Verlassene Räume voll (un)entdeckter Dinge, Spuren und Möglichkeiten: der Künstler Stefan Voigt in seiner Ausstellung in der Stadtgalerie Radebeul.

Das stille Leben der Dinge

Die Ausstellung „An den Rändern“ von Stefan Voigt
zeigt vielerlei Entdeckungen in verlassenen Räumen.
Zu sehen in einem virtuellen Rundgang durch die Stadtgalerie Radebeul.

Dunkle Flächen mit hellen Farbspritzern, vergilbte, abgeblätterte und frisch weiße Spuren durchziehen die Bildräume. Aus der untersten Leitersprosse wachsen Gerüste scheinbar ins Endlose. Drähte ragen wie Antennen in den Raum, den Linien öffnen, gliedern, weiten und begrenzen und grau gerasterte Flächen markieren die Ein- und Ausgänge. Das am Bildrand oft auftauchende große „B“ lässt sich als Baustelle, Brüche und Balance deuten. In diesem Spannungsfeld verlassener Räume, in denen die Dinge ein stilles, wild wucherndes Eigenleben führen, bewegt sich die derzeitige Ausstellung “An den Rändern“ mit Zeichnung und Malerei von Stefan Voigt in der Stadtgalerie Radebeul.

Der Ausstellungstitel spiele ironisch auch auf die Situation der Künstler an, die oft am Rand im Verborgenen wirken, nicht nur in Corona-Zeiten. In seinen Bildern verbindet Stefan Voigt assoziationsreich Außen- und Innenwelten. Der Betrachter erkundet mit ihm noch unerschlossene Gebiete und Territorien voller Farb- und Formkontraste. Das tragende Element in seinen Papierarbeiten sei die Linie, so Voigt. „Für mich sind es Wirklichkeitsfragmente, Objekte und Dinge auf der Durchreise“, sagt Stefan Voigt über sein Schaffen. Die Ausstellung versammelt vorwiegend abstrakte und einige figürliche Arbeiten, zumeist Zeichnungen und Mischtechniken in Pastelltönen und schwarze Linienumrisse sowie auf alten Buchdeckeln und einer Landkarte von Venedig gezeichnete “Versunkene Städte“ und „Wildnis“ mit archaischer Symbolik regen zum Nachdenken über den Klimawandel an. Die Bildräume wirken mal ruhig, klar, meditativ und luftig weit, mal sperrig und verschlossen. Da treffen feste, starre, ins Leere greifende, sich auflösende, eckige und kreisende Formen aufeinander. Linien verlaufen gerade, schlängelnd, auf und ab, geordnet und verquer.

Da landet man plötzlich im „Niemandsland“, geht auf „Rückzug“, in Schwingung mit der Bilderserie „Seismic“, findet „Zuflucht“, durchquert eine „Passage“ und drehen sich die Räder immerzu unter dem Motto: “Es geht voran“. Stefan Voigt wurde 1961 in Dresden geboren und studierte dort von 1982 bis ´87 an der Hochschule für Bildende Künste und erwarb sein Diplom in Malerei und Grafik bei Professor Gerhard Kettner. Seit 1987 arbeitet Voigt freischaffend als Künstler und wohnt inzwischen in Radebeul. Der Blick aus dem Atelierfenster in einer ehemaligen Schokoladenfabrik auf der Hopfgartenstraße in Dresden-Johannstadt, umgeben von Neubauten und Industriebrachen, sei sehr anregend für sein Schaffen.

Vor allem das Nichtgreifbare der Zwischenräume interessiert ihn und versucht er in seinen Bildern zu fassen, so Voigt. Seine Arbeiten zeigen, wie viel auch noch an den Rändern der Großstadt zu entdecken ist zwischen Verfall, Stillstand und neuer Nutzung. Und dem Umgang mit den Leerräumen.

Da die Bilderschau derzeit corona-bedingt wegen des Lockdowns weiterhin geschlossen ist, lädt ein virtueller Rundgang durch die Ausstellung ein, begleitet von einer Lesung nordischer Gedichte mit Undine Materni und Musik von Tobias Herzz Hallbauer (unter www.radebeul.de/stadtgalerie  aktuell zu sehen). Außerdem kann der Ausstellungskatalog „An den Rändern“ von Stefan Voigt
unter galerie@radebeul.de oder telefonisch unter 0351 8311-600 bestellt
und zum Preis von 5 Euro erworben werden.

Text + Fotos (lv)

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