Eine schrecklich nette Familie: die Königs von Elbflorenz. Foto: Robert Jentzsch
Eine rauschhafte Liebeserklärung an die Stadt
Mit viel schrägem Humor und gefühlvollen Songs erzählt die Musicalcomödie „Mit Herz & Promille“ von bösen und wundersamen Überraschungen einer vom Leben gebeutelten Familie in Dresden-Pieschen.
Von der berauschenden Schönheit der Stadt haben sie wenig. Familie König aus Pieschen ist vor allem reich an Sorgen. Sie wohnen im „Souterrain des Lebens“ und der alleinerziehende Familienvater erträgt sein Dasein nur, wenn er blauer als der Himmel ist. Tief ins Glas und ins Leben schaut die Musicalcomödie „Mit Herz & Promille – Die Königs von Elbflorenz“ von Martin Lingnau, Heiko Wohlgemuth und Mirko Bott in einer mit viel Lokalkolorit angereicherten Bearbeitung von Christian Kühn, der auch Regie führt. Die Premiere war am Sonnabend in der Comödie Dresden.
Voll beschwipstem Humor, liebevoll schrullig, turbulent und ehrlich führt die Inszenierung hinter die barocke Dresdner Fassade und erzählt von den Alltagskämpfen einer Unterschichten-Familie. Die manch böse, aber auch wundersame Überraschung erleben und gemeinsam durchstehen. In der Haushaltskasse herrscht ständig Ebbe. Dann droht der siebenköpfigen Familie auch noch die Räumungsklage wegen Mietschulden. Eine Woche bleibt ihnen Zeit, das Geld aufzutreiben.
Der alleinerziehende Familienvater Käpt`n König (umwerfend komisch: Christian Kühn) ist Stammgast in der Nachtbar Klax im Viertel. Er ersäuft seinen Kummer, wenn er nicht gerade spottlustig philosophiert und politisiert über Kapital und Bourgeoisie, über “Buddha, Marx, Hilbert (OB) und ich.“ Schön ironisch singt er auf dem Tresen mit lustigem Flaschen-Ballett als Backgroundchor. Klaut einen Spielautomaten und stellt ihn in der bröckligen Altbauwohnung auf, flugs verwandelt in „Familie Königs Keller Casino“. Tochter Marie (Lina Gerlitz) kümmert sich rührend um Haushalt und Familie und hat keine Zeit zum Studieren, und soll gar noch strippen wie ihre Mutter früher, um die Haushaltskasse aufzubessern. Ihr Freund Alex (Tom Wagenhammer) hilft die Oma zu betreuen und versucht Marie aus ihrer Tristesse zu holen, außerdem tritt er als rabiater Drogenhändler auf. Schwester Pamela ist allein mit ihrem Baby, flucht gern mit „Fuck!“ und sammelt von ihren Exlovern Geld ein als mögliche Kindesväter.
Dann sind da noch die Zwillingsbrüder Benny und Björn (Nico Went), der eine jobbt als Drogendealer und Björn bringt als Maskottchen im Elefantenkostüm für den Fußballverein FC Aue seinen Vater als Dynamo Dresden-Fan in Rage.
In mehreren Rollen als Wolle Förster vom Klax, Priester auf erotischen Abwegen, Exlover Ranjid mit Turban, Oma und schillernde Glücksfee erheitert köstlich Philipp Richter. Die Nachbarin Nu Nong (amüsant: Dorothea Kriegl), eine schwäbelnde Asiatin, ist fürsorglich, hilfsbereit und scharf auf den Käpt`n, der bei ihr in See stechen soll. Sie bringt ihn gehörig auf Trab, wenn sie rittlings auf ihm sitzt und La paloma ohé singt samt Showballett im Seerosenkostüm. Witzig wie beide hochkant im rosa Wandbett liegen und die Segel neu setzen. Es ist nie zu spät, das Ruder noch einmal herumzureißen. Mit viel schwarzem Humor und wandlungsreich spielen, singen und tanzen die sieben Darsteller, in einer Szene mit den lichtfunkelnden Dresdner Wahrzeichen im Schlepptau. Reichlich Beifall gab`s zur Premiere für einen mitreißend-unterhaltsamen Abend, der Dresden mal von einer anderen Seite zeigt.
Text (lv)