampf zwischen Gut und Böse, Licht, Dunkel, das Edle, Wahre und Schöne durchzieht emotions- und klangreich seine Opern und die Bilderwelt Guhrs. Zu sehen sind außerdem Fotografien vom Aufbau des 4,20 Meter hohen Wagner-Denkmals1933, das seither im Liebethaler Grund gegenüber der ehemaligen Lochmühle steht. Guhr finanzierte das Denkmal aus eigenen Honorarmitteln. 2013 wurde es restauriert aus Mitteln des Sächsischen Landesamtes für Denkmalpflege. Im starken Kontrast zu der kultischen Verehrungskunst stehen die Zeichnungen und Ölbilder aus den späten Lebensjahren von Richard Guhr, die erschüttern und berühren mit ihrem offen schonungslosen Blick, auf sich selbst zurückgeworfen. Darunter eine Serie Selbstporträts, nach 1945 entstanden, gezeichnet von Krieg, Not, Entbehrungen. Innere Zerrisenheit, Fassunglosigkeit und Verzweiflung des Künstlers ins Gesicht geschrieben. Unter einem Bildnis Guhrs steht die Zeile: „Es möchte kein Hund so länger leben“, ein Zitat aus Goethes „Faust“. Zu sehen sind Landschaften, eine Dorfstraße im herbstfarbenen Licht und der Blick vom Hang auf die Häuser in Höckendorf bei Freital, wo Guhr und seine Haushälterin nach der Flucht aus Dresden eine Bleibe in einem Forsthaus fanden. Diese Bilder  zeigen eigene, unverstellte Sicht, strahlen Ruhe aus, Hingabe und Halt in der Natur. Auf einer Staffelei steht ein kleines Ölbild, darauf der Schatten eines Mannes vor hohen Bäumen im Wald, die rot in der Abendsonne leuchten. Daneben eine Waldlichtung mit abgestorbenen Kiefern. Die Ausstellung erinnert an einen eigenwilligen und vielseitigen Künstler und lädt ein zum Nachdenken über die Rolle der Kunst in der Gesellschaft, über Werte und das was wirklich zählt im Leben. Sie ist noch bis 29. Oktober in den Richard-Wagner-Stätten Graupa zu sehen.

Text + Fotos (lv)

Öffnungszeiten: Mo, Mi, Do, Fr 11 bis 17 Uhr, Sa, So, feiertags 10 bis 17 Uhr. Di geschlossen

http://www.wagnerstaetten.de


Ein Schwan dreht seine Runden im Teich hinter dem Jagdschloss Graupa. Im Lohengrinhaus in der Nähe schrieb Richard Wagner den Entwurf für seine berühmte Oper um den Schwanenritter.