
Urwüchsig-romantische Kulisse in Königstein, Malerwinkel: Dort zeigte die Theatergruppe „Spielbrett“ ihr neues Stück „Shakespeares Sturm“ am Mittwochabend vor vollen Rängen. Zeitweise regnete es stark, so dass die Vorstellung unterbrochen und dann weitergespielt wurde.




Theater voller Spielleidenschaft trotz Wetterkapriolen
Auf ihrer Planwagentour durch die Sächsische Schweiz erlebt die Theatergruppe Spielbrett mit ihrem neuen Stück „Shakespeares Sturm“ viel Besucherzuspruch.
Ein kleines Segelschiff fährt hoch über dem dunklen Bühnenvorhang und geht unter. Die Schiffbrüchigen landen auf einer einsamen Insel. Ein Sturm, eine gestrandete Regierung und ein gestürzter Herrscher über das Eiland, das sind die spannenden Zutaten für die Inszenierung „Shakespeares Sturm“. Mit dem Stück tourt die Theatergruppe Spielbrett derzeit auf ihrer traditionellen, einwöchigen Planwagentour mit Pferdewagen und Fahrrädern durch die Sächsische Schweiz.
Sechs Vorstellungen spielten sie schon bei ihrem diesjährigen Sommertheater. Der Tourauftakt war am vergangenen Sonnabend im Schlosspark Graupa. Weiter ging es über Schloss Weesenstein, Struppen am Schloss, Gohrisch am Dorfteich, Königstein am Malerwinkel nach Bad Schandau zur Bühne im Kurpark. „Die Vorstellungen sind gut besucht. Es kommen immer zwischen 150 und 200 Zuschauer und wenige sind vorzeitig rausgegangen, die vielleicht mehr Comedy sehen wollten. Wir haben einen anderen Humor“, sagt Ulrich Schwarz, Schauspieler, Regisseur und künstlerischer Leiter von Spielbrett seit der Gründung 1985. Dem man seine 77 Jahre nicht ansieht und der noch längst nicht ans Aufhören denkt. Dazu mache es ihm zu viel Spaß.
Zu erleben ist urwüchsiges, sinnliches, deftig komödiantisches, intelligentes Volkstheater mit großer Leidenschaft, Spielfreude, voll Leichtigkeit und Tiefsinn und vielen aktuellen Bezügen. „Eine fahrende Schauspielertruppe, die durch die Lande zieht wie zu Shakespeares Zeiten und das schon seit vielen Jahren, das ist deutschland- und europaweit einzigartig“, so Ulrich Schwarz. Elf Spieler in Doppelbesetzung sind derzeit dabei im Alter von 20 Jahren bis Anfang 70. Sie arbeiten als Lehrer, Ärztin oder in der IT-Branche. Ein Koch fährt auch mit, der für Speis und Trank sorgt und abends nach den Vorstellungen sitzen und feiern die Akteure gemeinsam. Die Planwagentour wird privat finanziert. Übernachtet wird unterwegs in Turnhallen und Schulräumen in Schlafsäcken. „Es waren auch viele da, die uns schon kannten und nach der Vorstellung sagten, dass es ihnen gefallen hat“, so Regisseur Schwarz. Das war in Königstein im Malerwinkel nicht anders, wo die Gruppe Spielbrett schon das vierte Mal gastierte am Mittwochabend.
Der Planwagen vom Pferdehof Schmidt aus Loschwitz stand noch in Gohrisch, in Königstein der Barkas mit der Technik. Vor romantischer Kulisse im Innenhof der urigen, sandsteinernen alten Mühlengebäude, mit Meisterhaus und Vogtei, hohem Schornstein und imposantem Torbogen, zeigten sie vor vollen Rängen und Publikum von jung bis alt ihr neues Stück. Dort finden sich Gestrandete und Inselherscher in einem Labyrinth aus Magie, Gewalt, Intrigen, aber auch Liebe wieder. Prospero, der gestürzte Herzog und Herr der Bücher, unternimmt mit seinen quirligen Luftgeistern alles, um seine Widersacher, die ihn und seine Tochter Miranda auf dem Meer aussetzten, zum Nachdenken zu bringen und den wild-ungehorsamen Inselbewohner Caliban zu bändigen. Der plant einen Umsturz gegen Prospero und heuert dafür die zwei Scherz- und Trunkenbolde Stephano und Trinculo an, verspricht ihnen ein Königreich und die Tochter dazu. Beschwipst lassen sie tief blicken über Fremde, quälen und benutzen das „Monster“ Caliban, träumen von der Macht und probieren von der bunt schillernden Kleiderstange des Königs neue Kleider. Die beiden Luftgeister singen und kommentieren von der Empore der ehemaligen Vogtei aus zu Harfe und Akkordeon witzig-ironisch das turbulente Geschehen.
Davor steht ein Gerüst mit Bühnenbild und Vorhang. Das Wetter spielt meist ganz gut mit. „Außer bei der ersten Vorstellung im Schlosspark Graupa, da kippte durch Windstöße das Bühnengerüst um. Das war ein Schreck, es wurde wieder aufgerichtet. Zum Glück keiner verletzt“, so Ulrich Schwarz. Im Malerwinkel in Königstein tröpfelte es zuerst und regnete dann stärker, so dass die Aufführung für zehn Minuten unterbrochen wurde. Die Zuschauer stellten sich mit Posterstühlen im alten Gemäuer unter. Dann wurde weiter gespielt. Das Areal der Bienermühle wird neu belebt kulturell vom 2017 gegründeten Verein Malerwinkel e.V. Monatlich findet eine Veranstaltung statt. „Hier soll eine Multifunktionshalle mit kultureller Nutzung und Gastronomie entstehen und die alten Mühlengebäude erhalten werden“, sagt Matthias Hinz, der stellvertretende Vereinsvorsitzend bei einer kleinen Führung durchs Gelände. Große Maler wie Caspar David Friedrich kamen hier vorbei und hielten die imposante Felslandschaft in ihren Gemälden fest. Beim Frühschoppen im Malerwinkel wird die feierliche Fördermittelübergabe und Baugenehmigung zur Sanierung der Bienermühle mit Ministerpräsident Michael Kretschmer am 10. August, 10 bis 14 Uhr in der Mühlgasse 4 und 6 stattfinden.
Die Planwagentour von Spielbrett dauert noch bis 27. Juli. Die letzten beiden Vorstellungen sind am 26.7., 19 Uhr in der Puppenbühne Hohnstein und am 27.7., 20 Uhr in Dürröhrsdorf-Dittersbach, Börnfried e.V., An der Mühle 35 zu erleben. Ab August stehen die Akteure von Spielbrett wieder in ihrem Stammhaus im Theaterhaus Rudi in Dresden auf der Bühne.
Text + Fotos (lv)
