Verirrt im Reich der Nacht: Richard Samek (Tamino) und Maria Perlt (Königin der Nacht)
Traum und Wirklichkeit: der Vogelfänger Papageno (Christian Grygas) zappelt im Liebesnetz eingefangen von Papagena (Eva Zalenga) Fotos: Stephan Floß
Wunderinstrument als Kompass
Von der Suche nach Liebe, Licht und Weisheit und der Versöhnung der Gegensätze in einer Welt voller Widersprüche erzählt die Neuinszenierung von Mozarts bekanntester Oper „Die Zauberflöte“ in der Staatsoperette Dresden im Kulturkraftwerk Mitte.
Eine leuchtend blaue Pyramide mit Sonne, Mond und Fabelwesen ragt in den
Bühnenhimmel. Sie wandelt ihr Inneres mal zum lichtvollen Tempel der Liebe und Weisheit, mal zum dunklen, alles verschlingenden Abgrund. In einer Welt voller Widersprüche und Wandlungen wirkt die Zauberflöte wie ein Kompass. Sie betört, warnt und schützt mit der Zauberkraft der Musik und zieht alle in ihren Bann. Einmal mehr in der Neuinszenierung von Mozarts bekanntester Oper, die am Sonnabend in der Staatsoperette Dresden im Kulturkraftwerk Premiere hatte.
Wie kaum ein anderes Werk erzählt die Zauberflöte voll musikalischer Leichtigkeit, Heiterkeit und Tiefe von den Geheimnissen und Gegensätzen im Leben und in der Natur und der Sehnsucht, sie zu vereinen. Der altägyptische Kult um Isis, die Sonnenmutter und Mondgöttin, Göttin der Liebenden und der Toten, die Rituale der Freimaurer und der Machtanspruch der Königin der Nacht, die den Sonnenkreis allein besitzen will, begegnen sich reiz- und spannungsvoll, farbenfroh und fantasievoll-witzig in Bühnenbild und Kostümen in der Inszenierung von Axel Köhler.
Da trifft der naiv-lebensunerfahrene Prinz Tamino, ganz in Weiß (Richard Samek), der mit Hilfe der Zauberflöte unversehens zum mutig-standhaften Helden wird, auf den lebenslustigen Vogelfänger Papageno (närrisch-klug: Christian Grygas), der im bunten Fransenkostüm mit Panflöte und magischer Glockenspiel-Kugel das Dunkle verbannt. Das ungleiche Duo begibt sich auf den gefahrenreichen Weg zur Erkenntnis durch das Reich der Königin der Nacht (düster-funkelnd: Maria Perlt), die aus einem aufgerissenen Schlangenmaul steigt. Sie verspricht Tamino ihre Tochter Pamina, in deren Bildnis er sich unsterblich verliebt hat. Wenn er sie aus der Gefangenschaft ihres Gegenspielers Sarastro, Anführer eines Geheimbundes der Eingeweihten, die blaurote Fantasieuniformen tragen (mit tiefer warmer Bassstimme: Holger Steinert) befreit. Sein Diener Monostatos (Andreas Sauerzapf), ein zwielichtiger Typ mit weißem Haarzopf und schwarzer Maske, versucht Pamina ebenfalls für sich zu gewinnen.
Bevor die Liebenden sich finden, müssen sie viele Prüfungen bestehen. Begleitet werden sie von drei Knaben, die ihnen Rat erteilen, mal cool boxend ihre Männlichkeit beweisend, mal als Pfadfinder und als Köche Brot und Wein verteilend. In Sarastros hehrem Weisheitstempel werden die Neulinge in einen dunklen Raum geführt, der Finsternis ausgesetzt, einer Feuer- und Wasserprobe zur Reinigung ihrer Seelen unterzogen.
Doch härter als alles andere trifft Pamina (gefühlvoll: Annika Gerhards) Taminos Schweigen, wie er stumm und starr vor ihr steht, und sie an seiner Liebe zweifelt. Ergreifend komisch anzusehen hingegen, wie Papageno ungeduldig den ganzen Zuschauerraum nach seinem ersehnten Vogelweibchen absucht, sich beinah umbringt und sogar eine alte Frau heiraten will, die sich dann aber als entzückende Papagena (Eva Zalenga) entpuppt und ihn kurzerhand mit seinem Netz einfängt. In stetem Wechsel zwischen vergnügt, übermütig, ehrfürchtig feierlich und unbeschwert kam das höchste der Gefühle auf die Bühne in zauberhaftem Zusammenspiel zwischen Sängerensemble, Chor und Orchester der Staatsoperette (musikalische Leitung: Andreas Schüller) und Sarastro betonte in seinem Lied: „In diesen heil`gen Hallen kennt man die Rache nicht…“ Viel Beifall und Bravos gab es vom Publikum zur Premiere.
Text (lv)