Die Kraft der Imagination & des Steins: Daraus schöpft der mexikanische Künstler Carlos Monge in seinen Arbeiten, bei denen er sich von Naturformen und der alten Kultur der Azteken anregen lässt. Neben ihm Karolin Schluttig, Studentin für Mediendesign. Um verschiedene gestalterische Ausdrucksformen von der Bildhauerei bis zu virtuellem Design geht es in dem Internationalen Bildhauer-Symposium der Fachhochschule Dresden.

Die Sprache des Steins

Bei einem Internationalen Bildhauer-Symposium der Fachhochschule Dresden arbeiten zurzeit acht Künstler und Künstlerinnen aus sieben Ländern auf dem Campus am Straßburger Platz/Güntzstraße 1 in Dresden. Interessierte Studenten und Schüler der Akademie für berufliche Bildung können zudem in einem Workshop mit den Künstlern den Sandstein kreativ bearbeiten.

Steineklopfen hallt über den Platz. Große, helle Steinblöcke liegen verteilt auf Holzpaletten und Tischen unter weißen Zeltplanen, wo es hämmert, stiebt, splittert und der Stein neue Formen annimmt. Das weite Blätterdach einer stattlichen Buche schützt vor Hitze und die Bänke laden Bildhauer wie Zaunsgäste zum Verweilen, zu Begegnung und Austausch nach dem handwerklichen Tun ein. Seit Wochenbeginn arbeiten hier acht Künstlerinnen und Künstler aus sieben Ländern, Italien, Russland, Mexiko, Polen, Ukraine, Japan und Deutschland, bei einem Internationalen Bildhauer-Symposium auf ganz verschiedene Weise mit Sandstein aus dem Pirnaer Steinbruch. Sie alle verbindet die Sprache des Steins. Veranstaltet wird das Bildhauer-Symposium auf dem Campus der Fachhochschule Dresden.

„Die Idee entstand während der Zeit der Pandemie und soll die uralte künstlerische Sprache der Bildhauerei in einem internationalen Austausch fördern und erhalten“, sagt Günter Kahle, der geschäftsführende Gesellschafter der Fachhochschule Dresden. 60 Künstler aus aller Welt hatten sich beworben für das Bildhauer-Symposium. Eine Jury der Fachhochschule, darunter die Dekanin für Design und ein workshoperfahrener Bildhauer, wählte die Künstler nach den eingereichten Entwürfen aus. „Es ist erfreulich und selten geworden heutzutage, dass eine Bildungseinrichtung solch ein Zusammentreffen von Bildhauern mit handwerklich künstlerischem Austausch und einen Workshop unter dem Motto ´Lebenslanges Lernen` für Schüler und Studenten ermöglicht“, sagt Peter Fiedler, der seit 2002 mit einem Verein das Internationale Bildhauersymposium in Moritzburg organisiert und nun den Workshop an der FH Dresden künstlerisch begleitet. Dabei geht es um den Umgang mit dem Material, mit der Hand lernt man anders als mit dem Kopf, und etwas Sichtbares zu schaffen. „Diese haptischen Fähigkeiten wie mit Meißel und Schnitzmesser umzugehen, gehen leider immer mehr verloren“, sagt Peter Fiedler. Durch körperliches Tun etwas hervorzubringen, das auch Selbstbewusstsein und Zufriedenheit gibt, sollen die Workshopteilnehmer ebenfalls erfahren.

Ein Ohr aus Stein, das 1,70 Meter hoch wird, erschafft gerade Kei Nakamura aus Japan. Seine Skulptur steht für das Aufnehmen, die Sinneswahrnehmung ebenso wie das Unsichtbare hörbar zu machen in der universellen und bildlichen Sprache des Steins. Er ist das erste Mal in Dresden und fasziniert von dieser „Stadt des Sandsteins“. Eine Qualität der Stadt sei, dass sie aus dem Historischen gewachsen ist. Figürlich wirkende Buchstaben und ein Fragezeichen aus Stein, die den Weg des Lernens und das Gefühl der Erkenntnis durchlaufen und die sie vielleicht noch mit Farbe bemalt, wird die italienische Künstlerin Enrica Rebeck zeigen.

Carlos Monge ist aus Mexiko angereist und der erfahrenste Künstler in der Runde. Er hat schon an über 130 Bildhauer-Symposien in 30 Ländern teilgenommen. In Dresden ist sein 131. Symposium. Er fühlt sich sehr wohl hier, sagt Monge. Der Ort sei aber nicht die Hauptsache für ihn, sondern vielmehr die Beziehungen mit den Menschen, anderen Künstlern und denen, die hinter dem Projekt stehen. Er zeichnet mit rotem Stift eine Skizze auf den Stein, die Kreise erinnern an Jahresringe von Baumscheiben. In der Hand hält er eine versteinerte Muschel. „Die Kunst ist einer Parallele zur Natur voller geometrischer Formen“,  sagt der mit seinen 75 Jahren immer noch schaffensfrohe Künstler. Er trägt Jeanshemd, Jeans und Strohhut und schildert lebhaft, wie die Naturformen und die Kultur der Azteken, deren spirituelle Energie und reduzierte Formen transformiert in sein eigenes Werk einfließen. Bildhauer Christian Ruckdeschel aus Nürnberg baut einen Tisch aus Stein mit Bezug zum Lernort, mit klaren kubischen Formen und sichtbaren Bruchflächen.

Die entstehenden Skulpturen sollen das Umfeld der Hochschule und den Campus gestalterisch bereichern. Interessierte Studenten der Hochschule und Schüler der Akademie für berufliche Bildung können außerdem in einem Workshop im Austausch und unter Anleitung durch die Künstler kreativ den Sandstein bearbeiten und eigene Erfahrungen damit sammeln. Die Teilnahme am Workshop ist kostenlos und wird von der Unternehmensgruppe der Fachhochschule finanziert. Zwei Schulklassen der Fachoberschule werden  Steine und Werkzeuge näher erkunden am 30. und 31. August und die Studenten ab 1. September. „Der Stein ist wie eine Festplatte, in die man Zeichen haltbar, die Zeiten überdauernd, einmeißeln kann. Technik hingegen hat ihre Grenzen“, so Bildhauer Peter Fiedler.

Virtuelles Design und Bildhauerkunst zum Anfassen sind starke Gegensätze. „Schauen, wie man Berührungspunkte finden, schaffen und diesen Ort nutzen kann, um ein altes Handwerk zu bewahren“, das interessiert Karolin Schluttig, Studentin für Mediendesign an der FH Dresden und Organisatorin des Bildhauer-Symposiums. Sie nimmt auch am Workshop teil. „Im Stein ist jeder Handgriff gesetzt und kann man nichts digital zurücknehmen. Das ist spannend.“

„Cool finde ich, dass es ein Projekt ist, das man nach außen sieht und hört und von Studenten mit umgesetzt wird“, sagt Christian Schülke, Mediendesignstudent und Vorsitzender vom Studentenrat der Fachhochschule Dresden.

Die Vernissage mit den Werken der Künstler findet am 4. September, um 15 Uhr auf dem Campus statt. Interessierte Gäste sind herzlich eingeladen.

Weitere Infos: www.fh-dresden.eu

Text + Fotos (lv)


Begegnungsort, Schattenspender & Platz zum Innehalten: Dazu lädt eine stattliche Buche in der Mitte des Platzes die Künstler und Besucher ein.


Formstrenge & spielerische Leichtigkeit im Umgang mit dem Material: Dieser Kontrast reizt den Bildhauer Christian Ruckdeschel aus Nürnberg. Seine Skulptur aus drei Teilen erinnert an einen Tisch mit Bezug auf den Lernort.

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