Alle unter einer Tanne: Da brennt die Luft und manches pikante Familiengeheimnis wird nach der Bescherung gelüftet. Foto: Robert Jentzsch
Wenn der schöne Schein platzt
So viel Heimlichkeit, in der Weihnachtszeit. Das sorgt nicht nur für kribbelige Vorfreude, sondern auch für eine aufregende Bescherung voller unliebsamer Überraschungen in der Weihnachtskomödie „Alle unter eine Tanne“ von Lo Malinke. Die Premiere war am Freitagabend in der Comödie Dresden.
Der Tannenbaum strahlt im Lichterglanz im Wohnzimmer, der Tisch ist gedeckt und das künstliche Kaminfeuer auf dem Bildschirm wird kurz unterbrochen von einer TV-Sendung mit einer Paartherapeutin und Bestsellerautorin, die Tipps für ein entspanntes Weihnachtsfest gibt und das Geheimnis glücklicher Beziehungen verrät: „Wagen Sie die vollkommene Aufrichtigkeit!“ Allein mit ihrem Exmann Robert (wütend-spöttisch: Helmut Schreier) ist das auch kein Problem für die Therapeutin Elli (energisch-abgeklärt: Uta Schorn). Die Beiden streiten und sticheln unentwegt, doch am Heiligen Abend wird traute Familienharmonie im Elternhaus für die drei erwachsenen Kinder inszeniert. Doch der schöne Schein bröckelt immer mehr und ein heilloses Durcheinander bricht aus, als unerwartet Roberts neue Partnerin Chrissi (mit kessem Charme: Heidi Weigelt) hereinplatzt, die nicht länger allein am Weihnachtsabend zu Hause sitzen will.
Und auch Ellis deutlich jüngerer Freund Micha, der vorher ihr Fahrlehrer war
(Thorsten Feller) will nicht länger wie ein Wischmop von ihr in der Küche versteckt werden vor ihrer Familie. Das sorgt für reichlich komische Turbulenzen in dieser schräg-verrückten Weihnachtskomödie nach etwas zähem Beginn in der Regie von Urs-Alexander Schleiff. Die darin gipfelt, dass Ellis Freund seiner vermeintlichen Flamme Chrissi einen Heiratsantrag macht mit einem flugs zugesteckten Ring von Robert. Einen Moment singen alle zusammen andächtig „Stille Nacht, heilige Nacht“, packen Geschenke aus, kurz darauf brennt der Tannenbaum und wird auch manch pikantes Geheimnis der beiden Töchter und des Sohnes offenbart.
Die volle Dosis Familiendrama am Weihnachtsabend kam in unverblümt, direkten Dialogen, humorvoll Klischees und moralische Spießigkeit auf die Schippe nehmend, in geballter Ladung unter Regie von Urs-Alexander Schleiff auf die Bühne. Herzerfrischend ehrlich, lebensfroh, mal stark, weich und verletzlich agieren Uta Schorn und Heidi Weigelt, zwei aus dem Fernsehen bekannte Schauspielerinnen. Sie moderierten auch im Wechsel die beliebte DDR-Unterhaltungssendung „Wunschbriefkasten“. Natürlich gibt es ein Happy End für die Paare zum Fest der Liebe, die sich wiedertreffen an einem Asia-Imbiss mit roten Lampions und fröhlich-gelassen trällerndem Kellner. Viel Beifall.
Text (lv)