Blühende Landschaften & Wohlstand für alle nach dem „Gießkannenprinzip“. Installation von Ralf Uhlig.
„Horch & Guck“, Bilderserie von Gerald Risch ; Karikatur von Lutz Richter
„Rosa Bad“ von Wolfgang Smy, „Der Untergang“ (Entwurf) und „Masken“ von
Bärbel Voigt ; „Patriot“ von Wolfgang Smy
„Rosa Leuna“ von Karola Smy ; „Neuer Berliner Totentanz“ von Reinhard Zabka
„Punk“ von Gabriele Reinemer ; „Der Amnestierte“ von Markus Retzlaff
„o.t.“ von Wolf-Eike Kuntsche
„Was von uns bleibt“ von Reinhard Zabka; „Selbst als Bausoldat“ von Frank Ruschka
„Ab-Wendung“ von Anne-K. Pinkert ; „Es kommt selten vor…“ von Bernd Hanke
„Ende der Probefahrt“ von Burkhard Schade ; „Erinnerung“ von Markus Retzlaff ; „Schöne neue Welt“ von Anita Voigt
Schöne neue Welt
Ausbrüche aus der Enge, Träume, Erinnerungen, Verlockungen und Grenzen der Freiheit zeigt die Ausstellung „Radebeul gewendet“ zurzeit in der Stadtgalerie der Lößnitzstadt. Zu sehen sind Arbeiten von 52 Künstlern, die vor und nach 1989 entstanden.
Ein Mann steht auf, befreit sich aus seinem Käfig, breitet die Arme zum Fliegen aus und landet auf der Erde. Die Installation mit Miniaturfiguren aus Zinn und Blei auf einer dunklen Holztafel von Wolf-Eike Kuntsche, „o.t.“ aus dem Jahr 1986 hängt an der Stirnseite im Galerieraum. Gerade entlassen, aber mit starrem Blick und verschränkten Händen sitzt „Der Amnestierte“ in einem grauen Raum, in einem Ölbild von Markus Retzlaff von 1989/90. Eine rote Gestalt leuchtet kopfüber aus dem Nussbaum draußen. Den „Wendehals“ mit Spiegel zur Selbstbetrachtung installierte Dorothee Kuhbandner.
Zu sehen sind die Werke zurzeit in der Ausstellung „Radebeul gewendet“ in der Stadtgalerie Radebeul, Altkötzschenbroda 21 anlässlich des Ereignisses 30 Jahre Friedliche Revolution in Ostdeutschland in diesem Jahr. 52 Künstlerinnen und Künstler zeigen ihre Arbeiten, die vor 1989 und danach entstanden und die Zeit des Umbruchs reflektieren. Die Ausstellung steht in der Tradition der multimedialen Kunstprojekte, welche die bisherige Stadtgaleristin Karin Baum begründete, mit Titeln wie „Radebeul besitzen“ und „Radebeul bei Tag und Nacht“.
In großer Bandbreite der Ausdrucksformen, subjektiv, brüchig und wandlungsreich spiegelt sich die Zeit vor und nach der Wende. Ausbrüche aus der Enge, Träume, Erinnerungen, Illusionen, Verlockungen und Grenzen der Freiheit begegnen dem Betrachter vielgestaltig in Malerei, Grafik, Zeichnungen, Fotografie, Plastik und Installationen. In Wolfgang Smys ironischem Gemälde „Rosa Bad“ von 1985/92 gehen die Figuren mit heroischen Posen buchstäblich baden. Ebenfalls von ihm stammt der „Patriot“ von 2012, der aus rostigen Eisenfundstücken montiert und fahneschwenkend mehr einem wilden Eingeborenen ähnelt. Vielsagend zeichenreich ist Karola Smys Siebdruck „Rosa Leuna“. Schein und Sein von Ideal und Wirklichkeit spiegelt auch die Collage aus Zeitungsausschnitten in Labyrinthform, „Neuer Berliner Totentanz“, 1987/2009 von Reinhard Zabka. In einem Objektkasten mit dem Titel „Was von uns bleibt“ von 1988 sammelte er eine Fülle materieller Überbleibsel wie leere Konservendosen und Mokka-Fixtüten. Frank Ruschka zeigt ein berührend zwiegespaltenes Porträt „Selbst als Bausoldat“ von 1987.
In Claus Weidensdorfers Farblithografie „Am Flugfeld“ von 1988 schaut eine Menschenschlange gebannt durchs Fenster auf das Tor zur Welt. Aus einer Gießkanne voll bunter Aufkleber regnet es Wundermittel zwischen Ausverkauf und Aufbau Ost, blühenden Landschaften und Investruinen auf das durchgestrichene Schild DDR mit offenem Mauergürtel und rotgelbschwarzen Fähnchen. Die Installation stammt von Ralf Uhlig. „Schöne neue Welt“ heißt ein Siebdruck von Anita Voigt von 2008 voller sich in Farbe und Stil übertrumpfender Ich`s.
Menschen im Zug und eine Gestalt, die die Weltkugel in der Hand fragend betrachten, zeigt Peter Grafs Ölbild „Nicht mehr weit bis Catania“ von 2018. Ein Baum kurz vor dem Aufblühen vor halboffener Tür ist im Bild „Nach draußen“, 1990/2000 von Karen Graf zu sehen. Eine südliche Szene mit einem letzten Blick aufs Meer von der fast menschenleeren Terrasse, „Am Ende der Saison“, 2015 von ihr gemalt, lädt zum Träumen ein. Die Ausstellung „Radebeul gewendet“ ist noch bis 20. Oktober zu sehen.
Am 11.10., 19 Uhr gibt es in der Ausstellung eine Lesung und Musik mit den Radebeuler „Schreibenden Senioren“ und am 20.10. eine Sonderführung durch die Galerieleitung. Ein Stück Zeitgeschichte dokumentieren außerdem spannend und reich bebildert zwei Kataloge, die zum 20-jährigen Jubiläum der Stadtgalerie Radebeul erschienen und dort erhältlich sind.
Text + Fotos (lv)
Geöffnet: Di, Mi., Do und So von 14 – 18 Uhr.
Nach der Vernissage gab es ein Künstlerfest im Garten der Stadtgalerie Radebeul mit viel Musik, Gesprächen & Wein. Klangreich erfreuten Olicìa electronic handmade loopjazz und Jazzuro mit Swing, Bebop und Modern Ära die Besucher.
Den „Wendehals“ mit Spiegel zur Selbstbetrachtung installierte Dorothee Kuhbandner im Nussbaum vor der Stadtgalerie Radebeul.