Foto: Robert Jentzsch. Anstands- und Amüsierdame zugleich: „Charleys Tante“ (in der Titelrolle Philipp Richter) sorgt in der gleichnamigen, zeitlosen Erfolgskomödie von Brandon Thomas, die jetzt im Boulevardtheater Dresden auf die Bühne kam, für reichlich Spaß und Turbulenzen.

Eine schrille Lady mit großem Herz

Der Komödien-Klassiker „Charleys Tante“ erweist sich über 100 Jahre nach der Uraufführung in England immer noch als zeitlos-unverwüstlich im humorvollen Mann-Frau-Geschlechterrollenspiel. Die Premiere war am Sonntagabend im Boulevardtheater Dresden.

Extravagant wie eine Diva, mit Federkappe im Haar, Pelzstola überm Spitzenkleid und Glacéhandschuhen steht sie oben auf der Treppe, winkt mit nobler Geste allen zu, als wollte sie die ganze Welt umarmen. Der vorher nur herum geschubste Butler becirct, täuscht und hilft in Herzensnöten bei seinem Auftritt als „Charleys Tante“. Über 100 Jahre nach der Uraufführung in England kommt sie nun wieder in heikler Liebesmission in der bekannten Komödie von Brandon Thomas, die in einer Bearbeitung von Marcus Everding am Sonntagabend Premiere feierte imBoulevardtheater Dresden.

Die Bühne ist in Schummerlicht getaucht und führt in einen Salon mit Gemälden, Elefantenkopf an der Wand und einem Bild des Luxusschiffes Titanic, das schräg verrutscht, die nahe Katastrophe ankündigt und schließlich auseinander bricht. Entsetzt rückt der Butler das Bild wieder gerade. Doch kaum ist die Unglücksmeldung erschienen in der „Times“, die es als Extra Evening Edition anno 1912 statt des Programmhefts in Zeitungsform im Theater gibt, laden der adlige, nur auf Pump lebende Junggeselle Jack (Volkmar Leif Gilbert) und sein schüchtern-gutmütiger Freund Charly (Christian Ludwig) ihre adrett-reizenden Angebeteten Kathy (Stefanie Bock) und Anny (Josefine Heidt) zu einem als Lunch getarnten Rendezv-vous ein. Doch die dafür seinerzeit unverzichtbare Anstandsdame Donna Lucia d`Alvadorez, Charleys reiche Tante aus Brasilien, verspätet sich.

In letzter Minute überreden daher die zwei Freunde Jacks Butler Brassett (Philipp Richter), in das Kostüm für den Butler-Ball zu schlüpfen und sich statt als Queen Mum notgedrungen als Charleys Tante auszugeben. Und wie er das tut! Mit mal romantisch verklärter, mal süffisant-spöttischer Miene, nebenbei lässig Cherry trinkend und Zigarillo rauchend, gelassen und forsch flunkernd, hilft er den frisch Verliebten als schrille Lady mit großem Herz und hält sich hartnäckige Verehrer vom Leib. Die dem außergewöhnlichen, vermeintlichen Weibsbild  nachstellen und dieses heiraten wollen. Zuerst versucht es Jacks Vater, ein ausgedienter Colonel aus Indien und Witwer (beschwipst-überdreht und frivole Sprüche klopfend: Michael Kuhn), der zu schmissigen Grammophon-Klängen mit ihr tanzt, vor allem um der chronischen Geldnot zu entkommen. Als auch noch der streng-poltrige Vormund Kathys (Wolf-Dietrich Rammler) in Leidenschaft zur “falschen“ Tante“ entbrennt, will der Butler die Maskerade beenden und fliehen.

Richtig brenzlig wird es, als auch noch Charleys echte Tante (cool-verwegen: Angela Jacobi) auftaucht. Immer wenn zwei sich mehr oder weniger freiwillig näher kommen, leuchten die Alarmlampen auf in diesem amüsant-lustvoll inszenierten Geschlechterrollenspiel, das Mann- und Frausein mit allem Schein und Sein witzig-absurd und kurzweilig, leicht beschwingt auf die Schippe nimmt  (Regie: Manuel Krstanovic). Viel Beifall.

Text (lv)

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