Das Spiel von Liebe und Zufall
Komödie von Pierre Carlet de Marivaux
in einer Fassung von Lily Sykes. Foto: Sebastian Hoppe

Leidenschaftliches Versteckspiel der Gefühle

Mit viel Komik, Spielfreude und Doppelsinn kommt das diesjährige Sommertheater-Stück „Das Spiel von Liebe und Zufall“ nach der Komödie von Pierre Carlet de Marivaux des Staatsschauspiels Dresden Open Air im Innenhof des Japanischen Palais auf die Bühne. Noch bis 30.6. zu erleben!

„This is not a Love Song!“, singt die junge Frau gleich zu Beginn mit rauer, lasziver und jazzig kraftvoller Stimme. Sie trägt eine große schwarze Schleife im Haar, kurze Hosen und Feinstrumpfhosen und Sonnenbrille. Wen wundert`s! Silvia (selbstbewusst: Sarah Schmidt) soll gegen den Willen ihrer Mutter Madame Orgon (Nadja Stübiger) mit dem jungen Edelmann Dorante verheiratet werden. Die schrill und extravagant wie eine Diva in dunklem Rüschenkleid und weißer Hochfrisur umherwirbelnde alte Dame hat mit mal salbungsvoller, mal tiefer, dunkler Stimme geschäftstüchtig ihre eigenen Pläne und möchte ihr marodes Unternehmen durch die Heirat sanieren und in feine Kreise aufsteigen. Doch Silvia, ihre Tochter mit der großen, braven schwarzen Schleife denkt gar nicht daran. Ihre Karriere als Sängerin ist gerade erfolgreich angelaufen und sie ist gern Single. Ihr Bruder Mario ist ein etwas einfältiger, aber auch durchtriebener Scherzbold und Muttersöhnchen, dafür mit eigenen Marotten (herrlich komödiantisch: Viktor Tremmel). Er hat auch ein Auge auf Lisette geworfen, ist aber chancenlos. Lisette (keck und vorlaut: Leonie Hämer), die persönliche Assistentin von Silvia mit der rötlichen Wuschelmähne, die an eine Fellkappe erinnert, weißer Bluse, Weste und schwarzen Pluderhosen, hätte hingegen nichts gegen eine Heirat, sie träumt von Liebe und Glück am besten mit einem wohlhabenden Mann.

Der taucht auch auf in Gestalt von Dorante  (sanft und edelmütig: Jakob Fließ), der jedoch seine Kleider tauscht mit Arlequin, seinem Butler (cool, derb und großspurig, draufgängerisch: Oliver Simon), da auch Dorante eine arrangierte Ehe missfällt und um seine zukünftige Braut heimlich auf die Probe zu stellen. Das Gleiche hat auch Silvia im Sinn, die mit Lisette die Kleider und Rollen tauscht. Das führt zu einem herzergreifend komischen wie dramatischen Verwirrspiel der Gefühle mit allen Höhen und Tiefen, um herauszufinden, für wen das Herz abseits aller Maskerade und sozialem Status denn nun wirklich schlägt, in der diesjährigen Sommertheater-Inszenierung des Staatsschauspiels Dresden „Das Spiel von Liebe und Zufall“. Die bekannte Komödie von Pierre Carlet de Marivaux ist in einer Fassung und unter Regie von Lily Sykes derzeit als Open Air-Aufführung im Innenhof des Japanischen Palais in Dresden zu erleben.

Die sechs Schauspielerinnen und Schauspieler agieren allesamt mit viel Komik, Leidenschaft und Spielfreude in diesem anfangs etwas zäh über Liebe und Ehe dialogisierenden, im zweiten Teil dann spannenderen und aberwitzigen Verkleidungs- und Kuppelspiel, mit galant eingestreuten, französischen Worten aus dem Mutterland der Liebe und Wortwechseln in Alltagssprache, manchmal sehr salopp und in breitem Sächsisch, begleitet von einer Band mit vier Musikern mit bekannten Rock- und Popklassikern, eigenwillig und witzig vorgetragen von den Darstellern. Eine Kleiderstange, Grünpflanzen und Lampenschirme genügen, mit denen man sich flugs in Schale wirft, jemand anders wird oder sich versteckt und tarnt, um die anderen Mitspieler zu beobachten und im entsprechenden Moment einzugreifen, um das Gefühlsfeuer weiter zu entfachen bis der Schwindel auffliegt, Wut, Enttäuschung, Ängste und Sehnsüchte sich breitmachen und die sich zueinander hingezogen fühlenden und passenden Paare am Ende doch noch finden. Als Kulisse und Spielfläche dient eine große Holzwand mit Empore, in rotes und nachtblaues Licht getaucht und Holzboden davor, mit Fenstern und auf und zu fliegenden Türen, gegen die die Darsteller reihum rennen, vor den Kopf gestoßen werden, sich daran stoßen wie an den Etiketten und einen Weg heraus suchen. Reichlich Beifall gab es vom Publikum für einen vergnüglichen Theaterabend mit einigen nachdenklichen Momenten, wie man den wahren Wert eines Menschen hinter der Fassade erkennt und was das mit Liebe und Zufall oder tieferem Sinn zu tun hat.

Text (lv)

Nächste Aufführungen: 23.6., 19 Uhr; 26.6., 27.6., 28.6., 29.6., 20 Uhr und 30.6., 19 Uhr

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