Märchentante & Geschichtenerzählerin: Die Kinder Klara und Artur sind schon gepannt auf neue GeschichtenAbenteuer mit dem kleinen Holzvogel Fantasius Firlefanz der Dresdner Autorin Lilli Vostry. Im neuen Jahr biete ich Schreib- und Geschichten-Werkstätten für Kinder in Dresden und Umland an. Interessierte Einrichtungen, Freizeittreffs und Eltern können sich gern bei mir melden. Foto: JN
Fantasius Firlefanz im Weihnachtsland
(Für Klara und Artur)
Etwas Weißes lugte unter dem geblümten Tischtuch hervor.
“Was war das?“, überlegte Fantasius Firlefanz. Eine Schneeflocke. Ein kleiner Schneemann gar oder ein weiß glasierter Pfefferkuchen? Er steckte seinen Kopf unter den Stubentisch und zwei gelbe Augen funkelten ihn an. Eine weiße Pfote reckte sich ihm entgegen. Auf dem Stuhl saß die grauweiß getigerte Jade und sah den kleinen Holzvogel aufmerksam an. Der flog lieber weg. Er wusste, was Katzen einmal in ihre Pfoten bekommen, lassen sie nicht so schnell wieder los. Sie spielen und erkunden eben gern. Auf dem Tisch in der Küche und in der Stube standen jetzt große rote Blütenkelche, Fichtenzweige und ein wundervoller Strauß mit weißen langen Blütenstengeln, Zweigen mit roten Beeren und goldbemalten kleinen Äpfeln in den Vasen.
Fantasius staunte über all die wundersamen Dinge. Da musste etwas ganz Besonderes bevorstehen! Seine Augen leuchteten und sein Herz hüpfte vor Freude. Kerzenhalter mit Lichterengeln, ein kleines Pfefferkuchenhaus weiß verziert, aus dem duftender Rauch aufstieg und Spieldosen, aus denen fröhliche Weihnachtslieder erklangen, standen da. Auf einer Schokoladendose weckte eine Abbildung Fantasius` Neugier. Dort saßen in verschneiter Winterlandschaft ein Mann in rotem Kittel, roter Mütze mit weißer Bommel, rotweißen Strümpfen und Stiefeln und eine Frau in einem zartroten Kleid und Flügeln am Kaffeetisch. Eine Kaffeetasse mit Sahnehäubchen, Kuchen und ein kleines Bäumchen geschmückt mit roten Kugeln standen darauf. Ein kleines Eichhörnchen saß auf dem Tisch und hielt eine Nuss im Arm. Eine große und kleine Eule kuschelten sich aneinander, ein Eulenkind lief Schlittschuh auf dem Eis. Ringsherum blinkten Sterne, schwebten Schneeflocken, ragten bunte Geschenkeberge in die Höhe und ein kleiner Vogel mit Bommelmütze flog ein Kistchen am Schleifenband haltend durch die Lüfte. „Oh, wie schön! Dort will ich hin!“, rief Fantasius Firlefanz freudig. Doch wo befand sich dieses Wunderland? „Könnt ihr mir den Weg zeigen?“, fragte Fantasius den kleinen Stoffelch, der einen rotweißen Schal trug und eine rote Nase hatte und den golden schimmernden Engel, die neben ihm auf dem Stubentisch, neben dem Computer, saßen. „Ja, wir kommen mit Dir“, sagten sie.
Sie winkten der Frau zu und flogen zum Fenster im Wintergarten hinaus. Von der wunderweißen Pracht war fast nichts mehr zu sehen. Die Bäume standen wieder dunkel und kahl. Raben krächzten heiser im Geäst. „Nanu, ein paar Tage vor Weihnachten kein Schnee?! Wo war der Winter hin verschwunden?“, überlegte Fantasius Firlefanz und beschloss ihn ebenfalls zu suchen. Vielleicht brauchte er auch eine kleine Verschnaufpause und saß mit bei dem Weißbärtigen im roten Kittel gemütlich am Tisch bei einer dampfenden Tasse Kaffee. Ein süßer Duft stieg in Fantasius` Schnabel. Sie flogen über einer Stadt mit vielen glitzernden Buden und Lichterketten, vor denen viele Leute standen. Es roch nach gebrannten Mandeln, Glühwein und allerlei Gebrutzeltem und Gebackenen. Eine goldene Krone funkelte an einer Lichterkette in der Luft. “Ist die für den Geschenkekönig?!“, staunte Fantasius. Er sah Menschen vollbepackt mit Taschen über den Markt und durch die Straßen eilen. Kaum einer blieb vor dem hohen Lichterbaum und der Krippe mit dem Kind stehen.
Sie waren schon weit geflogen. Der kleine Holzvogel hielt sich am zottligen Elchfell auf seinem Rücken fest und der Engel begleitete sie. Es dunkelte bereits als sie ankamen. Tief versteckt im Wald stand eine Hütte, aus der Licht schien. Hinter den Fenstern sahen sie rote Zipfelmützen. In der Wichtelwerkstatt ging es emsig zu. „Die Wunschzettel für Geschenke werden jedes Jahr länger“, seufzte der Weihnachtsmann. Bloß gut, dass er so viele fleißige Helfer hatte. Er saß tatsächlich am Tisch beim Kaffee und neben ihm im zartrosa Kleid der Weihnachtsengel Rosalie. „Erfüllt ihr wirklich die Träume der Menschen?“, fragte sie Fantasius Firlefanz. „Wir geben uns alle Mühe. Doch viele haben das Träumen verlernt. Dann lassen sie sich schwer erfüllen“, sagte der Weißbärtige.
“Wie schön, dass ihr uns besucht. Seht euch nur um im Land der Wunder“, sagte lächelnd der Weihnachtsengel Rosalie. „Weißt Du, wo der Winter sich versteckt hat? Die Menschen wünschen sich so sehr eine wunderweiße Weihnacht“, fragte Fantasius sie. „Oh, vielleicht hat der Winter auch gerade genug von Schnee und Kälte und ist in den Süden gereist oder zu Besuch bei Frau Holle und macht es sich in einem ihrer Federbetten bequem“, erwiderte Rosalie. Vor der Hütte im Wald stand schon der Rentierschlitten des Weihnachtsmannes voller schöner Geschenke, Spielsachen und anderer zauberhafter Dinge bereit. Ein Engel reichte ihm einen rotbäckigen Apfel. Bald würde er lustig glockenschellend mit dem Rentierschlitten durch die Lüfte zu den Menschen sausen am Weihnachtsabend. Hoffentlich blieb er nicht in einer Schneewehe feststecken! Wenn der Winter genug vom Ausruhen hatte und wieder mit eisigem Vergnügen durch die Lande brauste. Hui, wie gern würde Fantasius einmal mit dem Rentierschlitten durch die Lüfte fliegen. Doch vorher musste er doch zurück in die Stadt zu der Frau und den Kindern Klara und Artur und ihren Eltern, die ihn schon sehnsüchtig erwarteten und denen er gleich von seinem neuen Geschichten-Abtenteuer erzählen würde.
Lilli Vostry
Geschrieben am 21.12.2022
Kontakt: lilli.vostry@web.de