Von Vielfalt und Neuer Sachlichkeit
Das Festival zum 120. Geburtstag Erich Kästners und dem 20. Geburtstag des Micromuseums im Literaturhaus Dresden am Albertplatz geht weiter. Das zweite Kapitel steht unter dem Motto: „Der synthetische Mensch“* (Aus Erich Kästner, „Gesang zwischen den Stühlen“, 1932). Hier die Veranstaltungen vom 14. bis 20.3.
Humanismus? Weltbürgertum? Liberale Demokratie? Bauhaus? Neuer Populismus? Neue Heimat? Neuer Mensch?
Erich Kästner, Jahrgang 1899, wurde Zeuge und Handelnder in einem Jahrhundert voller Kontinuitätsbrüche und Gewalt, Neuanfänge und technischer Fortschritte. Wo stehen wir, die Erben von 1919, 1949 und 1989 heute? Welche Wirklichkeiten bestimmen unsere Haltung?
Do., 14.3. Die Kraft der Imagination
19 h Durs Grünbein, „Aus der Traum (Kartei)“ / Lesung und Gespräch /
Moderation Uwe Hübner
Provokativer könnte ein poetischer Buchtitel nicht sein, und doch lässt der Dichter an einem nicht zweifeln: »Ganz insgesamt wird das, was man die Realität nennt, überschätzt.« Und so steuert er im ersten Teil seines Buches mit aller Kraft der Imagination konsequent hinein in die Sturmzone jener Realität, die den meisten als das Maß aller Dinge erscheint.
Durs Grünbeins neues Buch ist eine über Leitmotive miteinander verbundene Sammlung von Schriften verschiedener Genres: aus Aufsätzen, Reflexionen, Reden, Traumnotizen, Vorträgen, Sprechertexten und Gedichten. Ihr Ursprung verdankt sich der speziellen Arbeitsweise des Dichters. Aus der sammelnden und ordnenden Kartei seiner Stichworte ist ein Fundbuch hervorgegangen, das sich auf jeder Seite gewinnbringend aufschlagen lässt.
Fr., 15.3. Homunkulus
10 h Décalcomanie-Workshop unter der Leitung von Marleen Andreev. Schüler*innen erarbeiten in der Kreativen Werkstatt Dresden Farbabzüge zu Kästners Text „Der synthetische Mensch“
Unter Décalcomanie versteht man die künstlerische Technik des Farbabzuges oder des Farbabklatsches. In Anlehnung an Kästners Gedicht beschäftigt uns die Frage, welchen radikalen Umbau des Menschen technologische Entwicklungen und Künstliche Intelligenz zur Folge haben können.
Mi, 20.3. Die Kunst und das unvollständige Leben
19 h Jewgeni Wodolaskin, „Luftgänger“ / Lesung und Gespräch / Moderation Hartmut Mangold / Lesung der Texte in deutscher Sprache: Dirk Strobel
Ein Mann erwacht in einem Krankenzimmer und kann sich an nichts erinnern. Sein Arzt verrät ihm nur seinen Namen: Innokenti Platonow. Als die Erinnerung langsam zurückkommt, formt sich das Bild eines bewegten Lebens: Eine behütete Kindheit im Russland der Zarenzeit, der Sturm der Revolution, roter Terror und der Verlust einer ersten großen Liebe. Bald treibt ihn vor allem eine Frage um: Wie kann er sich an den Beginn des zwanzigsten Jahrhunderts erinnern, wenn die Tabletten auf seinem Nachttisch aus dem Jahr 1999 stammen?
In der Tradition großer russischer Autoren wie Michail Bulgakow und Fjodor Dostojewski entfaltet Jewgeni Wodolaskin am Schicksal eines Einzelnen ein faszinierendes Panorama Russlands.
Jewgeni Wodolaskin, geboren 1964 in Kiew, arbeitet nach einem Philologie-studium und der Promotion seit 1990 in der Abteilung für Altrussische Literatur im Puschkinhaus (Institut für russische Literatur) in St. Petersburg. Sein Roman „Laurus“, ein internationaler Bestseller, wurde in 20 Sprachen übersetzt. „Luftgänger“ wurde bisher in 14 Sprachen übersetzt und stand auf der Shortlist für den russischen Booker Prize. Jewgeni Wodolaskin lebt mit seiner Familie in St. Petersburg.
Das Festivalkapitel findet in Kooperation mit Kreative Werkstatt Dresden e.V. und Aufbau Verlag GmbH & Co. KG statt, gefördert von der Landeshauptstadt Dresden.
Festivalfortsetzung von 3.-7. April
Drittes Kapitel: Lassen Sie sich nichts weismachen!*
Themenfeld Bildung
*Aus: Erich Kästner, „Weisheit der Bücher“, erschienen am 17.12.1926 in der Neuen Leipziger Zeitung (Nr. 348)
Weitere Infos unter http://www.literaturhaus-dresden.de