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Kategorien-Archiv: Literatur

BilderAlbum: Ausstellung „Apropos Libido“ von Steffen Fischer & Lesung mit Hannelore Koch in der Galerie Mitte

20 Donnerstag Nov 2025

Posted by Lilli Vostry in Aktuelles, Bildende Kunst, Lebensart, Literatur, Zwischenmenschliches

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Bilder voll weiblicher Lust & Kraft & Leidenschaft: Steffen Fischer in seiner Ausstellung „Apropos Libido“ mit Galeristin Karin Weber und Besucherin Annette Richter in der Galerie Mitte.

Bilder voll emotionaler Sprengkraft

Verführerisch, lockend, sinnlich, anspielungsreich bis explosiv geht es um Liebe, Leidenschaft und ihre Abgründe sowie Mann-Frau-Geschlechterrollen und Machtspiele in der Ausstellung „Apropos Libido“ von Steffen Fischer in der Galerie Mitte in Dresden.

Vor einer Meerlandschaft sitzt eine Frau mit lang wallendem, blondem Haar und schwarzem Mieder, mit weit geöffneten Beinen und einem weißen Schwan vor der Körpermitte, „Leda und ihr Schwimmtier oder I like Boticelli“ heißt das Titelbild zur Ausstellung „Apropos Libido“ von Steffen Fischer in der Galerie Mitte, Striesener Straße 49 in Dresden. Verführerisch, lockend, offen, direkt und anspielungsreich, voll lustvoller Ironie geht es um Liebe, Leidenschaft und ihre Abgründe in zwischenmenschlichen Beziehungen in seiner Malerei und Zeichnungen, zumeist von 2025 und `024 und einige frühere Arbeiten.

Wie kaum ein anderer zeitgenössischer Künstler setzt Steffen Fischer sich seit vielen Jahren in farbreich, figürlich expressiver und symbolstarker Bildsprache auf den oft großformatigen Leinwänden und in farbigen Zeichnungen unverblümt, oft auch provokant mit männlich-weiblichen Rollenbildern, Klischees und Umkehrung der Geschlechterrollen – von weich, sanft, sinnlich bis durchtrieben, machtlüstern und kriegerisch – auseinander. Dabei schöpft Fischer gern aus dem großen Fundus griechischer Mythen und biblischer Geschichten wie in einer Bilderserie zu Lot und seinen Töchtern, hinterfragt und zeigt sie mit Bezug zur Gegenwart in neuem Licht. Da geht es um Hingabe – Hergabe, Macht und Unterwerfung, Begehrlichkeiten und Verletzlichkeit. Das ist in dieser Härte und Direktheit der Darstellung nicht immer leicht auszuhalten, bei Männern wie Frauen gleichermaßen beim Betrachten seiner Bilder, weiß Steffen Fischer. Sie sind lebens- und sinnesprall mit aller menschlichen Lust und Lastern, Schönheit und Verdorbenheit. Mancher könnte sich davon angegriffen fühlen. Die Bilder anstößig bis abstoßend empfinden. Er will mit ihnen vor allem Denkanstöße geben, so Fischer. Was Liebe und Triebe mit den Menschen machen.

Das spiegelt sinnenfreudig und explosiv zugleich das großformatige Bild „Die Sprengung“, Pastell auf Leinwand von 2025. Es zeigt umher fliegende Steine, Trümmerteile und ein brennendes Flugzeug am Himmel, davor zwei nackte Frauen, eine sitzt rittlings auf einem am Boden liegenden, bärtigen Mann, die andere hält ihn umarmt und eine Weintraube oder Olive in den Fingern. Sie sprengen wohl seinen Gefühlspanzer. Auf seinem verdeckten männlichen Teil sitzt eine weiße Taube mit erhobenen Schwingen. Ein vieldeutiges Bild voll emotionaler Sprengkraft.

Vor diesem Werk, inmitten der intensiv reizvoll-spannungsvollen Bilderwelt von Steffen Fischer, las die Schauspielerin Hannelore Koch Besinnliches, Heiteres und Nachdenkliches rund um die Liebe, ihre Freuden und ihre Tücken am vergangenen Sonnabend in der Galerie Mitte. Erfreut über den großen Zuspruch auf die Lesung und die Ausstellung war Galeristin Karin Weber. Da tauchte in einer frivolen Geschichte aus dem Decamerone von Giovanni Boccaccio ein junger, gutaussehender und verschwiegener Mann eines Tages in einem Nonnenkloster auf, wo er als Gärtner angestellt wurde und nebenher die jungen, neugierigen und noch liebesunerfahrenen Frauen eine nach der anderen empfängt und beglückt und bald darauf auch die Äbtissin. Er schenkte ihnen Liebeswonnen und viele kleine Mönchlein und kehrte wohlhabend nachhause zurück. Mit leisem Humor und warmer, einfühlsamer Stimme las und erzählte Hannelore Koch außerdem eine ungewöhnliche und berührende Geschichte über eine späte Liebe zwischen einer alten Dame im Krankenhaus und ihrer jüngeren Pflegerin. Susan und Miffy heißt diese Geschichte von Jane Campbell, die fast 80-jährig ihr erstes Buch „Kleine Kratzer“ heraus brachte. Miffy schraubt gerade eine Glühbirne an die Zimmerdecke, wobei Susan ihren Körper betrachtet, sich danach sehnt sie zu berühren und ihre Lebenslust neu erwacht. Susan ist eine Frau mit „dem kühlen Charme unbenutzten Porzellans“ und immer noch schönen Händen, die Miffy faszinieren. Sie ist gerade frisch verliebt und ein kleiner Funke von Leuchtfeuer und Mitgefühl steigt in ihr auf und überträgt sich auf Susan. Sie weiß nicht wie sie es ihren zwei erwachsenen Söhnen sagen soll, die sie besuchen und banale Worte wechseln mit ihrer Mutter. „die Intimität und Kummer umschiffen.“ Susan ist allein mit ihren Empfindungen. Die Momente mit Miffy, die ihre Hände mit duftender Creme einreibt und ihre Fingernägel scharlachrot lackiert und mit sanfter Stimme zu ihr spricht bis zum sachten, innigen Kuss, zaubern Susan ein seliges Lächeln ins Gesicht an ihrem letzten Lebenstag. Auch Miffy bleibt allein mit ihrem Erlebnis. Keiner versteht ihre Traurigkeit als sie fort ist und ihre tiefe Zuneigung zu der alten Dame. Eine wunderbare Geschichte über liebevolle Nähe und Geborgenheit im Alter, das ist mehr ist als Runzeln und Verfall. Mit einem kleinen Gedicht von Mascha Kaleko schloss Hannelore Koch die mit viel Beifall bedachte Lesung: „Man braucht nur eine Insel im weiten Meer und einen Menschen. Doch den braucht man sehr.“

Die Ausstellung von Steffen Fischer ist noch bis 22. November in der Galerie Mitte zu sehen. Im Kabinett werden zudem fantasievoll-skurrille, vielfarbige Zeichnungen von Juraj Cizmarovic mit dem Titel „PhantasmaOrgien“ gezeigt.

Text + Fotos (lv)

Geöffnet: Die – Fr 15 bis 19 Uhr, Sa 10 bis 14 Uhr

http://www.galerie-mitte.de

Vorschau

Wieland Richter
„Urkraft – im Bild der Natur“
Malerei zum 70. Geburtstag des Künstlers
Ausstellungseröffnung am 27. November, um 19.30 Uhr in der Galerie Mitte


Bilder von emotionaler Wucht & besinnliche, einfühlsame Geschichten: Die Schauspielerin Hannelore Koch las in der Ausstellung von Steffen Fischer in der Galerie Mitte.

Die neuen Kunstkalender für 2026 sind da und erhältlich in der Galerie Mitte.
Fantasiereiche Mensch- und Naturwelt: Zeichnungen von Juraj Cizmarovic im Kabinett im mittleren Ausstellungsraum.

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BilderAlbum: Lesungen & Lyrikmarkt beim Poesiefestival Berlin

21 Samstag Jun 2025

Posted by Lilli Vostry in Aktuelles, Lebensart, Literatur, Poesie, Projekte, Unterwegs, Zwischenmenschliches

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Fantastische, bilder- und temporeiche Lyrik und sensible, nachdenkliche Töne: die Autorin Kerstin Preiwuß, Moderator Hans Thill und die Autoren Walle Sayer und Andreas Reimann.

Bilderstarke Lyrik & Prosa: die Schriftstellerin Marion Poschmann und der Schriftsteller Lutz Seiler.

Wort- und klangspielreiche Poesie: die Autorinnen Don Mee Choi und Uljana Wolf.

Dem Irrsinn und Absurden in der Welt mit Sprachmacht begegnen

Von rasant komisch, lyrisch elegisch, wortspielerisch bis experimentell reichte das Spektrum bei den Lesungen mit bekannten AutorInnen und viel Schönes und Neues entdecken konnten die Besucher außerdem auf dem Lyrikmarkt mit über 40 Verlagen und Magazinen zum Abschluss des Poesiefestivals Berlin.

Eine kleine Amsel reckte ihren Schnabel wie zur Begrüßung auf der Wiese vor der Akademie der Künste. Und Key wurde Alice und sammelte Wörter wie Pilze…, heißt es bei Kerstin Preiwuß. Sie las neue Texte aus ihrem nächsten Gedichtband „Rodeo“. Insgesamt elf Dichterinnen und Dichtern, Stipendiaten vom Deutschen Literaturfonds, gaben aktuelle Einblicke in ihr Schaffen bei den gut besuchten Lesungen zum Abschluss des diesjährigen Poesiefestivals Berlin am vergangenen Sonntag.

Bei sommerlichem Wetter saßen und lauschten die Zuhörer aufmerksam unter dem breitkronigen, lichtflirrenden Blätterdach im Buchengarten der Akademie am Hanseatenweg 10 und erlebten Lyrik in großer Bandbreite. Zwischen den Lesungen konnte man auf dem Lyrikmarkt interessante Entdeckungen machen an den Ständen von über 40 Verlagen und Magazinen aus Deutschland, Österreich und der Schweiz im Studiofoyer und Außenbereich. All die verlockenden, mit der Bildhaftigkeit von Sprache spielenden und leseanreizenden Buchtitel zu sehen, bereitete großes Vergnügen. Es herrschte auch ein reges Kommen und Gehen der Besucher an den Ständen. Es wurde viel geblättert und auch gekauft.

Mit den Augen von Key, einer fantastischen Figur, sucht Kerstin Preiwuß in bilder- und temporeicher und rasant komischer Sprache den gegenwärtigen Zustand der Welt zu fassen. Key klingt wie ein Schlüsselwort oder KI. Die Kunstfigur kennt keine Moral und Menschlichkeit, das gebe ihr die Freiheit, mit Abstand und hemmungslos auf die Welt und Verhältnisse zu schauen, sagte sie über ihren Text. Um dem ganzen Irrsinn etwas zu entgegnen und durch das Absurde doch noch eine gewisse Sprachmacht zu erhalten, so Kerstin Preiwuß. In einem Gedicht, „Erscheinung“ von Walle Sayer, der nach ihr las, heißt es: „… dass wir sehen, was wir sind oder sind was wir sehen, steht glaub ich bei Pessoa.“

Andreas Reimann, der Nestor der sächsischen Lyrikszene, las bedächtig, klar und weise seine Verse, Naturgedichte und über die Natur des Menschen. „Weich in ihrer Strenge sind seine Dichtungen und oft ein bitterer Witz“, beschrieb einmal der Leipziger Schriftsteller Clemens Meyer Reimans Gedichte. In der Form stehen seine Gedichte in der Tradition von Hölderlin und Klopstock. Fast beschwörend, eindringlich sein neuestes Gedicht mit Blick auf die vielen Konflikte in der Welt: „Freundlichkeit ist leicht uns auszutreiben. Doch Mensch sein heißt es bleiben. Wir müssen für den Frieden tauglich bleiben.“ Sein Gedicht „Baum sein“ beschreibt was wir von ihnen lernen können: „…Geduld zu haben… diese Wurzlung, die man nicht wählte, aber unbedrängt die Krone und deren Spieglung unter der Erde!“

Text + Fotos (lv)

Mehr Text zu Lesungen + Lyrikmarkt folgt.

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Unterwegs: Wortkunst aus aller Welt beim Poesiefestival Berlin

02 Montag Jun 2025

Posted by Lilli Vostry in Aktuelles, Lebensart, Literatur, Poesie, Projekte, Zwischenmenschliches

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Wenn die Wort-Bälle mit Akribie und Schwung
hin und her fliegen

Das 26. Poesiefestival Berlin lockt vom 3. bis 15. Juni mit reichlich Wortkunst aus aller Welt, Lesungen, Gesprächen, Performances, Lyrikmarkt und erstmals verbinden sich Poesie und Sport zum Lauschen, Anfeuern und Mitmachen.

Was haben ein Windhund, Blitz, Donner, Schwalben-Tattoo, Streichholz,
ein Cricketball, Rhodendron, Pilze und Beine gemeinsam? Sie kommen zur Sprache beim Poesiefestival Berlin. Sie zieren das Titelplakat und die Programmflyer und machen neugierig auf dieses Fest der Worte in vielerlei Ausdrucksformen. Im 26. Jahr seines Bestehens treffen sich dazu wieder rund 150 namhafte Dichter und Künstler aus aller Welt zum größten Festival dieser Art in Europa, um die Poesie in den öffentlichen Raum zu bringen und mit den verschiedensten Orten zu agieren, die Berlin zu bieten hat. Zur Einstimmung fand bereits seit 15. Mai ein berlinweites Vorprogramm statt. Das Hauptprogramm geht ab 3. Juni neun Tage lang erstmals an zwei Festivalorten, in der Akademie der Künste am Hanseatenweg und dem Kulturzentrum „silent green“ im Wedding, über die Bühne.

Das Festival der Wortkunst eröffnet mit der Berliner Rede zur Poesie, die am 3. Juni, um 19.30 Uhr in der Akademie der Künste gehalten wird, diesmal von der US-amerikanischen Schriftstellerin Claudia Rankine. Sie ist 2025 Fellow des Berliner Künstlerprogramms des DAAD. Die Poesie-Rede ist ein besonderes Highlight des Festivals und die Veranstaltung schon nahezu ausverkauft laut den Organisatoren vom Haus für Poesie in Berlin. Das Poesiefestival wird gefördert durch den Hauptstadtkulturfonds und die Senatsverwaltung für Kultur und Gesellschaftlichen Zusammenhalt. Im Programm stehen vom 4. bis zum 13. Juni im „silent green“ zahlreiche Poesiegespräche, Performances und Themenabende z.B. zu Writing Identies oder Writing Ghosts. Am langen Pfingst-Wochenende lesen auf der Wiese des „silent green“ mehr als 50 Dichterinnen. Zeitgleich findet dort das ZEBRA Poetry Film Festival statt, ebenfalls vom Haus für Poesie veranstaltet. Es zeigt vom 5.6. bis 8.6. mehr als 70 poetische Kurzfilme aus 33 Ländern. Präsentiert werden zudem 21 Finalisten-Filme des diesjährigen internationalen Wettbewerbs sowie weitere kuratierte Programme in der Kuppelhalle des „silent green“.

„… die Existenz musz poetisch sein“, sagte die österreichische Dichterin Friederike Mayröcker einmal. Poesie kann alles sein. Es bedeutet leben mit allen Sinnen, sehen, spüren, wahrnehmen. Den Zauber in alläglichen Dingen sehen, achtsam sein für alles, was um einen herum geschieht und einem begegnet. Das schärft den Blick und stärkt die Erlebnisfähigkeit, Mitgefühl, Offenheit und Kreativität. Es lebt sich damit intensiver, erfüllter. Poesie setzt auf die Kraft der Worte. Sie benennt, mal klar und nüchtern, mal feingeschliffen, freimütig oder hintersinnig, in Bildern, Metaphern oder ganz konkret, was wir denken und fühlen. Sie sammelt, betrachtet und bewahrt Momente, Eindrücke, Erlebtes, Stimmungen. Poesie lässt die Welt außen und in uns auf eigene Weise sichtbar werden. Sie kann den Menschen Trost spenden. Lyrik ist eine Kunstform und ein wichtiges Ausdrucksmittel, um auf aktuelle Ereignisse und gesellschaftliche Entwicklungen zu reagieren, sagt die Pressesprecherin aus dem Haus für Poesie in Berlin. Damit sei Poesie ein Ausgangspunkt, miteinander ins Gespräch zu kommen. Das Ziel des Festivals sei gerade auch, so international wie möglich zu sein, da es die Kapazitäten hierfür im monatlichen Programm im Haus für Poesie so nicht gebe. Zudem biete ein Festival immer wunderbare Gelegenheiten für Begegnungen und Austausch mit den Autoren und dem Publikum zwischen den einzelnen Veranstaltungen im Festivalgelände.

Das heißt auch sich Zeit zu nehmen für diese leise Kunstform, in der heutigen schnelllebigen Zeit innehalten, Worten lauschen, nachdenken, sich anregen und bewegen lassen. Ein neues Lyrik-Format auf dem Poesiefestival Berlin widmet sich Poesie und Sport. Das klingt ungewöhnlich und man stellt sich vor, wie dann die Bälle mit Akribie und Schwung zu neuen Gedankenflügen hin und her fliegen zwischen den Autoren. Es gibt tatsächlich relativ viele Lyriker und Lyrikerinnen, die sich mit den unterschiedlichsten Sportarten beschäftigen und darüber schreiben, heißt es dazu von den Veranstaltern. Dem sei bisher kaum Aufmerksamkeit zugekommen. Das soll sich nun ändern mit dem Writing Sports Day unter dem Motto: „Ball comin`at cha“, am 14. Juni, ab 14 bis 18 Uhr werden jeweils zwei Autoren sich die Bälle zuwerfen und lesen im Clubraum der Akademie der Künste. Um 15 Uhr findet außerdem die Performance „Haus für einen Boxer“ von Sabine Scho im Studiofoyer statt. Das Publikum ist eingeladen zu einem poetisch-sportlichen Programm zum Mitmachen. Für die Zuschauer wird es eine Tischtennisplatte, eine Möglichkeit zum Boxen  und noch weitere Aktivitäten geben. Und natürlich kann dann gegen die Dichter und Dichterinnen angetreten werden. Nachmittags finden außerdem kleine Poesiegespräche statt, bevor abends, um 19.30 Uhr in der „Writing Sports Night“ alle Dichtenden gemeinsam auf die Bühne treten. Ob es um „Ghosts“ oder „Sports“ geht, in alldem findet sich das Thema Körper wie auch Traumata wieder.

Man darf also gespannt sein auf temporeiche Lyrik, die mit den sportlichen Bewegungen mithält, sich anfeuern, anspornen lässt und ihren eigenen Atem und Anspruch behauptet. Ein Spaß und Herausforderung gleichermaßen für Autoren wie Zuhörer und besonderes Erlebnis wird es ganz bestimmt.

Außerdem lockt ein umfangreiches Workshop- und Familienprogramm der poetischen Bildung für Kinder und Erwachsene vom 3. bis 11.6. Bei dem u.a. unter dem Motto: „Von Alienauto bis Zauberzebra“ poetische Animationen mit dem mobilen Sprachlabor „Trickmisch“ in der Grundschule am Fließtal in Reinickendorf an mehreren Tagen angeboten werden. Eine Lyrikwerkstatt für Kinder „Als du Wolke warst“, bei der sie zu fantasievollen Welterkundungen und sprachspielerischen Aktivitäten eingeladen sind, gibt es ausgehend von dem gleichnamigen Buch und dem Band „Zwischen dem Gras – Anleitungen, um ein Gedicht zu finden“ von María José Ferrada (Hagebutte Verlag, München) am 3.6., um 9 Uhr im LesArt, Berliner Zentrum für Kinder- und Jugendliteratur.

Ein offenes Familienprogramm mit Lyriklounge, wo klein und groß mit Instrumenten spielen, poetische Memories puzzeln, Gedichte lesen, Verse reimen und gemeinam spannenden Sprachspaß erspinnen können, wird am 7. Juni, ab 14 Uhr auf der Wiese vom „silent green“ im Wedding angeboten. Neue junge Lyrik kann man hören auf der Preisverleihung vom Bundeswettbewerb Lyrix mit dem Titel „Klar sind gute Gedichte wie Rosen“, die in Kooperation mit dem Haus für Poesie am 11. Juni, um 14 Uhr im Domizil der Kulturbrauerei, Knaackstraße 97 in Berlin (eintrittfrei) stattfindet. Die Preisträger der aktuellen Wettbewerbsrunde im Alter zwischen 15 und 20 Jahren werden bekanntgegeben und ihre Texte lesen. Die eigene Sprache zu finden, darum geht es auch in einem Schreibworkshop mit dem Titel „Breaking the Silence“ mit der Autorin Monika  Herceg am 14.6., um 10 Uhr im Haus für Poesie. Der Workshop ist auf englisch und es geht um das Schweigen in Anbetracht von Schmerz, Liebe, Wunden und Verletzungen und wie es möglich ist, das Schweigen zu brechen. In besonderem Fokus steht der Feminismus.

Zum Abschluss des Poesiefestivals am 15. Juni gibt es einen Lyrikmarkt, auf dem über 40 Verlage und Zeitschriften mit ihren Ständen präsent sein werden in und um die Akademie der Künste (ab 13 Uhr). Zudem kann man dort im Buchengarten hochkarätig besetzte Lesungen (ab 12-17 Uhr) z.B. mit Marion Poschmann und Lutz Seiler, Kerstin Preiwuß, Andreas Reimann und Walle Sayer, Uljana Wolf und Michael Krüger erleben. Es gibt weitere Poesiegespräche und eine Weltklang – Nacht der Poesie (ab 19 Uhr), wo man nochmals ihren verschiedenen Stimmen lauschen, Bekanntes und Neues entdecken und den poetischen Blick mit nachhause in den Alltag nehmen kann.

Text + Foto (lv)

Weitere Infos zum Programm unter: http://www.hausfuerpoeosie.org


Ein neues Lyrik-Format auf dem Festival widmet sich Poesie & Sport. Zu erleben am 14.6., von 14 bis 18 Uhr im Clubraum der Akademie der Künste am Hanseatenweg. Um 19.30 Uhr startet dann die „Writing Sports Night“.

 

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Leipziger Buchmesse mit neuem Besucherrekord beendet

30 Sonntag Mär 2025

Posted by Lilli Vostry in Aktuelles, Lebensart, Literatur, Projekte, Zwischenmenschliches

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Überwältigende Resonanz: 296.000 BesucherInnen auf der Leipziger Buchmesse 2025

Deutschland liebt das Lesen – das hat die Leipziger Buchmesse an den vergangenen vier Tagen eindrucksvoll gezeigt. 296.000 Besucherinnen, und damit 13.000 mehr als im letzten Jahr, haben sich auf Entdeckungsreise durch die Vielfalt der Literatur begeben – sei es an den Ständen der Buchmesse, der Manga-Comic-Con, der Leipziger Antiquariatsmesse und den zahlreichen Leseorten in der Stadt. 2.040 Ausstellerinnen aus 45 Ländern begeisterten das Publikum, darunter das Gastland Norwegen mit seinem „Traum im Frühling“. Im Rahmen von Leipzig liest, Europas größtem Lesefest, fanden dank der 3.000 Mitwirkenden über 2.800 Veranstaltungen an 330 Leseorten statt.

„Worte bewegen Welten − und sie bewegen die Menschen! Die Leipziger Buchmesse war dieses Jahr im wahrsten Sinne des Wortes ein Publikumsmagnet. Wir freuen uns sehr über den riesigen Zuspruch und die Begeisterung gerade junger Menschen für das Lesen und gesellschaftliche Themen. 2025 werden wir definitiv als rauschendes Fest in Erinnerung behalten“, so Martin Buhl-Wagner, Geschäftsführer der Leipziger Messe.

„Es ist großartig zu sehen, wie viel Euphorie das Buch entfacht und wie es Menschen zusammenbringt. Als Ort der Begegnungen, Gespräche und Entdeckungen nimmt die Leipziger Buchmesse eine zentrale Rolle in Deutschland ein – beispielsweise zu Themen wie Künstlicher Intelligenz und Audio, denen wir mit neuen Formaten einen besonderen Raum gegeben haben. Das große Interesse an der Buchmesse zeigt, wie wichtig das analoge Erlebnis nach wie vor ist“, so Astrid Böhmisch, Direktorin der Leipziger Buchmesse.

„Die Leipziger Buchmesse setzte den Herausforderungen in Branche und Gesellschaft Lesebegeisterung und Debattenfreude pur entgegen. In den Messehallen wuselte es, Bücherfans jeden Alters feierten die Literatur und die Vielfalt. Die Buch- und Kreativbranche stößt wichtige gesellschaftliche und politischen Debatten an und unterfüttert sie mit Fakten. Zusammen haben wir gezeigt: Wir gestalten die Zukunft unserer Demokratie mit“, so Karin Schmidt-Friderichs, Vorsteherin des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels.

Preis der Leipziger Buchmesse 2025: Kristine Bilkau, Irina Rastorgueva, Thomas Weiler
Insgesamt wurden 506 Titel von 166 Verlagen für den 21. Preis der Leipziger Buchmesse eingereicht. Ausgezeichnet wurden am ersten Messetag Kristine Bilkau für „Halbinsel“ (Luchterhand), Irina Rastorgueva für „Pop-up-Propaganda. Epikrise der russischen Selbstvergiftung“ (Matthes & Seitz Berlin) sowie Thomas Weiler für seine Übersetzung aus dem Belarussischen von „Feuerdörfer. Wehrmachtsverbrechen in Belarus – Zeitzeugen berichten“ der Autor:innen Ales Adamowitsch, Janka Bryl, Uladsimir Kalesnik (Aufbau).

Leipziger Buchpreis zur europäischen Verständigung
Der belarussische, im Exil lebenden Schriftsteller Alhierd Bacharevič wurde, begleitet von stehenden Ovationen, mit dem diesjährigen Preis für sein Buch „Europas Hunde“ ausgezeichnet. Die Laudatio hielt die Schweizer Literaturkritikerin und Autorin Sieglinde Geisel im Rahmen der offiziellen Eröffnung der Buchmesse im Gewandhaus.

„Traum im Frühling“ – der Gastlandauftritt Norwegens
Für die zahlreichen Fans der norwegischen Literatur erfüllte sich in der Tat ein Traum − konnten sie doch fast 50 AutorInnen in Leipzig treffen, die Neuerscheinungen kennenlernen, sich Bücher signieren lassen und bei den rund 75 Veranstaltungen die Vielfalt der norwegischen Literatur kennenlernen. Sowohl am Gastlandstand als auch bei den Veranstaltungen in der Schaubühne zog Norwegen über die gesamte Dauer der Buchmesse hinweg zahlreiche interessierte BesucherInnen an. Der Gastlandauftritt wurde organisiert von NORLA (Norwegian Literature Abroad).

Ein Fest, das die ganze Stadt in eine Bühne verwandelt: Leipzig liest
Ob im Zoo, im ehemaligen Kinosaal der Stasi, in Erikas Eisdiele oder an Bord des Ausflugsdampfers MS Cospuden: Während Europas größtem Lesefest findet Literatur überall in Leipzig ihren Platz. Dafür sorgten 3.000 Mitwirkende an mehr als 330 Leseorten. Sie brachten LeserInnen und SchriftstellerIinnen bei den rund 2.800 Lesungen, Gesprächsrunden und Veranstaltungen in der Stadt und auf dem Messegelände einander näher.

Ein Zuhause für alle Manga-, Anime- und Comic- Fans
In den Hallen 1 und 3 haben sich auch 2025 wieder tausende Manga-Comic-Con-Fans getroffen, darunter zahlreiche aufwendig kostümierte CosplayerInnen, und das Zusammensein mit Gleichgesinnten genossen. Zu den Highlights zählten die Auftritte der Ehrengäste aus aller Welt sowie die Auszeichnungen des Leipziger Cosplay Wettbewerbs und der ersten Cosplay Performance Meisterschaft Deutschland. Aber auch die Verleihung des Seraph sorgte bei den Phantastik-Fans wieder für Begeisterung.

Erfolgreiche Premiere: Audiowelt, Forum Mensch & KI und BloggerRoom
Ob Hörbuch oder Hörspiel, Streaming-Angebote oder Podcasts – die neue Audiowelt hat mit ihrem abwechslungsreichen Bühnenprogramm großen Anklang bei den BesucherInnen gefunden. Spannende Diskussionen fanden auch im Forum Mensch & KI: Schöne neue Welt? statt. Das Gesprächsforum widmetet sich den Auswirkungen Künstlicher Intelligenz in verschiedenen gesellschaftlichen Bereichen mit besonderem Blick auf den Literaturbetrieb. Auch der neue BloggerRoom BL:OOM mit dem eigens kuratierten Literaturprogramm wurde sehr gut von den Medienschaffenden als zentraler Treffpunkt und Möglichkeit zum Netzwerken angenommen.

Text: Felix Wisotzki, Pressesprecher der Leipziger Messe

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BilderAlbum: Entdeckungen auf der Leipziger Buchmesse 2025 & Lesung aus meinem KatzenBuch „Geliebte Ungeheuer“

29 Samstag Mär 2025

Posted by Lilli Vostry in Aktuelles, In eigener Sache, Lebensart, Literatur, Poesie, Projekte, Zwischenmenschliches

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Auf dem Weg zur Leipziger Buchmesse. Beflügelt Lesen & die Fantasie.
Lesevergnügen am reich gedeckten BücherKunstTisch: Ein Traum wurde wahr mit meinem ersten Buch „Geliebte Ungeheuer“ mit Katzenpoesie, aus dem ich las am Stand von Dorothee Kuhbandner. Beim Lesen der Gedichte steigt das Interesse am Habenwollen deutlich. 🙂 Es war individuell, beglückend und schön, unmittelbar die Reaktionen der Zuhörerin zu erleben.

Mit meinen „Geliebten Ungeheuern“ auf der Leipziger Buchmesse

Im Reich der Bücher locken noch bis morgen, Sonntag von 1ß bis 18 Uhr, zahlreiche neue Bücher, neue Formate und Lesungen in fünf Hallen kleine und große Besucher.

„Worte bewegen Welten“, so heißt das diesjährige Motto der Leipziger Buchmesse. Das klingt groß, kühn und visionär. Wie leicht sind sie dahin gesagt, was können sie wirklich bewirken und welche Worte braucht es dafür, um gehört zu werden?! Zumindest regt es neue Ideen, Impulse und Denkansätze an. Zumindest bewegte sich wieder ein großer, bunter Menschenstrom vom Bahnhof in Leipzig aus in Richtung Messegelände gleich am Eröffnungstag am Donnerstag. Das tat gut zu sehen. Vom Kind an der Hand der Eltern, über junge Leute in Grüppchen, Neugierige, Lesehungrige, alle die mit Büchern und neuen Medien irgendwie umgehen, machten sich erwartungsvoll auf den Weg.

Im Reich der Bücher locken vier Tage lang noch bis Sonntag in fünf Hallen wieder zahlreiche neue Bücher, neue Formate und Lesungen mit bekannten und neuen AutorInnen aus nah und fern. Gastland ist dieses Jahr Norwegen. Schon am Eröffnungstag gab es etliche feurige, fantastische und erlesene Momente. Unter den umher wandelnden Gestalten aus der Manga Comic-Welt mit eigener Messe waren beflügelnde Boten, gehörnte und teuflische Wesen und viele Tiergestalten.

In einer Podiumsdiskussion ging es vor vollen Rängen um „Mensch und KI“, welchen Einfluss künstliche Intelligenz auf Urheberrecht und Schöpfung nimmt. Ein interessantes wie brisantes Thema. Da ging es um sogernannte „Schattenbibliotheken“ mit Datenbanken und Texten, von Hackern und Geschäftemachern von Webseiten von Verlagen und Autoren gestohlen, heruntergeladen und illegal genutzt. Um KI damit zu füttern und zu trainieren wohl als Denkmaschinen. Eine gruslige und absurde Vorstellung, solch künstliche Programme könnten einmal menschliche Gehirne ersetzen, uns vorschreiben und entscheiden wie wir zu denken und handeln haben! Nur Bequemen und Denkfaulen kann das egal sein. Als kreatives Werkzeug und Hilfsmittel oder für Routinearbeiten in der Verwaltung sind entsprechende KI-Entwicklungen sicher vorstellbar. Das Problem der missbräuchlichen Nutzung ist bekannt, seit es E-Books und digitale Medien gibt. Da gibt es noch viel hinsichtlich Urheberrecht neu zu bedenken und regeln. Damit die Selbstbedienungsmentalität ohne etwas dafür zu zahlen im Umgang mit digitalen, leicht zugänglichen Medien nicht überhand nimmt und die Schöpfer der Werke, ob Musik, Bilder oder Blogs wie dieser, auch etwas davon haben.

Katzen & Engel

Sie zieren die Wände am Stand C302 in  Halle 5 bei der Künstlerin und Galeristin Dorothee Kuhbandner aus Radebeul. Ein Augenschmaus, Kunst- und Lesegenuss in einem sind ihre farbenfrohen und witzig originellen  Bücher, Zeichnungen, Türrahmenbilder, Leporellos und Wundertüten mit überraschendem Inhalt. In ihrem Zilp Zalp Verlag, benannt nach dem kleinen Singvogel, erschien im März mein erstes Buch „Geliebte Ungeheuer“ mit Katzenpoesie und ihren zauberhaften Zeichnungen. Es war schön, daraus einige Gedichte zu lesen und etwas Eigenes auf diesem großen Bücherfest dabei zu haben. Es hat geholfen! Mein Katzenbuch hat schon einige Liebhaberinnen gefunden. Meine „Geliebten Ungeheuer“ reisen mit ihnen nun in die Welt hinaus, von Dresden aus, in den Spreewald nach Kassel bis nach Reutlingen an der Schwäbischen Alp, wo sie im Leben nie hinkamen! Das freut mich sehr und dass sie in den Gedichten und Bildern weiter leben, andere Menschen erfreuen und auch trösten mit all den lustigen und traurigen Momenten, die ein Menschen- und Katzenleben bereithält.

An den Ständen nebenan gibt es schöne Dinge aus handgeschöpftem Papier und fantasievolle Druckgrafik zu sehen und erwerben. Die Papierkunst stammt von Ulrike C. Franz am Stand C308. Sie hatte selbst lange Katzen und freute sich über mein handsigniertes Katzenbuch. Ihr erster Kater hieß Amadeus, er war ein Freigänger und wurde 15 Jahre alt. Später hatte sie ein Katzenpärchen, gerade zu der Zeit als Charles und Diana in England heirateten und nannte ihre Schmusetiger nach ihnen. Die elf Junge in einem Wurf bekamen! Das Jüngste und Schwächste behielten sie, diese Katze wurde 25 Jahre alt! So viele neue, schöne Katzengeschichten gleich zu hören nach der Lesung war toll.

Preise der Leipziger Buchmesse für „Halbinsel“, „Feuerdörfer“ und „Pop-up-Propaganda“

Buchpreise und eigene Entdeckungen und Empfinden auf der Buchmesse sind immer wieder spannend und aufschlussreich. Sie spiegeln die Vielfalt der nominierten Bücher, Trends und aktuelle Themen in der Gesellschaft wider, die auch bei der Auswahl und Entscheidung der Jury wohl eine Rolle spielen. Diesen Eindruck konnte man dieses Jahr besonders erleben beim zum 21. Mal verliehenen Preis der Leipziger Buchmesse am Donnerstag in der Glashalle. Die Sonne schien gerade in dem Moment mit aller Kraft aus strahlend blauem Himmel. Aus 506 Einreichungen von 166 Verlagen entschied sich die Jury unter Vorsitz von Katrin Schumacher, Rundfunkredakteurin mit eigener Büchersendung bei MDRKultur, für die Preisträger. Es war von einer „Vergangenheitsausgrabung“ und „Aneinander reiben der Generationen“ die Rede. Der erste Preis in der Kategorie Übersetzung ging an das Buch „Feuerdörfer“ (Aufbau Verlag) mit Zeitzeugenberichten über deutsche Wehrmachtsverbrechen in Belarus. Es erschien im Original vor 50 Jahren und wurde von Thomas Weiler ins Deutsche übersetzt.

Er macht „dieses Feuergedächtnis erstmals deutschen Lesern zugänglich. Das unvorstellbare Leid und Grauen, die politischer Extremismus und Faschismus auslösten, brachten auch den Übersetzer an seine Grenzen“, begründete die Jury ihre Entscheidung. Starker Tobak, erschütternd und kein leichter Lesestoff. Ob der Preis die entsprechende Leserschaft bringt, bleibt zu hoffen. Da hatten es Bücher wie die Neuübersetzung aus dem amerikanischen Englisch ebenfalls nach 50 Jahren von Erica Jongs bekanntem Buch „Angst vorm Fliegen“ über Feminismus und ungezügelte Lust und Liebe auf Männerkörper und der Roman „Umlaufbahnen“ von Samantha Harvey freilich schwer. Macht aber dennoch neugierig und Lust, Erica Jongs Klassiker der Frauenliteratur mal wieder aus dem Bücherregal zu nehmen.

Ohne Preis blieb, aber nicht weniger spannend und gut zu wissen, dass es dieses Buch gibt, auch das Sachbuch „Rainer Maria Rilke oder Das offene Leben“ (Insel Verlag), eine Biographie von Sandra Richter. „Durch sie lernen wir Rilke und sein Leben neu kennen“, lobte die Jury. Den Preis bei den Sachbüchern gewann allerdings das Buch „Pop-up-Propaganda – Epikrise der russischen Selbstvergiftung“ (Matthes & Seitz Berlin) von Irina Rastorgueva. In der Kategorie Belletristik entschied die Jury für den Roman „Halbinsel“ von Kristine Bilkau (Luchterhand Verlag), der von einem Mutter-Tochter- und Generationskonflikt zwischen Idealen, Scheitern und Aufrichtigkeit erzählt. Die Tochter ist Umweltaktivistin, entdeckt in einem Unternehmen Greenwashing und zieht sich völlig desillusioniert zurück in die familiäre Welt und konfrontiert ihre Mutter mit ihren verlorenen Träumen und Ängsten. „Es ist eine Geschichte über eine Mutter, die versucht die Zuversicht ihrer Tochter zu retten, um selbst hoffnungsvoll zu bleiben und sie sehnt sich nach einer Sprache der Aufrichtigkeit“, sagt Kristine Bilkau über ihr Buch. „,Halbinsel` zeigt ein Gesellschaftsbild. Der Roman beunruhigt mit seinen leisen und lauten Fragen an die Gesellschaft“, begründete die Jury ihre Preisvergabe.

So wie der Stoff seinen AutorIn findet, wird auch jedes Buch seine LeserInnen finden, ob nun preisgekrönt oder nicht. Da steht man plötzlich unverhofft auf der Leipziger Buchmesse vor einem Stand der bis dato kaum als Literaturland bekannten Philippinen und wird angenehm überrascht von der Fülle an interessanten, unkonventionellen Büchern, oft sehr ansprechend illustriert aus diesem südostasiatischen Land. Das reicht von Romanen und Comics zu sozialen Themen, politischen Umwälzungen, Klima-Katastrophen und Coming-of-Age-Geschichten bis zu einem bilderreichen Buch über die Straßenkatzen von Manila. Wie schauen sie auf die Welt? Das will ich unbedingt wissen. Philippinische Literatur wartet darauf, entdeckt zu werden. Das Land ist Ehrengast der Frankfurter Buchmesse 2025 im Herbst.
Die Leipziger Buchmesse lockt noch bis morgen, Sonntag, von 10 bis 10 Uhr mit einem reichhaltigen Programm.

Text + Fotos (lv)

http://www.leipziger-buchmesse.de


Handgeschöpfte Papierkunst gibt es am Stand von Ulrike C. Franz und fantasievolle Druckgrafik am Käsebüdchen.

Mit Spannung erwartet: Der Preis der Leipziger Buchmesse für Belletristik ging dieses Jahr an den Roman „Halbinsel“ von Kristine Bilkau.
Fesselnde Lektüre: Eine Besucherin mit ihrem gerade erworbenen Buch „Echokammer“ von Ingar Johnsrud aus Norwegen, der Autor signierte nach seiner Lesung mit viel Resonanz. „Der beste norwegische Thriller der letzten zehn Jahre“, findet krimlitteratur.com

Überraschend reichhaltig, interessant und geheimnisvoll: Die Literaturszene der Philippinen hat in den letzten fünf Jahren ein rasantes Wachstum erlebt und ist erstmals mit einem Stand auf der Leipziger Buchmesse dabei und Ehrengast auf der Frankfurter Buchmesse 2025.

Meine Schätze von der Buchmesse & neugierige Fellwesen
Meine Fellmusen & Buchkatzen Jade & Lina und Lola. Ihnen habe ich mein erstes Buch „Geliebte Ungeheuer“ mit Katzenpoesie gewidmet.

Sonne mit Kaffeeflecken

Gerade noch im Wintergarten
die Weide und ihre Sonnenkätzchen gesehen
fällt ein Schatten auf die Sonne
verfärbt von schwarzem Kaffeesatz
beide Hände voll floss der Strahl
aus der Tasse
Flecken auf den Strahlen
auf dem Tisch liegen meine Schätze
von der Buchmesse
Schneckenpostkarten Lesezeichen
ein Verzeichnis der Insel-Bücherei
eine Lyrikpreis Ausschreibung
eine Karte mit einer Auflistung von Dingen
in denen wir erstaunlich gut sind:
All unser Geld ausgeben
Ignorieren dass wir pleite sind
den leeren Platz mit lauter schönen
neuen Büchern füllen
eine Karte Natur aus Sicht des Menschen
er rot im Mittelpunkt und alles Lebendige
schwarz um ihn herum
und die Natur aus Sicht der Natur
vielfarbig blühend und schwirrend
der Mensch im Kreis mit allem Anderen
„… die Existenz musz poetisch sein“,
verlangt Friederike Mayröcker
anders wäre sie nicht zu ertragen

LV
28.3.2025

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Die Preisträger der Leipziger Buchmesse 2025

28 Freitag Mär 2025

Posted by Lilli Vostry in Aktuelles, Lebensart, Literatur, Projekte

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Vielfältige Auswahl: Die nominierten Bücher für den Preis der Leipziger Buchmesse 2025. Foto (lv)
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Der Preis der Leipziger Buchmesse 2025 geht an Kristine Bilkau, Irina Rastorgueva und Thomas Weiler

Mit Spannung erwartet, ist nun die Entscheidung gefallen: Gestern wurden die Preisträgerinnen der Leipziger Buchmesse 2025 vor einem begeisterten Publikum in der Glashalle ausgezeichnet. In der Kategorie Belletristik entschied sich die Jury für Kristine Bilkau und ihren Roman „Halbinsel“. Den Preis in der Kategorie Sachbuch/Essayistik erhielt Irina Rastorgueva für „Pop-up-Propaganda. Epikrise der russischen Selbstvergiftung“. In der Kategorie Übersetzung würdigte die Jury Thomas Weiler für die Übersetzung von „Feuerdörfer. Wehrmachtsverbrechen in Belarus – Zeitzeugen berichten“ aus dem Belarussischen von Ales Adamowitsch, Janka Bryl und Uladsimir Kalesnik. Insgesamt wurden 506 Titel von 166 Verlagen eingereicht.

Kategorie Belletristik

Kristine Bilkau | „Halbinsel“ | Luchterhand

Begründung der Jury:

„Leicht nacherzählbar scheint dieses Buch zunächst, doch das ist eine Täuschung. Kristine Bilkau trägt sukzessive Schichten von Fragen ab, die verunsichern. Das unerwartet zusammengeführte Duo aus Mutter und erwachsener Tochter braucht mehr als guten Willen für ein neues Lebensmodell. ‚Halbinsel‘ ist ein sensibel gebauter Roman über emotionale Altlasten, über Großzügigkeit und über das Geschäft mit dem Klima-Gewissen.“

Die Autorin:

Kristine Bilkau, 1974 geboren, studierte Geschichte und Amerikanistik in Hamburg und New Orleans. Bereits ihr Romandebüt „Die Glücklichen“ (Luchterhand, 2015) wurde mit dem Franz-Tumler-Literaturpreis, dem Klaus-Michael-Kühne-Preis und dem Hamburger Förderpreis für Literatur ausgezeichnet und in mehrere Sprachen übersetzt. Mit ihrem Roman „Nebenan“ (Luchterhand, 2022) stand sie auf der Shortlist des Deutschen Buchpreises. Kristine Bilkau lebt mit ihrer Familie in Hamburg.

Kategorie Sachbuch/Essayistik

Irina Rastorgueva | „Pop-up-Propaganda. Epikrise der russischen Selbstvergiftung“ | Matthes & Seitz Berlin

Begründung der Jury:

„Der Comic in der Mitte zeugt von bitterem Humor. Der Ernst der Lage zeigt sich im Text, der so einige Rätsel löst, die sich seit dem russischen Überfall auf die Ukraine angestaut haben. Irina Rastorgueva seziert die Gesellschaft, indem sie die Sprache analysiert. Was sie ‚Pop-up-Propaganda‘ nennt, ist eine Art ‚LTI‘ für Putins Russland, eine Bestandsaufnahme diktatorischen Sprechens in dem Sinne, wie Victor Klemperer es einst tat.“

Die Autorin:

Irina Rastorgueva, 1983 in Juschno-Sachalinsk geboren, ist Autorin, Grafikerin und Übersetzerin. Sie studierte Philologie an der Staatlichen Universität Sachalin und arbeitete als Kulturjournalistin und Dozentin für Journalistik. 2011 gründete sie das Kulturmagazin „ProSakhalin“. Von 2011 bis 2017 war sie Dramaturgin am Tschechow-Theater Sachalin. Gemeinsam mit Thomas Martin gibt sie die Werke von Georgi Demidow im Verlag Galiani heraus.

Kategorie Übersetzung

Thomas Weiler | Übersetzung aus dem Belarussischen: „Feuerdörfer. Wehrmachtsverbrechen in Belarus – Zeitzeugen berichten“ von Ales Adamowitsch, Janka Bryl, Uladsimir Kalesnik | Aufbau

Begründung der Jury:

„Anfang der 1970er Jahre haben Ales Adamowitsch, Janka Bryl und Uladsimir Kalesnik mit Hunderten Überlebenden aus von der Wehrmacht niedergebrannten belarussischen Dörfern gesprochen. Thomas Weiler macht die unvorstellbaren Aussagen der Dorfbewohner:innen nun erstmals einer deutschen Leserschaft zugänglich. Seine am Mündlichen orientierte Übersetzung entlarvt die entsetzliche Grausamkeit des Erlebten und zeigt die Grenzen der Sprache in der brennenden Wahrheit dieser Berichte auf.“

Der Autor:

Thomas Weiler, 1978 im Schwarzwald geboren, absolvierte ein Diplom-Übersetzerstudium in Leipzig, Berlin und Sankt Petersburg. Seit 2007 ist er als freier Übersetzer aus dem Polnischen, Russischen und Belarussischen tätig. Thomas Weiler übersetzt Belletristik, Lyrik und Kinderbücher. Er erhielt u. a. den Deutschen Jugendliteraturpreis, den Karl-Dedecius-Preis, den Paul-Celan-Preis und die August-Wilhelm-von-Schlegel-Gastprofessur für Poetik der Übersetzung.

Die Leipziger Buchmesse findet vom 27. bis 30. März 2025 statt. Tickets sind im Online-Ticketshop erhältlich.<

Text: Felix Wisotzki, Pressesprecher Leipziger Messe

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Programm der Leipziger Buchmesse 2025 unter dem Motto: „Worte bewegen Welten“

26 Mittwoch Mär 2025

Posted by Lilli Vostry in Aktuelles, Lebensart, Literatur, Projekte, Zwischenmenschliches

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Die Kraft der Worte, zahlreiche neue Bücher und neue Formate
sorgen für Vielfalt der Begegnungen

Morgen öffnet die Leipziger Buchmesse und lädt für vier Tage, vom 27. bis 30. März, unter dem Motto „Worte bewegen Welten“ Literaturbegeisterte zum Entdecken und Diskutieren ein. Mit 2.040 Ausstellerinnen aus 45 Ländern sowie einem Flächenzuwachs im zweistelligen Bereich setzt die Messe auch 2025 ein starkes Zeichen für die Bedeutung des Buches und positioniert sich erneut als wichtige Dialogplattform, die unterschiedliche Meinungen und Perspektiven zusammenbringt.

Die Leipziger Buchmesse 2025 verspricht erneut ein Fest der Literatur und der Begegnung zu werden. BesucherInnen können sich auf ein vielfältiges Programm und zahlreiche Highlights freuen. Martin Buhl-Wagner, Geschäftsführer der Leipziger Messe, betont: „Der große Zuspruch für die Leipziger Buchmesse zeigt, welch hohen Stellenwert sie für die Verlage hat, um die eigene Marktpräsenz zu stärken. Hier können sie ihre Autorinnen und Autoren dem begeisterten Publikum vorstellen.“
Astrid Böhmisch, Direktorin der Leipziger Buchmesse, ergänzt: „Die Buchmesse ist ein Ort, der über die Kraft der Worte und der Literatur Menschen unterschiedlicher Hintergründe verbindet und ins Gespräch bringt. Sie steht für Austausch und Begegnungen, die wir auf vielfältige Weise ermöglichen.“

Wichtige Branchentrends: Neue Formate bereichern die Leipziger Buchmesse

Wer Bücher gern hört, kommt in der neuen Audiowelt in Halle 2 voll auf seine Kosten. Damit reagiert die Leipziger Buchmesse auf die wachsende Beliebtheit von Hörbüchern und Podcasts. Auf der Audio-Bühne kann das Publikum stimmgewaltige SprecherInnen und AutorInnen live erleben. Drei Hörinseln laden dazu ein, in entspannter Atmosphäre zu verweilen und exklusive Hörproben zu genießen.
Der rasante Aufstieg Künstlicher Intelligenz ist faszinierend – und wirft viele Fragen auf. Das neue Forum Mensch & KI: Schöne neue Welt? in Halle 5 widmet sich in Vorträgen und Podiumsdiskussionen den Auswirkungen, die KI auf unsere Gesellschaft, auf Literatur, Kunst, Journalismus, Bildung und Verlagswesen hat.
Mit dem BloggerRoom BL:OOM bietet die Messe einen Ort speziell für BloggerInnen. In dem neu geschaffenen Bereich in der Glashalle können sie sich vernetzen, neueste Trends diskutieren und bei exklusiven Literatur-Veranstaltungen mit AutorInnen in Kontakt treten.

Leipzig liest: Europas größtes Lesefest mit Gästen aus aller Welt

Zur Buchmesse findet Leipzig liest statt, Europas größtes Lesefest mit rund 2.800 Veranstaltungen an mehr als 330 Leseorten. Das Festival bringt LeserInnen und SchriftstellerInnen bei zahlreichen Lesungen und Veranstaltungen ganz nah zusammen. Vom 27. bis 30. März hat das Publikum von Leipzig liest die Chance, internationale Literaturstars wie die NobelpreisträgerInnen Olga Tokarczuk und Swetlana Alexijewitsch zu treffen und BestsellerautorInnen wie Cecelia Ahern, Lídia Jorge, Mircea Cărtărescu oder Chris Whitaker live zu erleben. Auch zahlreiche deutsche Publikumslieblinge wie Sebastian Fitzek, Helene Hegemann, Marc-Uwe Kling, Wolf Haas oder Katharina Hacker sowie spannende NewcomerInnen und literarische Stimmen aus vielen Teilen der Welt präsentieren in Leipzig ihre Werke und diskutieren die Themen unserer Zeit.

Gastland Norwegen: Literatur, die neue Perspektiven eröffnet

Norwegen, das diesjährige Gastland, bereichert die Messe mit seinem Programm unter dem Motto „Traum im Frühling“. Fast 50 norwegische AutorInnen vertreten die literarische Bandbreite des Landes – von zeitgenössischer Literatur über Sachbücher bis hin zu Kinder- und Jugendliteratur, norwegischen Kriminalromanen (Nordic Noir) und Sámi-Literatur. Erwartet werden prominente norwegische SchriftstellerInnen wie Karl Ove Knausgard, Johan Harstad oder Maja Lunde.

Spannende Preisverleihungen

Zu den Höhepunkten zählt die Verleihung des Preises der Leipziger Buchmesse am 27. März in der Glashalle. Ausgezeichnet werden herausragende Werke der deutschsprachigen Gegenwartsliteratur. Zudem wird am 28. März im Congress Center Leipzig erstmals der deutsch-französische Franz-Hessel-Preis auf der Leipziger Buchmesse verliehen. Er prämiert zeitgenössische Literatur, die jeweils im Nachbarland noch wenig bekannt ist. Ebenfalls am 28. März wird auf der Großen Bühne in Halle 3 der SERAPH für den besten deutschsprachigen Roman im Phantastik-Genre vergeben.

Noch mehr Angebotsvielfalt für Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene

Kleine und große LeserInnen können in diesem Jahr in noch aufregendere Welten eintauchen: So wächst das Kinder- und Jugendbuchprogramm und umfasst neben Halle 3 nun auch Angebote in Halle 5. Die Phantastik erhält ebenfalls mehr Ausstellungsfläche – zur Freude der Fans von Fantasy, Science-Fiction oder Horror. Die Manga-Comic-Con in den Hallen 1 und 3 wird erneut zum Treffpunkt für Manga-, Comic-, Anime-, und Cosplay-Begeisterte. Die New-Adult-Angebote verteilen sich auf mehrere Hallen, um BesucherInnen einen größtmöglichen Entdeckungsspielraum zu bieten.

Dass Bücher und digitale Medien untrennbar mit Lernen und Lehren verbunden sind, beweist das pädagogische Programm FOKUS BILDUNG, das die Leipziger Buchmesse zur zweitgrößten Bildungsmesse Deutschlands macht. Kreativ ausprobieren können sich Kinder und Jugendliche in den rund 90 Workshops auf dem JugendCampus UVERSE in Halle 2.

Weitere Highlights und Schwerpunkte

Das Forum Offene Gesellschaft bietet eine wichtige Bühne für die großen Fragen unserer Zeit. Hier wird über Angriffe auf unsere Demokratie diskutiert, über Erinnerungskultur, gesellschaftliche Resilienz und vieles mehr.

Wie es einem Land und seinen Menschen unter Kriegsbedingungen geht, zeigt die Ukraine auf ihrem Messestand. Ukrainische AutorInnen sprechen auf der Ukraine-Bühne und im Café Europa über Krieg, Literatur und Widerstand.

Das Literatur- und Übersetzungsnetzwerk TRADUKI bringt zeitgenössische Werke aus Südosteuropa und dem Balkan nach Leipzig – mit Themen wie Flucht, Migration und Identität.

Das Forum Die Unabhängigen bietet unabhängigen Verlagen eine Plattform, ihre literarische Vielfalt und Qualität zu präsentieren.

LiebhaberInnen historischer Werke finden auf der Antiquariatsmesse seltene und wertvolle bibliophile Schätze, Manuskripte und Drucke vergangener Jahrhunderte.

Die Leipziger Buchmesse findet vom 27. bis 30. März 2025 statt. Tickets sind im Online-Ticketshop erhältlich. Einblicke ins Programm sind hier möglich.

Text: Felix Wisotzki, Pressesprecher Leipziger Messe

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Leipziger Buchmesse 2025: Nominierte für den Preis der Leipziger Buchmesse

25 Dienstag Mär 2025

Posted by Lilli Vostry in Aktuelles, Lebensart, Literatur, Projekte, Zwischenmenschliches

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Diese 15 AutorInnen sind für den Preis der Leipziger Buchmesse nominiert

Jedes Jahr würdigt der Preis der Leipziger Buchmesse herausragende Werke, die die deutschsprachige Gegenwartsliteratur bereichern. Jetzt steht fest, welche Titel und Autorinnen in diesem Jahr ins Rennen gehen. Die siebenköpfige Jury hat aus 506 eingereichten Titeln 15 Werke in den Kategorien Belletristik, Sachbuch/Essayistik und Übersetzung ausgewählt.

Für die Nominierten steigt die Spannung: Am 27. März um 16 Uhr werden die GewinnerInnen auf der Großen Bühne in der Glashalle bekanntgegeben.

„Aus dem Leserausch heraus drei Listen zu kondensieren, war intensive Diskussionsarbeit, beflügelt von der Güte der Entdeckungen. Mit der Nominiertenliste ist uns hoffentlich ein mit Neugier kuratierter Blick auf die Gegenwartsliteratur gelungen, die derzeit dringliche Themen unserer Gesellschaft auf Mikro- und Makroebene verhandelt, kommentiert und in ihre jeweilige literarische Kunst fasst“, so die Juryvorsitzende Katrin Schumacher.

Die Nominierten 2025 sind:

Belletristik

Kristine Bilkau: „Halbinsel“ (Luchterhand, 19.03.2025)
Esther Dischereit: „Ein Haufen Dollarscheine“ (MaroVerlag, 08.10.2024)
Wolf Haas: „Wackelkontakt“ (Hanser, 09.01.2025)
Christian Kracht: „Air“ (Kiepenheuer & Witsch, 13.03.2025)
Cemile Sahin: „Kommando Ajax“ (Aufbau, 17.09.2024)

Sachbuch/Essayistik

Maike Albath: „Bitteres Blau. Neapel und seine Gesichter“ (Berenberg, 28.08.2024)
Jens Bisky: „Die Entscheidung. Deutschland 1929 bis 1934“ (Rowohlt Berlin, 15.10.2024)
Harald Meller, Kai Michel, Carel van Schaik: „Die Evolution der Gewalt. Warum wir Frieden wollen, aber Kriege führen. Eine Menschheitsgeschichte“ (dtv, 17.10.2024)
Irina Rastorgueva: „Pop-up-Propaganda. Epikrise der russischen Selbstvergiftung“ (Matthes & Seitz Berlin, 31.10.2024)
Sandra Richter: „Rainer Maria Rilke oder Das offene Leben. Eine Biographie“ (Insel, 13.01.2025)

Übersetzung

Olaf Kühl übersetzte aus dem Polnischen: „Kälte“ von Szczepan Twardoch (Rowohlt Berlin, 16.04.2024)
Lilian Peter übersetzte aus dem amerikanischen Englisch: „Angst vorm Fliegen“ von Erica Jong (Ecco, 25.06.2024)
Verena von Koskull übersetzte aus dem Italienischen: „Die Eisenbahnen Mexikos“ von Gian Marco Griffi (Claassen, 01.08.2024)
Thomas Weiler übersetzte aus dem Belarussischen: „Feuerdörfer. Wehrmachtsverbrechen in Belarus – Zeitzeugen berichten“ von Ales Adamowitsch, Janka Bryl, Uladsimir Kalesnik (Aufbau, 11.11.2024)
Julia Wolf übersetzte aus dem Englischen: „Umlaufbahnen“ von Samantha Harvey (dtv, 14.11.2024)

Die Nominierten am Tag der Preisverleihung in Leipzig

Bevor die GewinnerInnen des Preises der Leipziger Buchmesse am ersten Messetag feierlich verkündet werden, rücken noch einmal alle Nominierten ins Rampenlicht. Die Jury präsentiert die Autor:innen und ihre Werke: Den Auftakt macht die Kategorie Belletristik, deren Nominierte um 11 Uhr im Forum Literatur (Halle 2, Stand F400) vorgestellt werden. Um 12 Uhr folgt die Präsentation der Nominierten in der Kategorie Sachbuch/Essayistik im Forum Sachbuch (Halle 5, Stand E700). Die Nominierten der Kategorie Übersetzung haben ihren großen Moment um 13 Uhr im Forum Literatur (Halle 2, Stand F400).

Am zweiten Messetag haben zwei der frisch gekürten Preisträger:innen ihren eigenen Auftritt: Um 11 Uhr ist der, die GewinnerIn der Kategorie Belletristik in der Bloggerlounge BL:OOM zu Gast. Um 15 Uhr kommt der, die PreisträgerIn der Kategorie Übersetzung zu Lesung und Gespräch ins Übersetzungszentrum im Forum International.

Ausgewählt wurden die Nominierten 2025 von den Jurymitgliedern Katrin Schumacher, Kais Harrabi, Judith von Sternburg, Zita Bereuter und Thomas Hummitzsch, die erstmals mit dabei sind, sowie den bestehenden Jurymitgliedern Cornelia Geißler und David Hugendick. Der Preis der Leipziger Buchmesse ist mit insgesamt 60.000 Euro dotiert. Der Freistaat Sachsen und die Stadt Leipzig unterstützen den Preis. Partner ist das Literarische Colloquium Berlin. Als Medienpartner fungieren das Kundenmagazin buchjournal, der Deutschlandfunk Kultur und die WELT AM SONNTAG.

Alle Infos unter: www.preis-der-leipziger-buchmesse.de

Die Leipziger Buchmesse findet vom 27. bis 30. März 2025 statt. Tickets sind im Online-Ticketshop erhältlich.

Felix Wisotzki, Pressesprecher Leipziger Messe

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Wenn das Licht den Sternenhimmel verdeckt… Ein Buch über „Das Verschwinden der Nacht“ von Johan Eklöf

08 Samstag Feb 2025

Posted by Lilli Vostry in Lebensart, Literatur, Natur

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Gedanken zum Buch von Johan Eklöf

Von Michael Gilbert

Das Verschwinden der Nacht

Das Leben auf der Erde ist in der Nacht mindestens so vielfältig wie das Leben am Tag. Wir Menschen sind in der Dunkelheit nicht zu Hause, sondern nur zu Besuch. So entsteht die „Nyctophobie“, die Angst vor der Nacht. Sie wird sowohl genetisch als auch kulturell weitervererbt. Ergebnis: Wir machen die Nacht zum Tage.

Das bekommt vielen Lebewesen nicht gut: Viele Kleintiere, insbesondere Insekten und Falter sind nachtaktiv, die Dämmerung und die Nacht ist für sie lebenswichtig. Das betrifft 2/3 aller Wirbellosen und auch 1/3 der Wirbeltiere! Ihr Lebenszyklus ist vom Tag-Nacht-Rhythmus abhängig. In der Dämmerung orientieren sich die nachtaktiven Lebewesen an den Mondphasen: Diese haben Auswirkungen auf ihre räumliche Orientierung und auch auf ihre Paarung – und Vermehrungszyklus. Das Mondlicht wird durch nächtliches Kunstlicht überstrahlt und von einigen Lebewesen nicht mehr ausreichend wahrgenommen.

Einige Fledermausarten werden durch künstliches Licht daran gehindert, ihr Schlafquartier aufzusuchen, Vögel können sich auf ihrer nächtlichen Reise nicht mehr am Sternhimmel orientieren, sondern verirren sich zwischen angestrahlten Hochhäusern in den Städten. Zudem verschwindet ihre wichtigste Nahrungsquelle, die Insekten dramatisch.

Neben den Lichteinflüssen scheinen die Ackergifte eine Hauptursache dafür zu sein, denn sie verursachen einen Kahlschlag unter den Pflanzen und Kleintieren auf dem Feld. Das Anthropozän, das „Zeitalter des Menschen“ hat die Welt gewaltig verändert. Es hat sich sehr viel Gutes entwickelt, es gab „Erleuchtung“ in vielfacher Hinsicht, Aber auch Zerstörung: großer Teile der Natur durch Raubbau, ungebremsten Konsum und Energieverschwendung.

Ein Teil dieser Energieverschwendung hat besondere Auswirkungen auf die Tierwelt: Die Lichtverschmutzung, das beschreibt der Autor eindrucksvoll in diesem Buch. Es ist das Übermaß an künstlichem Licht, was die uralten Lebensrhythmen unzähliger Tierarten verändern und letztlich nicht wenige in ihrer Existenz auslöschen.

Die Lichtverschmutzung zerstört nicht nur die wunderbare Artenvielfalt um uns  herum, sondern sorgt auch bei uns für Schlafstörungen, Depressionen und Fettleibigkeit. In manchen Fällen kann eine Krebskrankheit entstehen. Je größer der Ultraviolett- und Blauanteil des Lichts, desto stärker die Anziehungskraft auf Insekten und damit die negativen ökologischen Auswirkungen. Am schädlichsten wirkt die zurzeit noch sehr weitverbreitete, ausgesprochen ineffiziente Quecksilberdampf-Hochdrucklampe mit hell weißem Licht und relativ hohem UV-Lichtanteil. Auch das planlose Umrüsten auf energiesparende LED-Technik kann negative Auswirkungen haben. Zum einen, wenn dabei das Beleuchtungsniveau erhöht und nicht an den tatsächlichen Bedarf angepasst wird. Auch das Lichtspektrum muss naturfreundlich sein, also im warmen/gelblichen Bereich liegen. Zum anderen, wenn die Lampen in unpassenden Leuchtkörpern so installiert werden, dass sie in den Himmel oder die Horizontale abstrahlen.

Als erstes Mitglied der EU führte die Tschechische Republik 2002 ein nationales Gesetz ein, das sich ausschließlich der Verringerung von Lichtverschmutzung widmet. Slowenien folgte kurz danach. Großbritannien erließ 2005 den Clean Neighborhoods and Environment Act, mit dem Lichtverschmutzung zu einem Verbrechen erklärt wurde. In Schottland unterliegt die Bekämpfung der Lichtverschmutzung jetzt dem Public Health Act (Scotland Act 2008), während sie in Nordirland unter den Clean Neighborhoods and Environment Act 2011 fällt.

Ende 2015 startete die EU ihr STARS4ALL-Projekt, das die Menschen über Lichtverschmutzung informieren und gleichzeitig Lösungsansätze zur Behebung des Problems fördern soll. Insbesondere Katalonien hat in den frühen 2000er Jahren mehrere Verordnungen rund um die Lichtverschmutzung erlassen. Und am 1. Januar 2021 hat Frankreich einige der fortschrittlichsten Vorschriften rund um die Außenbeleuchtung und den Schutz des Nachthimmels erlassen.

Hier schreibt einer mitten aus der erlebten Natur heraus, mit großer Sachkenntnis und ohne Pathos. Die Beschreibung der Vorgänge und Lebenszyklen der Tiere, vor allem Insekten und Fledermäuse, ruft bei mir Staunen und Bewunderung hervor und lässt mich über Konsequenzen nachdenken.

Dieses Buch ist für mich ein lehrreiches Lesevergnügen! Wer sich wirklich für die Natur interessiert, sollte es lesen.

Das Buch „Das Verschwinden der Nacht“ von Johan Eklöf erschien im Verlag Droemer-Knaur, Preis 22 Euro.

http://www.droemer-knaur.de

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Ein von Raben gestohlener Pass & eine Liebesgeschichte in Zeiten des Umbruchs: der Roman „Joanna“ von Hans-Haiko Seifert

04 Dienstag Feb 2025

Posted by Lilli Vostry in Aktuelles, Lebensart, Literatur, Unterwegs, Zwischenmenschliches

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Zärtliche Zischlaute, Eric Clapton im Stalinpalast und selbst gebrautes Bier aus der Waschmaschine

Mit seinem ersten Roman „Joanna“ erzählt der Dresdner Autor Hans-Haiko Seifert episodenreich in 67 Geschichten eine wunderbare, abenteuerliche, geheimnisvolle und spannende Liebesgeschichte, die im Sommer des Aufbruchs 1980 in Polen spielt.

Gerade als er aufbricht in jenem Herbst, kehrt der Sommer noch einmal zurück ins Tal, hockt noch behäbig in den Weinbergen und auf den Wiesen am Fluss. Doch für ihn gibt es kein Halten mehr! Ein bisschen wehmütig, ein bisschen belustigt macht Georg sich auf den Weg, jedoch nicht in den Westen wie viele andere damals aus Ostdeutschland, sondern in Richtung Osten, nach Warschau. Verlässt das „schlafende Land“ wie er die DDR nennt und die „schlafende Stadt“ Dresden. Hat genug von den „Belehrern und Bekehrern, den Weltvermessern und Grenzenabsteckern.“, von Tristesse, verfallenen, schmutzigen Häusern, die zurückbleiben. Er versteht kein Wort Polnisch, kennt nicht die Gepflogenheiten dort, er will nur weg, in ein neues, anderes Morgen und sich frischen Wind um die Nase wehen lassen. Stürmischen Ostwind gibt es häufig in Warschau an der Weichsel und vieles Andere, Aufregende, Ungewohnte. Und kaum hat Georg, 22 Jahre, der zum Studium hergekommen ist, sich etwas eingelebt, beginnt in Polen der Sommer des Aufbruchs 1980 und wird er Augenzeuge großer Veränderungen und Weichenstellungen der Weltgeschichte.

Eine Reise, die tief in die Vergangenheit führt mit Erzähl-Stationen, die wie am Zugfenster vorbeifliegende, wechselnde Landschaften und Orte aufscheinen, die faszinieren, erschrecken, sich festhaken oder wieder verschwinden, ist „Joanna“ von Hans-Haiko Seifert. Es ist ein Roman in 67 Erzählungen, die wie Streiflichter, ein Puzzle aus Erinnerungen, Eindrücken, Episoden und Begegnungen miteinander verwoben sind zu einem Ganzen, einem prägenden Kapitel im Leben des Ich-Erzählers (erschienen 2024 im Thelem Verlag, 400 Seiten, 24,80 Euro.) Es ist sein erster Roman. Man kann es hintereinander lesen oder einzelne Geschichten herausgreifen, die mit Überschriften versehen in sich abgeschlossen sind, manche nur zwei Seiten kurz, andere über 15 Seiten lang.

Der Erzählfaden wird immer weiter geknüpft, man sieht und erlebt mit den Augen von Georg als Beobachter, Fremder und Wahlwarschauer, wie er lebhaft atmosphärisch und detailliert das „Lied der fremden Stadt“, ihren Rhythmus und ihre Alltagsgeräusche, im Stakkato der Presslufthämmer, Kirchenglocken, Fluchen der Männer und Geschrei spielender Kinder auf der Straße wahrnimmt. Wie er in einer Milchbar ein einfaches Frühstück bestellt, kaum ein Wort versteht, und kalte Nudeln mit Erdbeersoße zum süßen Milchkaffee bekommt. Wie er zufällig im Gmach Glówny, dem Hauptgemach der Technischen Hochschule, einem Gebäude voll labyrinthischer Gänge in einem Raum eine hingebungsvoll spielende, junge Cellistin in nachtblauem Samtkleid und langem Haar sieht, ein paar Worte mit ihr wechselt. Sie reden über Philosophie, über Dinge, die man nicht anfassen und dennoch begreifen kann wie die Liebe. Sie lachen über die Raben, die seinen Pass gestohlen haben aus dem Rucksack am Fenster. Zum Abschied küsst sie Georg auf die Wange und flüstert ihm mit leisem Wispern und Zischeln etwas ins Ohr, das er nicht versteht. Dann ist sie schon verschwunden und er weiß nicht einmal ihren Namen.

Mit „Joanna“ erzählt Seifert eine wunderbare, abenteuerliche, geheimnisvolle und spannende Liebesgeschichte in Zeiten des Umbruchs. Auf der Suche nach ihr lernt Georg die riesige Stadt und ihre Menschen näher kennen, taucht tief in ihre Geschichte und Kultur ein. Dabei schildert er kenntnisreich, liebevoll, mit leicht ironischem Unterton und nahegehend wie aus Träumen und Erinnerungen aufsteigende Lebenswege und Schickale, die manchmal abrupt abbrechen. Wie er muss sich auch der Leser erst einmal hinein und zurecht finden in der Fülle von Namen, Straßen und Plätzen voll schwer aussprechbarer Zischlaute. Musik spielt eine große Rolle im Buch, von Bach, Frank Zappa, Eric Clapton-Konzert im Stalinpalast bis zu Georg Friedrich Händels „Der Messias“ und er spielt mit dem Wortklang der anderen Sprache. Es passieren seltsame Dinge. Ein Messingkästchen fällt in einen Lichtschacht im Gmach Glówny, mit dem es eine besondere Bewandtnis hat. Ein polnischer Philosophieprofessor erklärt Georg die jüdische Weisheitslehre und Zahlenmystik der Kabbala. Eine Verkäuferin im weißen Kittel, mütterlich und mit großem Busen und Herz, steckt dem Student ein eisiges Hühnchen unter den Pullover, während draußen eine Schlange Frauen in dicken Wintersachen ungeduldig auf Fleisch wartet, das gerade mal wieder rar ist in Krisenzeiten. Davon kocht er später eine stärkende Hühnersuppe gegen seine Erkältung.

Nacheinander tauchen verschiedene Figuren in den Geschichten auf, die Georg ein Stück des Weges begleiten und von denen er erzählt. Begonnen bei Pani Gosia, der alten Pförtnerin im Wohnheim, die ihm ansieht wie es ihm geht und ein selbst gebundenes Schreibheft für seine Notizen gibt, Piotr, der Pole aus Chicago im Zug nach Warschau, den er später in einer Kirche wiedertrifft, wo er endlich auch Joanna wiedersieht, die dort musiziert. Jacek, sein Mitbewohner, ein Hüne im Holzfällerhemd, der aus einem Dorf im Urwald von Bialowiez stammt und wunderliche altdeutsche Worte aus Grimms Märchen sagt, die er im Deutschunterricht lernte. Es stellt sich heraus, dass Georg sich mit dem falschen Namen als Grzegorz, auf deutsch Gregor, angemeldet hat. Georg heißt auf polnisch Jerzy. Und Jacek erklärt ihm das Wort „Demoludy“. Das klingt wie Demolieren, sei aber die Abkürzung für alles hier, also „demokracje ludowe“, Volksdemokratien. „Ostblock eben. Dieser ganze Schrottladen“, sagt Jacek, der sich heimlich mit Wojtek in der Protestbewegung Solidarnosc engagiert. Wojtek vom Radio Akademik, der schon am Morgen seine Sendung mit Led Zeppelin begann. Der Violinstudent von der „Fliegenden Uni“, die in Wohnzimmern heimlich Vorlesungen in Geschichte und Politik mit kritischen Dozenten veranstalten. Einmal steht er mit zugeschwollenem Auge und Resten von Blut an der Nase und dem weißen Hemd im Zimmer, nachdem die Vorlesung überfallen wurde. Die Studenten bestellen Hektographie-Geräte aus Düsseldorf, um Flugblätter zu kopieren. Immer hinter Georg her, mehr als ihm lieb ist, ist Mitstudentin Sibylle, die mit ihrem kurzen schwarzen Haar Joan Baez, der amerikanischen Liedermacherin ähnelt, doch sehr beflissen auf die offizielle Linie achtet und Georg regelmäßig das Parteiblatt „ND“ an die Türklinke klemmt, das gleich auf dem Stapel neben der Tür landet. Herrlich komisch die Szene, als Jacek in einer alten Waschmaschine WM 66 in Georgs Zimmer Bier braut! Und Joanna ihr Cello gerade noch so vor Nässe und Hitze retten kann. Wenig später stoßen sie nach Wojteks Radiosendung zum Streik der Werftarbeiter in Gdansk zusammen mit dem selbst gebrauten Bier an und nennen es Piwo Solidarnosci, Solidaritätsbier.

Es ist die Geburtsstunde der ersten Freien Gewerkschaften Anfang der 1980er Jahre in Polen, die Arbeiter stellen politische Forderungen für ihre Rechte, es geht um Pressefreiheit und Freiheit der politischen Gefangenen. An den Hochschulen gründen sich unabhängige Studentengewerkschaften. Jacek sagt spöttisch zu Georg, als der im „ND“ vergebens einen Beitrag über den Streik in Gdansk sucht, in Deutschland seien „Revolutionen untersagt. Weil es verboten ist, den Rasen zu betreten!“

Wenig später steht Georg mit Joanna in einem wilden, verlassenen Garten am Stadtrand von Warschau, auf einem Hausdach, voller Blumen und Gemüse, die in Eimern und Zinkbadewannen wachsen und auf dem Tisch steht noch eine Flasche Apfelsaft, der wie Bernstein schimmert durch das gefrorene Eis. Das wirkt surreal, traumhaft und endet jäh, als plötzlich der Sicherheitsoffizier und sein Mitarbeiter vom brutalen Verhör vorher durch die Dachtür heraustreten und Georg und Joanna in der Laube den Atem anhalten. Das wirkt schon etwas aufgesetzt so ein Zufall. Ähnlich rätselhaft seine Familiengeschichte mit dem unbekannten Großvater. Georgs Mutter schickt ihm eines Tages ein Päckchen, in dem eine alte Kiste, in der er seine Buntstifte aufbewahrte, mit Familienfotos liegen, die seine Eltern fanden als sie Großmutters Wohnung ausräumten. Er sieht es an und staunt über die Ähnlichkeit nach zwei Generationen und fragt sich, warum er ihn nicht kannte, ob er jung gestorben ist?

Unterwegs sieht Georg immer wieder einen alten Mann im langen, schwarzen Mantel, mit dichtem Bart und traurigen Augen, dem er quer durch die Stadt folgt, der ihn aufmerksam und schweigend mustert, als erinnere er ihn an jemand und der ihm dicht beschriftete Papierrollen, auf die Ränder von abgeschnittenem Zeitungspapier geschrieben, mit seiner Lebensgeschichte stumm überreicht. Diese Erzählungen von „Mendels Rollen“, einem jungen Mann, der in einem Dorf in Galizien mit seiner Mutter und Geschwistern aufwuchs, Bücher und die alten Schriften liebte und da seine Familie arm war, beim Rabbi speisen durfte und den er zu seinem Bruder nach Warschau schickte, um bei ihm zu wohnen und weiter zu lernen und studieren und dann kommt alles anders, ragen heraus aus dem Buch und bieten schon reichlich Stoff für einen Fortsetzungsroman. So bleibt vieles fragmentarisch. Es geht um eine heute fast vergessene, im Zweiten Weltkrieg untergegangene Kultur, um einstiges jüdisches Leben in Warschau, bei dem Glanz und Elend, Freud, Leid, Hoffnung und Enttäuschung nah beieinander liegen bis zum mutigen, dramatischen Aufstand im Warschauer Ghetto gegen die deutschen Nationalsozialisten. Diese Erzählungen von Mendel, der einst in Warschau frohen Mutes ankam in ähnlichem Alter wie Georg, berühren und erschüttern besonders in diesem Buch, weil man auch wenig weiß über damaliges jüdisches Leben. Alle Figuren sind frei erfunden. Die Aufzeichnungen des Mendel sind inspiriert durch Roman Vishniacs Fotografien in den beiden Bänden „Verschwundene Welt“ und „Wo Menschen und Bücher lebten“, erfährt man vorn im Buch. Dass dieses auch autobiographische Züge des Autors hat, lässt sich erahnen. Einmal fragt sich Georg, ob er jetzt in dieser Stadt heimisch sei und stellt fest: „Wo immer ich etwas zu lesen hatte, war ich zu Hause!“

Zum Schluss kriecht der Marienkäfer vom Buchtitel über den Briefbogen mit der Vorladung vom Ministerium und er fliegt auf und davon durchs weit geöffnete Fenster. Hinaus in die Kälte. Was wie die Freiheit aussah, war sein sicherer Tod, denkt Georg. Rückkehr wohin? Wo ist Zuhause? Das lässt das Buch offen. Wer ist Georg oder Gregor jetzt eigentlich, ein polnischer Deutscher oder ein deutscher Pole?! Das darf der Leser für sich entscheiden. Man würde ihn, Joanna, Jacek und die anderen in diesen verrückt-abenteuerlichen, komischen, nostalgischen und anrührenden Geschichten gern noch weiter begleiten durch diese weit ostwärts gelegene Großstadt mit ihren breiten Alleen, Parks, all ihrem Licht und Schatten, Vierteln mit schwarzen, toten Häusern, prunkvollen historischen Bauwerken und modernen Neubauten, voll Neugier, Sehnsucht und Aufbruchsgeist, durch allen Mangel und Enge der Zeiten einfach so hindurch dem Lauf des Lebens folgen.

Text + Foto (lv)

Infos + Kontakt zum Autor:
http://www.seifert-dresden.de

Veranstaltungstipp

Ein Lesung aus seinem Roman „Joanna“ mit Hans-Heiko Seifert gibt es am 6. Februar, 15 Uhr in der Bibliothek Leubnitz-Neuostra, Corinthstraße 8, in Dresden. Um Anmeldung wird gebeten unter: leubnitz-neuostra@bibo-dresden.de

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Lilli Vostry

Ich bin als Freie Journalistin (Wort/Foto) seit 1992 in Dresden tätig. Schreibe für Tageszeitungen und Monatsmagazine vor allem Beiträge über Bildende Kunst, Theater, soziale Projekte und Zwischenmenschliches. Außerdem Lyrik und Kurzprosa. Bisher vier BilderGedichtKalender zusammen mit Künstlern veröffentlicht. Fernstudium Literarisches Schreiben im Herbst 2022 erfolgreich abgeschlossen, Schriftstellerdiplom. Kindheitstraum erfüllt. Fotografiere gern Menschen, Landschaften, besondere Momente.

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