Ein groteskes Spiel um Macht und Verführung
Wohin führen grenzenlose Freiheit und der Ruf nach härteren Gesetzen für mehr Ordnung im Land? Das hinterfragt bilderstark und eindringlich Peter Kubes Inszenierung von Georg Büchners Drama „Dantons Tod“. Die Premiere war am Sonnabend an den Landesbühnen Sachsen in Radebeul.
In heroischer Pose erstarrt wie Denkmäler oder Spielfiguren, stehen inmitten ihrer Anhänger zu Beginn Danton und Robespierre und singen die Marsellaise. Die einstigen Kampfgefährten und Anführer der Französischen Revolution sind zu erbitterten Feinden geworden, die am Volk vorbei ihre Machtkämpfe austragen. Davon erzählt das Drama „Dantons Tod“ von Georg Büchner passend zum Motto der neuen Spielzeit “Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit“. Die Premiere war am Sonnabend an den Landesbühnen
Sachsen in Radebeul.
Die packende, leidenschaftliche und bildhaft-poetische Sprache Büchners kam in der Inszenierung von Peter Kube in eindringlichen, beklemmenden bis grotesken Szenen, jedoch etwas einseitig überspitzter Darstellung der zwei politischen Kontrahenten auf die Bühne. Büchners zeitloses Stück legt den Finger auf die Wunden der Gesellschaft, indem es Ideale ebenso wie niedere Instinkte des Menschen und ihre Verstrickungen in der Politik schmerzhaft genau offenlegt. Es hinterfragt: „Was ist das, was in uns lügt, mordet, stiehlt?“ Es geht um den Umgang mit Macht, Konflikten, Schuld und Verantwortung in Umbruchzeiten.
Auf der schwarzen Bühnenschräge, die immer rotbefleckter wird im Laufe des Stücks, steht inmitten der konträren politischen Lager eine Frau in weißem Kleid (kraftvoll: Julia Vincze) mit Tricolore in der Hand wie eine Statue der Freiheit, die die Männer umarmen. Es ist Julie, Dantons Frau, die weitaus mehr Mut zeigt als er. Danton wird von Alexander Wulke als tragikomische, widersprüchliche Figur gespielt. Der zunächst in rotem Kleid närrisch, verrucht mit einer und mehreren Gespielinnen sich vergnügt. Nichts vom einstigen Revolutionär übrig, wehleidig und trotzig ignoriert Danton die Warnungen seiner Gefährten, wie den ihn immer wieder anstachelnden, besorgten Lacroix (Grian Duesberg). Berührend die Szene mit dem jungen Paar, dem Danton-Anhänger Camille (Felix Lydike) und seiner Liebsten Lucille im blauen Kleid (Julia Rani), ihr Hin und Her geworfen sein, sich An- und Auflehnen für ihr eigenes Glück und große Ideen und die Verletzlich-Zerbrechlichkeit alles Lebendigen. Im Kontrast dazu die Rede des Aufwieglers Hérault (Johannes Krobbach), der zwischen Natur- und menschlicher Zerstörungsgewalt nicht unterscheiden will.
Der Jakobiner-Anführer Robespierre, genannt „Blutmessias“ predigt Ordnung und Tugendhaftigkeit und windet sich zwischen Gewissensbissen und hart durchgreifen (Holger Uwe Thews). Erst als die Gewalt immer mehr um sich greift und das Volk Dantons Kopf verlangt als Sündenbock, regt sich Widerstand in Danton. Die Gegner attackieren sich gegenseitig mit Stühlen oder verschanzen sich dahinter Reden haltend. Bevor allen Verstand und Vernunft erstickend das Eisenmesser der Guillotine krachend niedersaust. Viel Beifall.
Text (lv)
Matinee zur Schauspiel-Spielzeit jetzt am 4.11.2018, 11.00 (Glashaus)
Die Matinee zur Inszenierung «Dantons Tod» und zur Spielzeit 18/19 der Sparte Schauspiel wird vom 7.10.18 auf den 4.11.18, 11.00 Uhr verschoben. Die Landesbühnen konnten für diesen Termin den Seelsorger der Polizei, Christian Mendt, gewinnen, der bis 2014 Pfarrer der Lutherkirche Radebeul war.
«Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit», die Schlagworte der Französischen Revolution, vor deren Hintergrund «Dantons Tod» spielt, sind das Motto dieser Spielzeit. Ringen die politischen Parteien heute noch um diese Ideale? Wird die Radikalisierung, die auf den Straßen stattfindet, wirklich wahrgenommen oder geht es um die Sicherung der Machtpositionen von Politikern?
Als Polizeipfarrer ist Christian Mendt immer wieder mit diesen Fragen konfrontiert. Vor dem Hintergrund der aktuellen gesellschaftlichen Lage stellen wir Ihnen den Spielplan dieser Spielzeit vor und kommen mit Darstellern und Regisseur Peter Kube ins Gespräch.
Text: Petra Grubitzsch/LB