Erschütterung
Einiges ging zu Bruch
an diesem Wochenende
das Schloss Sonnenstein als Kulisse
das Handy lag auf einer Steinmauer
griffbereit für ein Erinnerungsfoto
eine Minute später fiel es herunter
auf harten Stein
das Gehäuse sprang auf
Splitter am Boden
das Display blieb dunkel
ein Moment veränderte alles
die Bäume auf der Anhöhe
standen friedlich im Sonnenlicht
eine Tafel unterhalb der Steinmauer
weist auf die Erinnerungsspuren
auf jenen Geist der Menschenleben
verachtete und auslöschte
hinter den Festungsmauern
auf dem Sonnenstein
unten in der Stadt in einem dämmrigen
Gewölberaum saßen und lasen wir
der Stift flog übers Papier
befragten uns von Mensch zu Mensch
und aus der Perspektive eines Tiers
alte Haut festsitzende Muster
rieb sich an Kopf Wänden
wand sich heraus
wir lasen und stritten
über Gedichtformen die Rätsel aufgeben
wie Anagramme
in der Einschränkung Zwang in der Form
Festgefahrenes Denken zu Vertrautes aufbrechen
zu neuer Freiheit der Gedanken Ideen
Wortwesen gelangen
von drinnen nach draußen
vom Kopf aufs Papier
Tische und Stühle ins Freie
Zuhörende und Schreibende
Gedankenflüge
wechselten zwischen den Leseorten
die Flasche Bionade mit Zitronengeschmack
in der Eile vergessen am nächsten Tag
stand sie noch auf dem Tresen vom Uniwerk
draußen auf dem Tisch kurz darauf
mit abgebrochenem Flaschenhals
noch nicht leer getrunken
vieles in Bewegung geraten
Scherben bringen Glück
Schreiblust ungebrochen
LV
25.9.2022
Wut
Nach einem Gedicht von Martina Hefter „Musical mit Ungeheuer I“
Kommt aus mir wie
aus heiterem Himmel
Trifft sie mich
Wenn etwas eintritt womit ich
nicht gerechnet habe
von außen auf mich einstürmt
mich bedroht herausreißt
aus dem Gewohnten
aus mir heraus
Wenn ich außer mir bin
empört fassungslos ohnmächtig
mich ausgeliefert fühle
Bricht sie aus mir heraus
wüte tobe wirble
lasse sie heraus mit Worten
wie brausende Wellen
die an und abrollen
leise verrauschen
LV
23.9.2022
Mut
Denen die mich wütend machen
würde ich meine Wut entgegen schleudern
mit aller Kraft
aus tiefstem Inneren
den Zorn die Ohnmacht
Ausgeliefertsein zurückgeben
mit Worten die brennen
schmerzen aufwühlen
glühen ein Feuer entfachen
die Wut verbrennen
überschüssige Energien frei lassen
neu entzünden
bevor mich der Mut verlässt
LV
23.9.2022
Aufgelesen in Pirna
Wenn das Leben dir einen Korb gibt
geh zu Babicka
a Stuckel Eierschecke holen
in Ilses Kaffeestube im Eckhaus
am Markt ist`s auch scheen
danach noch ein Canaletto Burger
in Max Müller Laden für nichts
Löcher in den Bauch stehen
ist nix
für die Treppe nach oben
ist noch Zeit
LV
24.9.2022
Der Erlenpeter
Am Brunnenrand lauschig
hinter der Marienkirche
steht der Erlenpeter
sieht wie das Wasser rinnt
in eigenem Lauf
nichts hält es auf
perlt auf Peter
und darüber hinaus
springt der Strahl
rauscht wie Erlen
LV
24.9.2022