
Wettstreit der Leidenschaften… Komik und Dramatik nah beieinander… Wer ist Gewinner, wer Verlierer… Das wechselt ständig… aber alle fiebern gemeinsam mit, wenn Dynamo Dresden spielt… Hinreißend komödiantisches Sommertheater bietet die Inszenierung „Der Diener zweier Herren“ nach Carlo Goldoni vom Staatsschauspiel Dresden zurzeit im Innenhof des Japanischen Palais. Foto: Sebastian Hoppe
Das Leben als Glückslotterie
Um Liebe und Geschäft, Business und Moral, List, Lüge und echte Gefühle dreht sich alles in der rasant komischen Verkleidungs- und Verwechslungskomödie „Der Diener zweier Herren“ nach Carlo Goldoni in modernisierter Textfassung. Mit viel Witz, Streitlust, Dance-Hits der 90er Jahre und Lokalkolorit im Jahrmarktsbuden-Ambiente inszeniert, kam zweieinhalb Stunden deftig-direktes, pralles Sommertheater unter Regie von Rafael Sanchez auf die Bühne in dieser Inszenierung des Staatsschauspiels Dresden im Innenhof des Japanischen Palais. Höchst vergnüglich!
Als „Mr. Bombastic“ aus dem gleichnamigen Hit, mit cool-ergrautem Charme und zugleich geschäftstüchtiger Moralapostel namens Pantalone dei Bisognosi, der versucht seine Tochter Clarice unter die – möglichst vermögende – Haube zu bringen, zieht Ahmad Mesgarha alle Register. Besonders reizvoll, da die als „freche Göre“ genannte, aufmüpfige Tochter Clarice von der wie er schon reiferen Schauspielkollegin Anna-Katharina Muck verkörpert wird, die lebenslustig, temperamentvoll, kratzbürstig und leidenschaftlich dramatisch um ihren Liebsten Silvio (verzweifelt-komisch: Philipp Lux) kämpft. Mit dunkler Wuschelperücke, Lederjacke und lila Hose gibt er den südlichen Liebhaber als feurig eifersüchtigen, verwöhnten, eitlen und wehleidig-unverstandenen Trottel. Sein Vater Dottore Lombardi (cool-gelassen: Moritz Dürr) wirkt klein und zäh wie ein Fels in der Brandung, lässt alle Anfeindungen seines Widersachers Pantalone galant und spitzfindig zugleich abprallen und beide entlarven sich bei ihren Wortduellen gegenseitig. Für Verwirrung und Überraschungen sorgt die in Männerkleidern auftretende Beatrice (kess-selbstbewusst und kraftvoll: Ursula Hobmair), die ihren Geliebten Florindo (finster-verwegen: Thomas Eisen) sucht, der unter Verdacht steht, den Bruder Beatrices ermordet zu haben.
Da werden lustvoll genüsslich Mann-Frau-Geschlechterrollen durcheinander gewirbelt auf, vor und hinter der Jahrmarktsbuden-Kulisse. Da fliegt ein roter Herzballon hoch in die Lüfte, unaufhaltsam, unerreichbar. Und wird die Regenbogenfahre gehisst am Balkon vor dem barocken Gemäuer am Japanischen Palais. Da hagelt es Liebesschwüre, Flüche, Kose- und Schimpfworte, Küsse und Vorwürfe von allen Seiten. Da werden Briefe überbracht, heimlich geöffnet, gelesen und mit Kaugummi wieder zugeklebt. Mittendrin eilt Truffaldino (zwiespältig voller Ironie: Raiko Küster) als Diener zweier Herrn hin und her, anfangs naiv, unsicher, gestresst, bald immer gerissener, abgebrühter und dreister, um es allen recht zu machen. Er wechselt Kleidung und Haarmoden nach Belieben und angepasst an die Situation und Vorgesetzte. Mal fühlt er sich als Glückspilz mit gleich zwei Jobs, meint zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen zu können. Doch immer in Eile und der Angst, aufzufliegen, verstrickt Truffaldino sich immer mehr in seine Lügengeschichten, gerät immer mehr in Bedrängnis bis das Lügengebäude zusammenbricht, platzt wie eine Seifenblase. Ihm zur Seite steht die ihn bewundernde und anhimmelnde, naiv-liebenswerte Smeraldina, die lässig auf einem Motorradroller hereinfährt (Betty Freudenberg). Schön wie die beiden sich näher kommen, mit hungrigem Magen sich die leckersten Speisen ausmalen und immer mehr Lust aufeinander bekommen.
Lakonischer Begleiter des turbulenten Geschehens, Zuhörer, Tröster und Lachender Dritter ist der Imbisshändler Brighella (voll südlicher Heiterkeit und Gelassenheit, mit zurückgekämmtem dunklem Haar und Bart sehr authentisch: Holger Hübner). Im zweiten Teil gewinnt die zweieinhalbstündige Aufführung noch an Tempo, Spannung und Intensität. Klangreich musikalisch begleitet von den in der Losbude sitzenden Musikern der Banda Communale. Zu erleben ist ein äußerst spielfreudiges Ensemble, jeder geht auf in seiner Rolle und zeigt was Geld, Liebe, Glück, Erfolg wert sind und was der Einzelne bereit ist dafür zu tun. Alles hat seinen Preis. Und als alle Maskerade fällt, finden sich am Schluss der Komödie doch noch glückliche Paare. Reichlich Beifall vom Publikum.
Text (lv)
Nächste Termine: 22.6. und 23.6., jeweils 20 Uhr. Letzte Vorstellung: 09.07., 19 Uhr