Farbklänge der Natur
Feinsinnige Fotographik von Hartmut Opitz und filigrane Plastiken von Frank Schauseil vereint die Ausstellung „Tonungen“ in der Galerie mit Weitblick Radebeul.
Knorrige, uralte Baumriesen in markantem Schwarzweiß,
eine Allee in gleißendem Licht, Boote vor dem Aufbruch, bizarre Felswände, das rätselhaft-schemenhafte Innere einer Höhle faszinieren in feinabgestuften „Tonungen“.
So heißt die neue Ausstellung in der „Galerie mit Weitblick“auf der Oberen Bergstraße 13 in Radebeul. Dort hält die Fotographik von Hartmut Opitz derzeit Zwiesprache mit den filigranen Bronzeplastiken voll archaischem Zauber, romantisch, skurril und versponnen-hintersinnig, von Frank Schauseil. Beide Künstler lernten sich erst in der „Galerie mit Weitblick“ kennen. Ihre Arbeiten kontrastieren und ergänzen sich mit ihrem Blick auf Schönheit, Erhabenheit, Berührtsein von der Natur, ihren Urkräften ebenso wie ihrer Gefährdung und Umweltzerstörung. Die Aufnahmen von Hartmut Opitz sind analog und auf Silbergelantine Barytpapier gefertigt. Der Reiz liegt für ihn nicht nur im Fotografieren, er entwickelt auch alle seine Bilder selber und verleiht
ihnen eine ganz eigene, edle Wirkung und Stimmung mittels der heute nur noch selten angewandten Technik der Tonung. Im schnelllebigen digitalen Zeitalter ist der Gang in die Dunkelkammer für Opitz immer noch ein Abenteuer und jedes entstandene Bild ein Unikat.
Das Foto wird dabei in ein Kupfertonbad aus Metallsalz gelegt, erklärt er, und je nach Verweildauer entstehen Farbtöne von hell bis intensiv, sepia- oder kupferfarben und graublaue bis grüne Nuancen. Noch aufwendiger sind die Mehrfachtonungen, die in vielen kleinen Zwischenschritten die grafische Wirkung der Fotografien verstärken. Wie in den Ansichten mit verwitterten dunklen Buhnen im Gegenlicht, die Abendstimmung am Meer mit schwarzem Boot am Strand, der von Bergwänden umgebene Stausee Mattmark in der Schweiz mit aufgeschichteten Steinskulpturen oder die gewaltig-formreichen Tyssaer Wände I – V.
Die Aufnahmen entstehen meist im Urlaub. Den acht Kilo schweren Rucksack mit der Fotoausrüstung und seine Pentacon Six-Spiegelreflexkamera mit Wechselobjektiven noch aus DDR-Zeiten hat er immer dabei. Diese sei bei Fotografen nicht besonders beliebt gewesen, da sie auf minimalste Erschütterungen reagiere. „Es ist wie bei einem Maler mit etwas ausgefranstem Pinsel, der trotzdem beachtliche Bilder malt“, sagt Hartmut Opitz schmunzelnd.
Jetzt als Rentner habe er auch mehr Zeit für seine fotografische Passion. Er hat als Handwerker in der Sächsischen Baumschule gearbeitet, beschäftigt sich seit den 1980er Jahren mit Fotomontage und Tonung, ein Schlüsselerlebnis war für ihn eine Ausstellung mit Fotografik von Ullrich Lindner im Dresdner Schloss/Pretiosensaal. In der Sächsischen Landesbibliothek suchte Opitz nach alten Rezepturen für die Tonungen seiner Fotoaufnahmen und entdeckte in einem Buch des amerikanischen Fotokünstlers Tom Worobic die Technik der Mehrfachtonung, die er seither intensiv nutzt.
Urwüchsig und gegenwärtig zugleich erscheinen die grazilen Bronzefiguren des Bildhauers Frank Schauseil. Nach einer Lehre als Steinmetz hat er an der Dresdner Kunsthochschule von 1993 – 1999 studiert, erwarb sein
Diplom bei Professor Martin Honert und lebt und arbeitet als freischaffender Künstler in Dresden. In der Ausstellung begegnen einem ein Komoranfischer auf einem langen Boot, ein Vogel sitzt auf einer Angel mit ausgebreiteten Schwingen. Ein „Sternenguckerpaar“ trifft auf archaische „Paddelbootromantik“, ein „Tornado“-Trichter auf einen emporankenden „Wächter“. Die Urform entsteht in Wachs oder Gips, danach die Silikonform und der Bronzeguss. Die Einzelteile schweißt, bohrt und fügt Schauseil zusammen zu seinen luftig-leicht wirkenden Plastiken, oft mit einer Prise Humor.
Dies ist die nunmehr 15. Schau im 6. Jahr der Galerie mit Weitblick, die derzeit ums Überleben kämpft. Mit besonderen Kunsterlebnissen und einmaliger Aussicht aus der Höhe aufs Elbtal ist die Wochenendgalerie von Dorothee Kuhbandner ein Anziehungspunkt für Kultur- und Naturliebhaber, die den etwas weiteren Weg herauf nahe der Weinberge nicht scheuen. Doch es fehlt regelmäßiges, die Galerieangebote nutzendes Laufpublikum. Die Ausstellung „Tonungen“ ist noch bis 23. September zu sehen.
Text + Fotos (lv)
Geöffnet: Sa & So von 14 – 18 Uhr und nach Vereinbarung