Fantastische, bilder- und temporeiche Lyrik und sensible, nachdenkliche Töne: die Autorin Kerstin Preiwuß, Moderator Hans Thill und die Autoren Walle Sayer und Andreas Reimann.

Bilderstarke Lyrik & Prosa: die Schriftstellerin Marion Poschmann und der Schriftsteller Lutz Seiler.

Wort- und klangspielreiche Poesie: die Autorinnen Don Mee Choi und Uljana Wolf.

Dem Irrsinn und Absurden in der Welt mit Sprachmacht begegnen

Von rasant komisch, lyrisch elegisch, wortspielerisch bis experimentell reichte das Spektrum bei den Lesungen mit bekannten AutorInnen und viel Schönes und Neues entdecken konnten die Besucher außerdem auf dem Lyrikmarkt mit über 40 Verlagen und Magazinen zum Abschluss des Poesiefestivals Berlin.

Eine kleine Amsel reckte ihren Schnabel wie zur Begrüßung auf der Wiese vor der Akademie der Künste. Und Key wurde Alice und sammelte Wörter wie Pilze…, heißt es bei Kerstin Preiwuß. Sie las neue Texte aus ihrem nächsten Gedichtband „Rodeo“. Insgesamt elf Dichterinnen und Dichtern, Stipendiaten vom Deutschen Literaturfonds, gaben aktuelle Einblicke in ihr Schaffen bei den gut besuchten Lesungen zum Abschluss des diesjährigen Poesiefestivals Berlin am vergangenen Sonntag.

Bei sommerlichem Wetter saßen und lauschten die Zuhörer aufmerksam unter dem breitkronigen, lichtflirrenden Blätterdach im Buchengarten der Akademie am Hanseatenweg 10 und erlebten Lyrik in großer Bandbreite. Zwischen den Lesungen konnte man auf dem Lyrikmarkt interessante Entdeckungen machen an den Ständen von über 40 Verlagen und Magazinen aus Deutschland, Österreich und der Schweiz im Studiofoyer und Außenbereich. All die verlockenden, mit der Bildhaftigkeit von Sprache spielenden und leseanreizenden Buchtitel zu sehen, bereitete großes Vergnügen. Es herrschte auch ein reges Kommen und Gehen der Besucher an den Ständen. Es wurde viel geblättert und auch gekauft.

Mit den Augen von Key, einer fantastischen Figur, sucht Kerstin Preiwuß in bilder- und temporeicher und rasant komischer Sprache den gegenwärtigen Zustand der Welt zu fassen. Key klingt wie ein Schlüsselwort oder KI. Die Kunstfigur kennt keine Moral und Menschlichkeit, das gebe ihr die Freiheit, mit Abstand und hemmungslos auf die Welt und Verhältnisse zu schauen, sagte sie über ihren Text. Um dem ganzen Irrsinn etwas zu entgegnen und durch das Absurde doch noch eine gewisse Sprachmacht zu erhalten, so Kerstin Preiwuß. In einem Gedicht, „Erscheinung“ von Walle Sayer, der nach ihr las, heißt es: „… dass wir sehen, was wir sind oder sind was wir sehen, steht glaub ich bei Pessoa.“

Andreas Reimann, der Nestor der sächsischen Lyrikszene, las bedächtig, klar und weise seine Verse, Naturgedichte und über die Natur des Menschen. „Weich in ihrer Strenge sind seine Dichtungen und oft ein bitterer Witz“, beschrieb einmal der Leipziger Schriftsteller Clemens Meyer Reimans Gedichte. In der Form stehen seine Gedichte in der Tradition von Hölderlin und Klopstock. Fast beschwörend, eindringlich sein neuestes Gedicht mit Blick auf die vielen Konflikte in der Welt: „Freundlichkeit ist leicht uns auszutreiben. Doch Mensch sein heißt es bleiben. Wir müssen für den Frieden tauglich bleiben.“ Sein Gedicht „Baum sein“ beschreibt was wir von ihnen lernen können: „…Geduld zu haben… diese Wurzlung, die man nicht wählte, aber unbedrängt die Krone und deren Spieglung unter der Erde!“

Text + Fotos (lv)

Mehr Text zu Lesungen + Lyrikmarkt folgt.