
Aufschlussreicher Blick hinter die Zirkuskulisse
Sehr geehrte MDR-Redaktion,
Ich habe oben genannten Fernsehbeitrag gestern im Internet gesehen. Ein großartiger Film von Nanina Bauer und ihrem Team, mit Fakten untermauert, Blicke in die Manege und hinter die Zirkuskulissen. Befürworter und Gegner des Zirkus mit Tieren, Tierlehrer, Experten und Zirkusdirektoren kommen zu Wort, die offen und ehrlich von ihrem Leben mit den Tieren erzählen. Sehr nahegehend. Krass hingegen die pauschale, oft wenig fundierte Ablehnung, fast Diffamierung von Zirkus mit Tieren und Ignoranz von selbsternannten „Tierschützern“, die einfach Gehege öffnen, um Tiere zu „retten“ und damit gefährden und sich selbst überlassen, macht mich traurig und wütend. Gruslig die „zeitgemäße“ Vorstellung von künstlich computeranimierten Tieren im digitalen Zeitalter als Alternative zu echtem Tierleben! Diese tun nichts, was sie nicht wollen, gerade die Raubtiere! Und die Zirkusleute kümmern sich zumeist liebevoll um ihre Tiere, da sie von und mit ihnen leben und sie schon im Fokus der Öffentlichkeit stehen und strenge tierärztliche Auflagen zu erfüllen haben.
Ich hoffe, dass die Fakten im Zirkus der Gegenwart, über Tierhaltung und Schutz von „Wildtieren“, die oft aus Zoos stammen oder im Zirkus geboren wurden und hier seit Generationen ihr Zuhause haben, die Richter und Parlament, Bundestag überzeugen und nicht pauschal ein Wildtierverbot für alle Zirkusse in Deutschland erlassen wird, das einen ganzen Berufszweig und traditionsreiches Kulturgut, das der Zirkus mit seinen Tierdarbietungen ist, auslöschen würde. Warum eigentlich diese vehemente Ablehnung durch die Zirkustier-Gegner? Frage ich mich. Was steht dahinter? Nur Unkenntnis, Weigerung die Fakten zur Kenntnis zu nehmen oder noch mehr?
Zirkusleute polarisieren schon immer. Mit ihrer freien, nomadischen, unangepassten Lebensweise, Fahren von einem Gastspielort zum nächsten (wie auch Wildtiere ihre Futterplätze und Wasserstellen über weite Strecken suchen müssen), dem Abweichen von der Masse sind Zirkusleute – ähnlich wie Flüchtlinge, Klimaschutzaktivisten und alle, die einen anderen Lebensstil pflegen – sind Zirkusleute heute mehr denn je exotische Außenseiter in einer Welt, die sich tragischerweise immer mehr von ihrem natürlichen Ursprung entfernt, entfremdet. Wozu auch das naturnahe Verhältnis und der Umgang Mensch – Tier gehört, den kleine Familienzirkusse wie kaum anderswo zu erleben noch im gegenseitigen Nehmen und Geben und Miteinander pflegen und dabei ohnehin schon einem ständigen Überlebenskampf ausgesetzt sind.
In letzter Zeit noch mehr durch die massive negative Stimmungsmache von Zirkusgegnern, denen es angeblich ums Tierwohl geht? Doch was wissen sie konkret darüber und was sollte denn mit den Zirkustieren passieren? Die nie in der Wildnis lebten und dort gar keine Überlebenschance hätten. Zoos, Vergnügungsparks oder Auffangstationen zur Auswilderung sind auch keine wirkliche Alternative, da diese Tiere einen engen Kontakt zu ihren Menschen gewohnt sind, die auch ihre Fähigkeiten sehen und ihnen etwas beibringen. Was ist verkehrt daran? Die Tiere haben Auslauf, Bewegung, Ruhezeiten, werden gut versorgt zumeist von den Zirkusleuten. So gehen nicht alle Haustierbesitzer mit ihren Schützlingen um.
Die gegenwärtige erhitzte Debatte, Pro und Kontra um das Wildtierverbot im Zirkus erinnert mich fatal an das Buch und Theaterstück „Andorra“ von Max Frisch, wo es auch um Angreifen, Ausgrenzen, Verächtlich machen, Diffamieren und Vernichten von Menschen, die anders leben – in dem Fall die Zirkusleute – als die Mehrheit, geht, was man nicht versteht oder akzeptiert. Je nach Stimmung oder Mode kann es dann jeden Menschen treffen, der nicht tut was alle tun oder verlangen.
Warum schauen die „Tierschützer“ von PETA und die Zirkusgegner vor allem auf die Zirkusleute und unterstellen ihnen Dinge, die bei näherer Betrachtung nicht haltbar sind, und schauen nicht dorthin, wo tatsächlich Tierquälerei und Ausbeutung herrschen wie in den Tierversuchslabors, angeblich für Medizin und Forschung, finanziert von der Pharma- und Kosmetikindustrie – wie der jüngst an die Öffentlichkeit gelangten Filmdokumentation der Soko Tierschutz aus einem Tierversuchslabor in Hamburg und protestieren und unternehmen etwas dagegen, wenn ihnen Tierrechte wirklich etwas wert sind?! Das ist denen wahrscheinlich eine Nummer zu groß oder trauen sich nicht ran. Dann lieber die Zirkusleute, die auch sichtbarer sind. Dabei laden sie selber alle ein, sich hinter den Kulissen zu informieren über Tierhaltung und Zirkusleben. Seltsamerweise machen die Zirkustier-Gegner davon nie Gebrauch.
Ich möchte die Autoren dieses Fernsehbeitrages und den MDR ermutigen, sich von unsachlicher Kritik oder Drohungen militanter Zirkusgegner nicht einschüchtern oder abhalten zu lassen, solcher Stil spricht schon für sich, ist unangemessen, unwürdig und stattdessen sollten weiterhin sachlich fundiert „heiße Themen“ wie Wildtiere im Zirkus und auch Natur- und Tierschutz insgesamt weiter gebührend Beachtung und Aufmerksamkeit finden. Denn Tiere sind auch Lebewesen, sollten endlich als solche anerkannt werden, und die Natur unser größter Schatz überhaupt, für die es sich lohnt aktiv einzusetzen.
Herzliche Grüße und viel Resonanz für Ihre Beiträge weiterhin, wünscht Ihnen,
Lilli Vostry
Freie Journalistin
www.meinwortgarten.com
P.S.: Inzwischen stimmte der Bundestag mehrheitlich gegen das geforderte Verbot von Wildtieren in Zirkussen in Deutschland.
Ahnlich meine Stellungnahme unter
http://dresdnerblaettl.blogspot.com/2017/07/zirkus-und-traditionen.html?m=1
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Lieber Herr Heinrich, vielen Dank für den Link mit Ihrem interessanten Beitrag über Zirkustiere und Umgang. Ich finde es zeitgemäß und vertretbar, dass heute nicht mehr Sensation und Nervenkitzel, sondern das Zusammenspiel Mensch/Tierlehrer und Tier im Vordergrund stehen, auch seltene Tierarten, die vor Wilderern gerettet werden oder aus Zoos kommen. Deren Potenzial, Fähigkeiten und natürlichen Eigenarten von den Zirkusleuten hervorgelockt und für Publikum erlebbar werden. Die Tiere lernen dabei von Menschen und umgekehrt. Und es wäre schön, wenn Tier- und Artenschutz dann auch über die Manege hinaus mehr Aufmerksamkeit und Engagement erfahren.
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