Fotos: „Der letzte Clown auf Erden“ Anton Adasinskij vom Derevo – Tanztheater
Ein wahnwitziger Tanz über dem Abgrund
Er ist ein Vagabund, ein Schelm und Wanderer zwischen Himmel und Erde, der weder Gott noch Teufel fürchtet. “Der letzte Clown auf Erden“ mit Anton Adasinskiy vom Derevo Tanztheater Dresden – St. Petersburg in der Titelrolle entzündet ein bilderreiches Feuerwerk voll düsterer und absurd komischer Szenen über den Zustand der Welt. Die Premiere war am Montag abend im ausverkauften Festspielhaus Hellerau.
Anfangs stolpert der Clown wie ein Landstreicher mit Hut, schäbigem Mantel und zerrissener Hose und Flasche in der Hand umher. Er torkelt, grinst und steigt über die Zuschauerreihen hinweg, sammelt Almosen und Zigaretten ein. Spöttisch begleitet er mit dem Publikum einen kindlich-zeichenreichen Film mit dem Titel „Der Sieg über die Sonne“ auf der Bühnenleinwand (Video-Art: Pavel Semchenko/Akhe). Und irrt wenig später nach einem explosiven Knall zwischen rot glühenden Steinsbrocken auf der dunklen Bühne mit aufsteigenden Rauch allein umher. Aus dem Hintergrund hört man zunächst Gelächter, als wäre alles nur Spaß und später Klageleute. Der Clown klopft ans Himmeltor und legt sich mit Gott und Teufel an – in Videobildern verkörpert von Makhina Dzhuraeva und Aleksei Popow – , die mit allen Verlockungen, List und Tücken seinen Weg auf Erden verfolgen. Der Clown rennt immer weiter, einen Ort zum Überleben suchend, die Unterwäsche hängt ihm schon in Fetzen am Leib.
Mal jämmerliche Gestalt, mal Possenreißer mit dem roten Apfel vom Paradiesbaum als Clownsnase, Suchender, Verführter und Erkennender eilt er durch die Zeit zwischen Jahrmarktstimmung und Marschmusik. Weihnachtsmütze und Rettungsring griffbereit. Er besteigt ein Schiff mit farbigen Wimpeln zu wehmütigen Bläserklängen, wirft einen roten Knautschsack wie eine Boje ins Publikum, trägt Vogelschwingen und lässt sich in einer Schubkarre mit blinkenden Lämpchen als Showmaster im schwarzweiß karierten Anzug mit Mikro feiern, mit drei bereitwillig zu Popklängen mitschunkelnden Männern aus dem Publikum. Der Clown opfert sich dem Vergnügen. Noch einmal verspritzt er übermütig Wein im Zuschauerraum, bevor er auf einen Karren steigt, sich übergießt und anzündet.
Zuletzt kreist die Erde als Feuerball im All auf der Bühnenleinwand, weit entfernt einige menschliche Geräusche und ein paar bunte tanzende Lichter über der Bühne. Es ist ein Stück ergreifendes und spannendes Körpertheater voller Wahnwitz, Poesie, Traurigkeit und Komik über den Irrsinn, Leid und Zerstörung in der heutigen Welt. Man bangt und hofft mit dem Clown bis zuletzt, dass alles sich zum Guten wendet. Ist die Welt überhaupt zu retten ohne Clowns?!, steht als Frage im Raum. Zuletzt stupst er das helle zerbrechliche Etwas auf der Leinwand an, als sei doch noch nicht alles zu spät. Herzlicher Beifall und begeistertes Füßetrampeln. „Der letzte Clown auf Erden“ ist nochmals am 27. und 28. Dezember, um 20 Uhr im Festspielhaus Hellerau zu sehen.
Fotos: Derevo