„Mit der Faust in die Welt schlagen“ nach dem Roman von Lukas Rietzschel in einer Spielfassung von Lukas Rietzschel, Liesbeth Coltof und Julia Weinreich. Foto: Sebastian Hoppe
„Der Kirschgarten“ von Anton Tschechow aus dem Russischen von Elina Finkel. Foto: Sebastian Hoppe
„Schuldenmädchen-Report“ von Vanessa Stern. Foto: Sebastian Hoppe
Starke Stoffe zur Gegenwart
Der Start in die neue Spielzeit im Staatsschauspiel Dresden beginnt faustdick, aufregend und spannend. Mit der Uraufführung des Stückes „Mit der Faust in die Welt schlagen“ nach dem Roman von Lukas Rietzschel unter Regie von Liesbeth Coltof, Trägerin des deutschen Theaterpreises Der Faust, am Freitagabend im Kleinen Haus. Der 1994 in der Lausitz geborene Autor erzählt in seinem Debütroman die Geschichte zweier Brüder, die in der Provinz Ostsachsens leben, wo nach der Wende vieles weggebrochen ist, Ohnmacht und Wut in Hass und Gewalt umschlagen.
Man sieht den jungen Männern beim Erwachsenwerden zu und wie sie rechtsradikal werden. Als Nachwendekind und Nachfragender wollte er wissen, warum alles auseinanderfällt, kaputt geht und wie es vorher war, bekam aber keine Antwort von den Eltern und Großeltern. Sagte Lukas Rietzschel im Gespräch zum Stück „Mit der Faust in die Welt schlagen“ bei der Großen Saisonvorschau im Schauspielhaus. Nach der Landtagswahl in Sachsen, wo die AfD vor allem im ländlichen Raum die meisten Stimmen holte, gewinnt das Stück noch an Brisanz und bietet reichlich Diskussionsstoff.
Am Sonnabend hat „Der Kirschgarten“ von Anton Tschechow, sein letztes Stück, unter Regie des Theater- und Opernregisseurs Andreas Kriegenburg Premiere im Großen Haus. Ob die Kirschen schon reif sind, fragte Schauspielerin und Moderatorin Louise Aschenbrenner bei der Spielzeiteröffnungs-Show in die Darstellerrunde. Sogleich brach ein wilder Streit aus, wie mit dem brachliegenden Kirschgarten zu verfahren sei, dem Objekt der Begierde von Träumern und Spekulanten. Ganz in weiß gekleidete Gestalten, romantisch-verklärt, elegisch, mit bleich geschminkten Gesichtern geisterten auf der himmelblauen Bühne mit aufsteigenden Rauch umher.
Am Sonntag eröffnet die Inszenierung „Schuldenmädchen-Report“ der Bürgerbühne, die mit Tobias Rausch einen neuen Leiter hat, die Saison im Kleinen Haus. In der Aufführung decken sechs unbestechliche Reporterinnen die Schulden- und Schuldigkeitsfalle auf, in die besonders Frauen immer wieder geraten. In Anspielung auf die Softporno-Serie „Schulmädchen-Report“ aus den 1970er Jahren lassen sie die ökonomischen Hüllen fallen und befreien sich von Schuldgefühlen, weil sie nicht den Erwartungen anderer entsprechen. Da wird Klartext geredet, offen, ungeniert, direkt, selbstbewusst und provokant, was Frauen der Familie und Gesellschaft schuldig sind und wie ihre eigenen Lebensvorstellungen aussehen. Die Szene zur Saisonvorschau machte sofort Lust auf mehr. Es inszeniert die Schauspielerin und Regisseurin Vanessa Stern.
Insgesamt stehen 24 Premieren in der Spielzeit 2019/2020 bevor, vom Lügenbaron Münchhausen über Lulu, Shakespeares Macbeth, Mein Kampf von George Tabori bis zu Anna Seghers Transit.
Mehr Text zur neuen Spielzeit folgt.
Text (lv)