Johannes Heisig, „Waterloo Sunset“


Sylvia Hagen, „Apokalyptischer Reiter“

Kraftvolle Zeit-Bilder über Störung und Zerstörung

Plastik und Malerei von Sylvia Hagen und Johannes Heisig zeigt die Ausstellung „Paragone“. Die Vernissage ist am 31. Januar, 19 Uhr in der Galerie Himmel in Dresden

Die GALERIE HIMMEL präsentiert mit der kommenden Ausstellung Bronze- und Terrakotta-Plastiken von Sylvia Hagen sowie Gemälde von Johannes Heisig. Die Ausstellung will keinen „Wettstreit der Künste“ ausfechten, wie es der Ausstellungstitel „Paragone“ versprechen mag, sondern widmet sich vielmehr den Handschriften zweier herausragender ostdeutscher Künstler, deren Hauptthemen Figur und Mensch sind.

Sylvia Hagen (*1947 Treuenbrietzen)
Charakteristisch für die faszinierenden Bronze- und Terrakotta-Plastiken der Bildhauerin Sylvia Hagen sind die rauen, spröden und schrundigen Oberflächen mit ihren Durchbrechungen, den unzähligen kleinen Höhlungen und Buckeln, die ein reiches Licht-und-Schatten-Spiel ermöglichen. Diese pulsierende „Haut“ lässt die fragmentierten und wahrhaftigen Figuren zum Leben erwachen. Ihr Volumen scheint allein dem Zweck zu dienen, um ausgehöhlt, durchbrochen und zerklüftet zu werden und seine Oberfläche als Grenze zu verlieren. So wird das Innen nach Außen und das Außen nach Innen gekehrt, Oberfläche und Kern der Skulptur verwachsen wesenhaft miteinander.

Das Werk von Sylvia Hagen steht für die Auflösung kernhaften Volumens und für das Vergängliche, das Verletzliche. Der tektonische Aufbau einiger Figuren zeigt eine klare Strenge, fragil anmutende Werke eine besondere Empfindsamkeit. In der Technik des schichtweisen Aufbaus aus Tonplatten baut die Bildhauerin statische Konstruktionen wie ein Architekt. Dieses Verfahren ermöglicht das scheinbare Auflösen des Körperhaften. Exemplarisch steht dafür die amorphe Figur des gesockelten „Apokalyptischen Reiters“, ein Symbol der Angst für Krieg und Zerstörung. Sylvia Hagen sucht kein naturalistisches Abbild von etwas Gesehenem, sie geht weit darüber hinaus. Ihre Figuren sind nicht erzählerisch, vielmehr metaphorisch. Sie verkörpern auf tief beeindruckende Weise die gesamte Ausdruckskraft existenzieller Seinszustände.

Johannes Heisig (*1953 Leipzig)
In der ostdeutschen Kunstszene der 1980er Jahre mit Hubertus Giebe und Walter Libuda als „Junger Wilder“ apostrophiert, wurde Johannes Heisig 1978 Meisterschüler von Gerhard Kettner an der Dresdner Kunsthochschule. Hier fand er Anschluss an spezifische Traditionslinien der Dresdner Malerei, wie sie unter anderem durch Oskar Kokoschka und Otto Dix vertreten waren. Auch Wegbereiter der Moderne wie Van Gogh oder Cézanne waren richtungsweisend für Heisigs ausdrucksstarke, unorthodoxe und scheinbar unbefangene Malerei. Mit wuchtigem Gestus gestaltet Johannes Heisig seine Themen in Alltag und Geschichte, in Literatur und Musik, in Kunst und Religion. Über fünf Jahrzehnte hinweg hat der Maler eine glanzvolle Handschrift entwickelt, welche durch die selbstkritische Praxis des Verwerfens und Suchens der Form erst zur Vollendung gelangt.
Johannes Heisigs kraftvolle Bilder entfalten einen mitunter betörenden Kolorismus, in dem sensibel orchestrierte Klangfarben aus dem Tonbett eines lichthaltigen Grau heraus leuchten.

In der Porträtmalerei ist das zentrale psychologische Moment der Malerei Johannes Heisigs mit Händen zu greifen. Selten gleitet der Pinsel an der bloßen Oberfläche des Sichtbaren ab. Die Erscheinung des Gegenübers wird als bisweilen schöne, immer jedoch empfindlich dünnhäutige und – ähnlich wie die Landschaften und Stillleben – vergängliche Existenz beschrieben, anfällig für die stets zu gewärtigenden Zufügungen des Lebens. Andere Bilder, in denen sich die Wahrnehmung in phantastische Farbräume hinein weitet, erzählen von inneren Zuständen, von Störung und Zerstörung, von Selbstzweifel, von Hoffnung. Aus dunstig-nebulösen, teils chaotisch strukturierten Farbfeldern lösen sich Figuren, Dinge und Architekturen auf der Suche nach ihrer Rolle im Bild, ihrem Ort in der Welt. Diesen Bildfindungen eignet etwas Dramatisches, ja Bühnenartiges. Doch statt hermetischem Welttheater haben hier bizarre Tagträume ihren Auftritt.

Im Kabinett präsentiert die Galerie Himmel zeitgleich Radierungen von Konrad Henker (*1979 Weimar). Konrad Henker, der sich ausschließlich der Radierung widmet, verbringt mehrere Wochen jährlich in der Gletscherlandschaft des alpinen Hochgebirges, um vor Ort zu arbeiten. In der Einsamkeit und Stille über 3000 m Höhe sind es die elementaren und unmittelbaren Eindrücke, die der Künstler auf schweren Zinkplatten zu fassen sucht. Im Atelier werden die Radierungen mit Aquatinta und Strichätzung aufwendig überarbeitet und weiterentwickelt. Zeichnerische Leichtigkeit, lebendige Dynamik und technische Bravour geben den „Seelenlandschaften“ eine faszinierende Tiefe.

Die Ausstellungen „Sylvia Hagen | Johannes Heisig – Paragone “ und „Konrad Henker – Hintereis. Alpine Radierungen“ werden am Freitag, dem 31. Januar 2020, um 19 Uhr, mit einer Vernissage eröffnet. Der Kunsthistoriker Prof. Dr. Bernd Küster, Direktor a.D. der Museumslandschaft Hessen Kassel, spricht einführende Worte. Die Künstler werden anwesend sein.

Die Ausstellungen sind vom 1. Februar bis 28. März 2020 zu sehen.

Text:
Anja Himmel & Michael Böhlitz
GALERIE HIMMEL
Obergraben 8
01097 Dresden

Tel. 0351-4843578

email@galerie-himmel.de
www.galerie-himmel.de

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