Collagen, Fächer & Dreh mich!-Objekte voller Farbenfreude, Witz und Hintersinn: die Künstler Frank Voigt, Petra Lorenz und Volker Lenkeit in der Ausstellung „Papa Mama DaDa“ im Einnehmerhaus Freital.
Die Sehlust anregen
Farb- und gestaltreiche Collagen und Fächer versammelt die Ausstellung „Papa Mama DaDa“, ein internationales Mail Art-Projekt von Frank Voigt, Petra Lorenz und Volker Lenkeit im Einnehmerhaus Freital.
Die Fantasie treibt wilde Blüten in den Bildern, in denen die Zeit scheinbar still steht und doch munter vor- und zurückgedreht wird in Geschichte und Gegenwart. Alte Taschenuhren, Schneckengehäuse, Figuren und Symbole, die Leben, Liebe, Lust und Tod verkörpern, schwirren farb- und gestaltreich umher auf bemalten, bezeichneten, beklebten und bedruckten Collagen und Fächern. Auf einer nostalgischen Illustrierten mit dem Titel „Jubiläums-Rösselsprung“ schwebt eine Muse, schaut ein Mann verträumt zu ihr, verspricht eine Schlagzeile „Ergötzliche Nächte“, perlt aus einem Sektglas „Pada Mada Dada“ und steht rot vermerkt am Rand: „Patient nicht schreibfähig.“ Derart verrückt verführerische Anblicke und spielerische Wortakrobatik voller Witz und Hintersinn gibt es reichlich in der Ausstellung „Mama Papa DaDa“, die am Pfingstsonnabend mit viel Resonanz im Einnehmerhaus Freital eröffnete.
Zu sehen sind Briefe, Art mails und Kunstobjekte aus einem internationalen Mail Art-Projekt von Frank Voigt, Petra Lorenz und Volker Lenkeit, das im Frühjahr 2014 begann. Rund 300 Arbeiten von 70 Künstlerinnen und Künstlern aus 20 Ländern werden gezeigt in mehreren Räumen. Über die „ebenso interessante wie weltoffene Ausstellung“ freute sich auch Barbara Hornich, die Vorsitzende des k.u.n.s.t-Vereins Freital e.V. im Einnehmerhaus. Daran hätten sicher auch Goethe und Schiller ihre Freude, die hier einst wandernd vorbeikamen und in Tharandt nächtigten. Dort hat der Musiker und Brachialromantiker Dieter Beckert vier Jahre Forstwirtschaft studiert und danach an der Dresdner Musikhochschule. Mit Barett, Gitarre und Fußtrommel musizierte, sang und reimte er wortwitzig in bester Dada-Manier über Freiheit im Denken und zu Tode amüsieren zur Ausstellungseröffnung.
Die Schau versammelt Collagekunst und „Dreh mich!“-Objekte von Voigt, Lorenz und Lenkeit, die bunt beklebt sind mit Oblaten- und Lackbildern mit Blumen, Vögeln, Schmetterlingen und Paaren, außerdem alten Fotos, Briefbögen, Briefmarken, Zeitungsausschnitten und Werbesignets, die oft ironisch und augenzwinkernd in Bildwelten zwischen Traum und Realität entführen, von Mann-Frau-Rollenbildern und Zeitgeistmoden erzählen. Immer wieder tauchen Gesichter, Augen und Scheren in den Collagen auf, als unentbehrliches Instrument zum Ausschneiden, Sezieren und neu Zusammenfügen der Bilder und Schriften, die originell und fantasiereich mit deren Sinn, Inhalten und Form spielend ein Spiegelbild der Zeit liefern und neue Blickwinkel auf die Welt eröffnen.
“Man kann schön in den Bildern mit den Augen spazieren gehen, dabei Assoziationen und Wortspiele in ihrer Mehrdeutigkeit entdecken, auch im Nonsens kann man kritische Sachen verstecken“, sagt Ausstellungsbesucher Wolfgang Rabisch. Er ist Dada-Fan und selbst Künstler. Der Humor der Collagen erinnert ihn an die Dichter und Humoristen Ringelnatz und Morgenstern. „In den Bildern werden schlau Dinge kombiniert, die scheinbar nicht zusammenpassen. Das ist die Freude und der Reiz für den Betrachter, diese dann zu entschlüsseln.“ Dabei kann jeder für sich etwas anderes sehen und interpretieren. Eine Kunst für sich ist es, aus der Fülle des Materials genau die Puzzleteile auszuwählen, welche die Sehlust des Betrachters anregen und Impulse für andere setzen.
Zu sehen sind außerdem sieben wundervoll gestaltete Fächer-Serien. „Mich interessiert dabei besonders die Form, es sind runde und ovale Fächer dabei. Ein Quadrat kann jeder füllen“, sagt Petra Lorenz, die Initiatorin der Fächer-Kunst. Neben der Kreativität sei ihr auch der Austausch und Kontakt mit anderen Künstlern wichtig gewesen. Die Mail Art-Sammlung umfasst inzwischen rund 600 Arbeiten. Im Herbst soll ein internationales DaDa-Zentrum in Kamenz eröffnen, der Bürgermeister der Stadt Roland Dantz war auch unter den Ausstellungsbesuchern. Außerdem werden 100 Jahre DaDa in Dresden gerade gefeiert mit einer Ausstellung in der Galerie „Blaue Brücke“ auf der Friedrich-Wieck-Straße 5 (noch bis 25. Juni zu sehen). Eine Open-Air & Wandel-Performance mit dem Titel „dadamenta XI“ mit vielen Künstlern würdigt das 100. Jubiläum des „Internationalen Kongresses der Dadaisten und Konstruktivisten“, die sich dereinst im September 1922 in Weimar versammelten, ist am 17. Juni, 18 Uhr im Weimarhallen-Park (Pavillon-Bühne) zu erleben. Die Ausstellung „Papa Mama DaDa“ ist noch bis 16. Juli im Einnehmerhaus Freital zu sehen.
Text + Fotos (lv)
Geöffnet: Mo – Fr von 16 bis 18 Uhr, Sa und So von 14 bis 17 Uhr
http://www.kunstvereinfreital.de