Farbberauschende, vielstimmige Klangmalerei: Gerlinde Queißer vor einem Bild ihres Mannes Max Manfred Queißer in der Stadtgalerie Radebeul. Am 6. März, um 15 Uhr findet dort ein Künstlergespräch mit ihr statt.
„Fantasia“, 2009, Öl auf Leinwand
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„Ein Maler hört Musik“, 1998, Öl auf Leinwand
„Giocoso“, 2016, Öl auf Leinwand


„Clown mit Tremoloharmonika“, 2009, Öl auf Leinwand

Farbmelodien des Lebens

Ausdrucksreiche Klangmalerei zeigt die Ausstellung „Polyphonie“ zum 95. Geburtstag von Max Manfred Queißer in der Stadtgalerie Radebeul.

Malerei voller Kraft, Rhythmus und Bewegung vereint die Ausstellung „Polyphonie“ (übers.: Vielstimmigkeit) zum 95. Geburtstag von Max Manfred Queißer derzeit in der Stadtgalerie Radebeul in Altkötzschenbroda 21. Zu sehen sind frühe und späte Werke des 2016 in Radebeul gestorbenen Künstlers.

„Wir haben uns in dieser Ausstellung bewusst auf seine abstrakten Werke beschränkt, in denen er Musik in Farben umsetzt und deren Vielfalt fasziniert“, sagt Stadtgalerist Alexander Lange. Er findet diese Bilder von Queißer „am stärksten“. Die Leuchtkraft der Farben wirkt noch mehr im winterlichen Grau. Rund 80 Besucher kamen zur
Ausstellungseröffnung.

Die Bilder von Max Manfred Queißer sind Musik für die Augen. Darin spiegeln sich die Eindrücke und Empfindungen der gehörten sinfonischen Werke, die Queißer in farbberauschende, vielstimmige Klangmalerei verwandelt hat. Die Farben fließen mal ruhig und klar, mal strömen, strudeln, wogen sie expressiv und kontrastreich, mal flächig und mal pastos, gespachtelt aufgetragen auf den oft großformatigen Leinwänden. Darunter “Inspiration“ nach Igor Strawinsky in bewegt-beschwingten, hellen und dunklen Farbtönen. Kräftiges Rot und Schwarz dominieren in Analogie zur Oper „Porgy and Bess“ von George Gershwin. Ein farbflirrendes „Allegro Moderato“ und ein federleichtes „Fortissimo“ stimmen auf den Frühling ein. “Vier Hände – zwei Klaviere“ zeigt einander umspielende, ineinander greifende Farbformen.

Ausdrucksreich auch die Bilderserie nach der Orchestersuite Op. 32, The Planets von Gustav Holst. Eins seiner Hauptwerke, das 2009 entstand und in leuchtend farbigen Linienschwüngen, weit ausholend und schwebend die Planeten Saturn, Merkur, Jupiter und Venus auf die Leinwände holt. „Er nahm die Musik in sich auf, wie ein inneres Bild, und danach malte er nach Gehör“, erzählt seine Frau Gerlinde Queißer, Diplomdesignerin und Freie Innenarchitektin, bei einem Rundgang durch die Ausstellung. 45 Jahre lebten sie zusammen.

“Musik, Wissenschaft und Kunst gingen immer zusammen bei ihm, verbunden mit großer Neugier.“ Max Manfred Queißer wurde 1927 in Freital geboren. Nach einer unbeschwerten Kindheit und Jugend erlebte er als 17-Jähriger den Krieg in der Ukraine am Donbass, wo er nach dreijähriger Kriegsgefangenschaft an Malaria erkrankte und trotz der Lungenkrankheit sich zurückkämpfte ins Leben im zerstörten Dresden. Das Geigenspiel half Queißer auch in dieser Zeit. Ab 1958 entstanden erste eigene, realistisch-expressionistische Malereien. Sein Schaffen wurde angeregt durch Besuche in den Ateliers von Künstlern wie Joseph Hegenbarth, Hans und Lea Grundig. Er besuchte das Picasso-Museum in Paris, beschäftigte sich mit seiner Kunst und auch die Bauhaus-Künstler hatten Einfluss auf sein Werk. Nach Beendigung seiner wissenschaftlichen Laufbahn als Kultursoziologe war Queißer ab 1993 als Maler tätig und musizierte auf der Geige.

Er war ein vielseitiger Malerpoet. Fein akzentuiert und assoziationsreich begegnen einem die meist abstrakten und zeichenhaften Farblandschaften in dieser Ausstellung. Ab und an schauen Gesichter und Tiere hervor aus den atmosphärisch dichten Farbgeweben, ein still-versonnener Clown mit sonnengelbem Antlitz inmitten von Grün. Und in der Bilderserie „Tanzender Garten im Wind“ tummeln sich Schildkröte, Adler und Specht. Tatsächlich lebt im Haus der Familie Queißer seit vielen Jahren eine griechische Landschildkröte, ca. 80 Jahre alt inzwischen und über ein Dutzend kleine Kinderschildkröten nebst einer Katze, 13 Jahre. Im März erwachen die Schildkröten aus dem Winterschlaf, so Gerlinde Queißer. Sie archiviert das reichhaltige Werk ihres Mannes im gemeinsam sanierten Wohnhaus mit Atelier, Depot und großem Garten in Radebeul. Rund 500 Werke hat Max Manfred Queißer hinterlassen, darunter etliche Grafiken und auch einiges niedergeschrieben, das seine Frau noch in Buchform mit Bildern veröffentlichen will. Der Katalog „Seelenlandschaften“ zu Leben und Werk mit zahlreichen farbigen Abbildungen ist in der Stadtgalerie erhältlich.

Die Ausstellung ist noch bis 27. März zu sehen in der Stadtgalerie Radebeul. Ein Gespräch mit Gerlinde Queißer gibt es dort am 6. März, 15 Uhr und einen Rundgang am Abschlusstag der Ausstellung um 16 Uhr.

Text + Fotos (lv)

Geöffnet: Di, Mi, Do von 14 bis 18 Uhr und So von 13 bis 17 Uhr


„Fortissimo“, 1999                                               „Vivace Vivo“, 2016


Abstrakte und zeichenhafte Farblandschaften, darunter eine Bilderserie zur Orchestersuite „The Planets“ von Gustav Holst (im Hintergrund) vereint die Ausstellung in der Stadtgalerie Radebeul. Die Diplomdesignerin und Absolventin der Burg Giebichenstein bei Halle, Gerlinde Queißer erzählt mit Akribie und Hingabe über das reichhaltige Schaffen ihres Mannes.

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