Körpertheater voller Poesie, Witz und Biss zeigt das Pantomime-Duo Bodecker & Neander derzeit auf der Gartenbühne des Societaetstheaters Dresden.
Die äußere Idylle trügt. Zwei Männer in Schwarz tragen den letzten Apfelbaum der Welt auf die Bühne und bewahren ihn an einem geheimen Ort auf, den sie Garten Eden nennen. Jaques und Pierre bewachen ihn und der eine den anderen. Doch die Versuchung ist groß, Neugier und Naschhaftigkeit ebenso. So pflücken sie einen rot leuchtenden Apfel nach dem anderen, kosten und finden kleine Zettel mit vieldeutigen Botschaften. Auf dem ersten steht: „Die Welt ist leichter zu erschaffen als zu verstehen…“ Dabei schöpft das Pantomimen-Duo Bodecker & Neander aus einem reichen Fundus an wunderbaren, poetischen, skurrilen und komischen Szenen und Begegnungen in ihrem neuen Programm „Im Garten Eden“, das am vergangenen Sonnabend im Societaetstheater Dresden Premiere hatte. Das Sommertheater-Gastspiel mit den beiden weltbekannten Mimen ist noch bis 27. August (außer montags und dienstags) jeweils um 20 Uhr auf der Gartenbühne hinter dem Theater zu sehen.
Die Zuschauer erleben Körpertheater mit vielsagender Mimik und Gestik, voller Poesie, Witz und Biss über die Träume und Abgründe der Welt von heute. Zu jeder Apfel-Lebensweisheit gibt es eine pantomimische Szene mit entsprechender Musik und Geräuschen, wo jeder der Mimen mal Über- oder Unterlegener ist, den anderen austrickst, schachmatt setzt, siegessicher oder sorgenvoll lächelt und man miteinander Freud und Leid teilt. Da genügen den Mimen für ihr ausdrucks- und rollenreiches Spiel an wechselnden Orten wenige Requisiten wie Hüte, Hosenträger, Reifen, Perücke, Kopfhörer und eine schwarze Stellwand, die mal als Tresen und mal als Rolltreppe im unüberschaubaren Großstadtdschungel für Einheimische, Zugereiste und Weiterreisende dient. Da halten flatternde Hände die Welt in stetiger Bewegung, schlängelt und schnappt eine Hand angriffslustig auf und zu und umarmen zwei Hände sich rücklings als stünde da noch jemand.
Da wechseln lebhafter Betrieb und innere Leere im „Großen Café“ des Lebens mit den alltäglich gleichen Verrichtungen, Jalousien rauf und runter, Tische und Stühle zurechtgerückt, Warten auf Gäste und das Glück bis sie merken, dass es bei ihnen selber liegt und sie es sich zusammen gut gehen lassen, zuprosten und genießen. Bis es wieder eindringlich an der Tür klopft.
Schön absurd auch die Szene „Der große Dompteur“ (zum Apfel-Spruch: „Im Wahnsinn steckt immer ein Fünkchen Vernunft“), wo die zwei Mimen sich gegenseitig den Reifen hinhalten, mit den Fingern schnippsen und im Publikum nach dressierwilligen Opfern Ausschau halten. Eine unscheinbare weiße Tüte wird plötzlich zu einem geheimnisvollen und „gefährlichen“ Objekt, indem man es dem Zuschauer und sich selbst suggeriert, hineingreift und die Hand sofort wie gebissen wieder herauszieht und dann zeigen kann, wie toll und stark man den unsichtbaren Feind bekämpft. Herrlich schräg das Spiel mit der „Newspaper“, wo ein Mann mit vergilbtem Pergamentpapier raschelnd, heftig bewegt angesichts der vielen Neuigkeiten in der Welt umher taumelt, hinter den Seiten verschwindet, bis er buchstäblich nicht mehr weiß, wo ihm der Kopf steht.
Zum Schluss ist nur noch ein Apfel übrig, den die Mimen genussvoll essen.
Im Garten vor der Bühne leuchten die Früchte wie Lampions in den Bäumen. „Vielleicht sollte man jeden Apfel so genießen als sei es der letzte…“, lautet die Botschaft des Abends. Herzlicher Beifall vom Publikum.
Foto: Societaetstheater