Achtung Kunstbaustelle: Der rotweiß bemalte Stuhl steht nebst weiteren Installationen von Reinhard Zabka in der neuen Ausstellung „Kunstbrücke“ im Lügenmuseum Radebeul. In dem Projekt geht es um die Vernetzung von Künstlern und Kunstorten beidseits der Elbe.

Ein fantastischer Figurenkosmos

Gestalt- und zeichenreiche Arbeiten auf Papier von 21 Künstlern zeigt die Ausstellung „Kunstbrücke“, die Kunstorte beidseits der Elbe vernetzt, im Lügenmuseum Radebeul.

Bunte Fische, blaue Mondraketen und andere kuriose Flugapparate auf Rädern
und mit langen Antennen schwirren auf den Wänden und stehen startklar im Raum. Lustige Tier­- und Fabelwesen und Außerirdische strecken ihre Fühler aus und schauen neugierig auf die Erdenwelt. „Aliens Welcome“ steht in roten Buchstaben am Eingang zum Lügenmuseum in Radebeul, gleich daneben mit rot-weißem Absperrband bemalt eine Tafel mit der Aufschrift „Kunstbrücke“ auf der Staffelei. Die Aliens stammen noch von der letzten Ausstellung. Nun lockt ein neuer, fantastischer Figurenkosmos für die Besucher zum Staunen, Schmunzeln, Wundern und Träumen in der Ausstellung, die gestern am Freitagabend im Saal vom Lügenmuseum an der Kötzschenbrodaer Straße 39 eröffnete. Großformatige, farb- und zeichenreiche Natur- und Stadtlandschaften auf Papier hängen ungerahmt, frei im Raum. Alles was das Leben lebens- und liebenswert macht und was es am Blühen hindert, ist dort form- und gestaltreich versammelt.

Zu sehen sind Arbeiten von 21 Künstlerinnen und Künstlern, bekannten und neuen, umgeben von allerhand witzig-skurrilen, summenden, ratternden, blinkenden und bewegten Dingen im Auf und Ab des „Welttheaters“, zusammengetragen von Reinhard Zabka, dem Betreiber dieses besonderen Kunstmuseums und künstlerischen Leiter des Projekts „Kunstbrücke“. Vor zwei Jahren erhielt dieses einen Preis für die Vernetzung von Künstlern und links- und rechtselbischer Kunstorte im Rahmen der Kunstförderung im ländlichen Raum. „Solche Kunstorte sind wichtig für die kulturelle Versorgung, für das Produzieren und den Austausch der Künstler untereinander und die Erschließung neuer kreativer Potenziale und Mittel“, sagt Reinhard Zabka. Die Bilder entstanden im November 2022 bei Aktionstagen mit Performances in einem leerstehenden Ladengeschäft in Riesa mit anschließender Ausstellung. Jetzt werden sie noch einmal im Lügenmuseum als Sommerausstellung gezeigt. Gefördert wurde dieses Gemeinschaftsprojekt verschiedener Kunstorte von der Kulturstiftung des Freistaates Sachsen, dem Landkreis Meißen und der Großen Kreisstadt Radebeul. Da ragen rot signalfarben Installationen mit filigranen Figuren in die Höhe, stehen Kunstobjekte und Stühle ohne Sitzfläche rot-weiß bemalt wie eine Baustelle, Gefahrenzone oder schützenswertes Gut in der Ausstellung.

Da hängen die wildfarbigen Tüpfelbilder von Klaus Liebscher an der Wand. Neben luftig bewegten Linienschwüngen wie wehende Tücher und Papierseiten festgehalten von Franziska Kunath steht kunstvoll verwobene Kalligrafie und Wortpoesie in schwarzen Buchstaben von Silvio Colditz. Figürliches und Pflanzliches verbindet Anita Rempe in ihrer Arbeit. Eine dunkle Sternschnuppe und Raketen fallen aus dem Himmel auf eine dichtbesiedelte Landschaft mit weißem Riesenvogel, unter dem Panzer rollen in einer Zeichnung von Dorota Zabka. Vis-a-vis zu einer Ansicht der Radebeuler Weinhänge in erdbraunen, urwüchsigen Farbtönen von André Uhlig ist eine witzig-ironische Figurenlandschaft, die Worte „Wir“ und „Heimat“ umkreisend, von Holger John, Künstler und Galerist in Dresden, zu sehen. Da ragen Leitern über Spinnennetze und Fischgräten hinaus in die Welt, klaffen Löcher neben einer Flasche mit Hochprozentigem, schweben Geldscheine und Domino-Spielsteine und ein Peace-Zeichen bewehrt mit Nägeln und streckt eine schwarze Gestalt mit Geweih auf dem Hut und Flügeln am Mantel mehrere Arme, Pinsel und Farbpalette oder Münzteller, gleichzeitig aus.

Die Zeit ist wie lose Uhrzahnräder aus den Fugen und geht wandlungsreiche Wege wie in einer gewundenen Schneckenhaus-Treppe in einer symbolstarken Zeichnung von Lea Sadowski. Ein blauer Erdball mit dunkel galoppierendem Reiter und Hochspannungsmasten, aus dessen Mitte ein Pinsel mit gelber Farbe emporsteigt vor glühendem Hintergrund, schwebt auf einem Bild von Christopher Simpson aus dem Künstlerhaus Wehlen. Als nächstes plant Zabka ein „Freiluftatelier“ mit Künstlern auf dem Dorfanger von Serkowitz hinter dem Lügenmuseum anlässlich des 100-jährigen Stadtjubiläums von Radebeul im Mai. Leider wurde eine Förderung über das Programm „Demokratie leben“ vom Landkreis Meißen abgelehnt. „Was wir machen, ist ja gelebte Kultur und Demokratie und passt wohl nicht in ihre Schublade. Weil wir die Kommode sind“, sagt Reinhard Zabka mit dem ihm eigenen Humor. Um so wichtiger ist das Zusammengehen mit weiteren Kunstorten und Kreativität auch beim Erschließen von Finanzierungsmöglichkeiten.

Text + Fotos (lv)

Geröffnet: Sa und So, Ferien und Feiertage jeweils 13 bis 18 Uhr

http://www.luegenmuseum.de