Kunstgenuss mit Maske in Corona-Zeiten: Inhaber Michael Böhlitz vor dem Titelbild  „Waterloo Sunset“ von Johannes Heisig in der Galerie Himmel. Kraftvoll und zerbrechlich zugleich sind auch die Plastiken von Sylvia Hagen in der derzeitigen Ausstellung „Paragone“.

„Apokalyptischer Reiter“, 2016/17, Terrakotta, engobiert von Sylvia Hagen
„Aprilwetter“, 2016 & „Neujahrsspaziergang“, 2020, Öl auf Leinwand von Johannes Heisig und figürliche Plastiken von Sylvia Hagen.
„Fischgericht“, 2018/19 von Johannes Heisig und „Ach, Glück“, 2013 von Sylvia Hagen.

„Blick nach St. Maximin“, 2016 von Johannes Heisig.

Frühlingsfrische Landschaften und apokalyptische Reiter

Nach reichlich vier Wochen Schließung wegen der Corona-Krise hat die Galerie Himmel am Obergraben 8 wieder geöffnet. Schönheit und Abgründe der heutigen Welt spiegeln figürliche Arbeiten, Landschaften und Stillleben von Johannes Heisig und ausdrucksreiche Plastiken von Sylvia Hagen noch bis 9. Mai.

Aus dunkler Häuserkulisse vor untergehender Sonne stürzt eine Taube. Gesichter tauchen schemenhaft auf. Eine Frau in schwarzem Kleid liegt puppenhaft auf rotem Tuch inmitten von Trümmern. Davor hält der Maler das bizarre Weltszenario auf der Leinwand fest. „Waterloo Sunset“ heißt dieses Gemälde von Johannes Heisig, das 2019 entstand. Es scheint die derzeitige Krise vorwegzunehmen. Nun wurde die Ausstellung „Paragone“ mit Malerei von einem der bekanntesten ostdeutschen Künstler und Plastiken von Sylvia Hagen in der Galerie Himmel am Obergraben 8 im Barockviertel bis 9. Mai verlängert.

Gezeigt werden 35 Werke, die vielschichtig in expressiv lodernden Farbtönen die Schönheit, Brüchigkeit und Verletzlichkeit der Natur und des Lebens widerspiegeln. Dabei treten die Bilder mit den Bronze- und Terrakottaplastiken in einen spannungsreichen Dialog. Eine frühlingsfrische Landschaft trifft auf Wellenreiter und Apokalyptische Reiter, der aufgeschnittene große Fisch auf dem Teller auf eine Bilderserie, „Requiem für eine Hornisse“, rote Amaryllis leuchten neben dem Herbstfeuer und einem davor sich wärmenden Paar.

„Geplant war als Highlight der Ausstellung am 13. April ein Kunstgespräch zwischen dem Schriftsteller Volker Braun, von dem auch ein Porträt zu sehen ist, dem Maler Johannes Heisig und der Bildhauerin Sylvia Hagen, welches wir absagen mussten wegen der Corona-Krise. Das ist verloren, unwiederbringlich“, sagt Michael Böhlitz, Kunstwissenschaftler und Inhaber der Galerie. Diese führt er zusammen mit seiner Frau Anja Himmel seit 2014. Nach reichlich vier Wochen Schließung hat die Galerie Himmel jetzt wieder geöffnet wie andere Läden bis 800 Quadratmeter Größe unter Beachtung der erforderlichen Hygienemaßnahmen. Michael Böhlitz trägt hellblauen Mund- und Nasenschutz, den die Designerin Dorothea Michalk vom Modegeschäft um die Ecke nähte. Musik klingt einladend aus der Galerie nach draußen. Die Tür steht offen, damit Besucher die Klinke nicht anfassen müssen und mit Gesichtsschutz ausgestattet die Kunst betrachten können. Im weiten Oberlichtsaal stehen auf dem Grafiktisch zwei Flaschen Desinfektionsspray, den man in die Hände verreiben kann, um in den Künstlerkatalogen zu blättern.

Drei Besucher sehen sich gerade in der Ausstellung um. Eine ältere Frau ist begeistert von den Plastiken. Zwei Männer unterhalten sich lebhaft vor Heisigs Bildern. Im Kabinett sind derzeit außerdem unter dem Titel „Hintereis“ alpine Landschaften des jungen Berliner Künstlers Konrad Henker zu sehen. „Die Auswirkungen der weltweiten Wirtschaftskrise merken wir schon seit Jahresbeginn durch Umsatzeinbrüche“, so Böhlitz. Zwei Galeriemitarbeiter sind bereits in Kurzarbeit. Er glaubt aber nicht, dass die derzeitige Corona- Pandemie zu einem Preisverfall der Kunst führt.

„Solange wir mit lebenden Künstlern zusammenarbeiten, ist nach unten außerdem eine preisliche Grenze festgelegt. Wir setzen auf den Wert und die Qualität der Kunst.“ Die einzige Einnahmequelle sei zurzeit der Shop der Galerie Himmel, der eine große Bandbreite mit über 10 000 Grafiken und Zeichnungen von der Renaissance über klassische moderne bis zu zeitgenössischer Kunst für Kunstliebhaber bereithält. „Wichtig für den Galeriebetrieb sind jedoch vor allem die Ausstellungseröffnungen und persönlichen Begegnungen, bei denen Interesse für die künstlerischen Arbeiten geweckt wird“, sagt Galerieinhaber Michael Böhlitz.

Nun heißt es abwarten, ob die Einschränkungen für Veranstaltungen nach dem 4. Mai weiter gelockert werden. Eventuell eine begrenzte Personenzahl nach und nach in die Galerie kann. Die nächste Ausstellung zum 80. Geburtstag des Dresdner Künstlers Klaus Drechsler mit dem Titel „Vita brevis“ (übers.: Das Leben ist kurz) sollte eigentlich Anfang April eröffnen. Katalog und Einladungskarten liegen druckfrisch bereit. In weiteren Ausstellungen will die Galerie Himmel noch dieses Jahr Werke von Max Schwimmer und Andreas Wachter zeigen.

Text + Fotos (lv)

Öffnungszeiten der Galerie Himmel:
Mo – Fr 10 – 18 Uhr, Sa 10 – 16 Uhr

http://www.galerie-himmel.de


„Halfpipe“, 2016 von Johannes Heisg und „Wellenreiter“, 2019, Bronze, von Sylvia Hagen.

„Herbstzweige“, 2018 von Johannes Heisig und „Uns neu zu gründen – Porträt Volker Braun“, 2018

„Amaryllis II“, 2020 von Johannes Heisig.

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