Für Godinje – ein Dorf am Skadar-See
Noch liegt die Angst
in den zerschlitzten Betten,
und zentnerschwere Tränen
poltern aus
zerschlagenen Fenstern
Unter der Macht
des Moders
jaulen Scherben
zwischen
faulen Feigen
Rebellische Erde
rüttelte dich
neun
zehn
hundert
neun
und
siebzig
stinkt längst
in dem Gewirr
aus Ofenrohren, Bettgestellen und
bemoosten Balken
Es blieben nur:
Fossilien des Lebens.
In einer Schublade: Drei Kämme,
doch
kein Haar zum Kämmen.
Du seufzt,
doch Wein
läuft still durch deine Adern.
Du lebst.
Verlass dich drauf –
verlassenes Dorf.
Tirana fließt
Der Atem der Stadt
im Grünfluss
zwischen
Kieferngesängen
tanzt der Sommer
in Ballerina-Schuhen
springt über die Lana
bis in die Ritzen der Stadt:
Melancholie
Die Stimme des Muezzins –
verfangen im gleitenden Sommersegel
schraubt sich
in den Ruf der Ringeltauben
durchwebt die Alleen
schwingt in
grünen Fangarmen
bis die Alleen
fließen
Wenn der Xhiro ruft
hinaus
deine Fühler
hinein in die
Sommerflut
Immer weiter, immer weiter
nur der Dajti kann dich stoppen…
Bahnhof Gevgelija
Zugvögeln gleich
kennt ihr
keine Schranken
Seid bis an eure – und an unsere – Grenzen gegangen
Immer wieder die Flucht verfluchend
wartet ihr nun
auf Schienen,
die zunächst verlockend
schienen
Steht unter Zugzwang
und müsst
unverzüglich
weiter
Doch kein Stellwerk
stellt für euch die Weichen
Rückzug?
Höchstens in den Schlaf
Ein kleines Mädchen macht es vor – und
träumt im Gleisbett
Über ihm:
blinken die Sterne
Oder sind es die Signale?
Sie blinken, blinken, blinken
im Takt der Fragen:
WER HAT DIESE SCHIENEN GEBAUT UND
WOHIN SOLLEN SIE FÜHREN?
WOHIN?
Zu schwer für ein leichtes „Gefällt mir“. Aber gut!
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