Kunstreicher Ort mit malerischem Ausblick ins Grüne: Silvia Tröster, die neue Besitzerin, rettete und sanierte das Melli Beese-Haus in Dresden-Laubegast. Hier im Gespräch mit dem Künstler Eckhard Kempin, der im Haus einen neuen Ort zum  Wohnen und Malen gefunden hat. Für beide ein Glücksfall.

Glücklich im Garten mit Fingerhut und Königskerzen

Die Schweizerin Silvia Tröster rettete das Melli-Beese-Haus und seinen urwüchsigen Garten mit alten Obstbäumen und seltenen Pflanzen in Dresden-Laubegast.

Die rostige Wasserpumpe steht immer noch im Garten vor dem Melli-Beese-Haus in Laubegast. Sie gehört dorthin wie all die hohen, alten Bäume, die die Zeiten  überdauert und ihre Spuren hinterlassen haben. Hinter dem schmiedeeisernen Metalltor empfängt den Besucher eine blühende Oase. Ein Spalier mit roten Rosen und lila Rhododendronbüschen und vielen weiteren, seltenen Gewächsen. Ein helles Sonnensegel spannt sich schattenspendend über der Wiese. Ein Tisch und Stühle stehen dort. Ein paar Spritzer vom Rasensprüher dringen erfrischend herüber.

Es hat sich viel getan am Haus und im Garten, seit Silvia Tröster das Geburtshaus von Melli Beese auf der Österreicher Straße 84 im Jahr 2016 zusammen mit ihrem Lebensgefährten und zwei Freunden erworben und mit privaten Mitteln saniert hat. Erbaut wurde dieses Ende des 19. Jahrhunderts. Hier hat Hedwig Amelie Beese, 1886 geboren und später die erste deutsche Motorfliegerin, ihre Kindheit verbracht. In dem weiträumigen, urwüchsigen Garten naschte sie als Kind bestimmt schon von den vielen Himbeeren, pflückte Äpfel von den Bäumen, lag im Gras und schaute träumend in den Himmel. 1911 erhielt Melli Beese als erste Frau in Deutschland den Pilotenschein. „1898 sind Beeses dann nach Striesen gezogen. Im Garten wollte der Vater seine Fabrik, einen Steinmetzbetrieb und Tiegelgießerei, im Bereich des Gartens erweitern, aber die Stadt lehnte ab. Zum Glück“, weiß Silvia Tröster.

1998 sollten 23 Reihenhäuser auf dem Grundstück gebaut werden. Doch auch dies scheiterte. Viele Jahre gehörte das Grundstück einer Erbengemeinschaft, die sich nicht einigen konnte, was mit dem Haus passieren soll. Zehn Jahre stand das Gebäude leer und verfiel immer mehr, bevor Silvia Tröster es 2011 entdeckte. Sie ist gebürtige Schweizerin, studierte in Basel Geschichte und Sprachen und zog 1993 nach Dresden. Sie mag diese Stadt und ihre Historie, doch vor allem die besondere menschliche Lebensqualität, sagt sie. Erstmals besuchte sie die Elbestadt und Herrnhut in der Lausitz als junges Mädchen mit 16 Jahren in den 1970er Jahren und erinnert sich gern an diese Zeit. Seit 1995 wohnt sie in Laubegast. „Wir haben etwas Altes zum Sanieren mit Gestaltungsmöglichkeiten gesucht, am liebsten in Laubegast. Im Denkmalsschutzamt wurde uns dieses Haus genannt. Als ich es das erste Mal sah, ging mir schon das Herz auf“, erzählt Silvia Tröster, die mit ihrem eigenen Touristikbüro Stadt- und Kunstführungen in Dresden anbietet.

Um das denkmalgeschütze alte Gebäude originalgetreu zu sanieren und den wundervollen Garten zu erhalten, hat sie ihre Eigentumswohnung verkauft und ihr Lebenspartner sein Haus. Die alten Holzrahmenfenster, Holztüren und Klinken wurden aufgearbeitet, eine völlig zugekleisterte Stuckdecke samt Deckenmalerei in einem Raum von Silvia Tröster allein wieder freigelegt und restauriert, die blau weißen Villeroy & Bochkacheln erhalten und veraltete Wasser- und Gasanschlüsse im Haus erneuert. Das – welch ein Zufall – im Schweizer Stil erbaute, nun wieder frisch weiß strahlende Gebäude mit filigranen Holzverzierungen und hellgrünen Fensterläden steht umgeben von einer Teneriffa-Kiefer, Mittelmeer-Zypressen und einem Gingkobaum. „Der Alteigentümer und Vater der Erben hatte ein gutes Händchen für den Garten. Er ließ sich Setzlinge von Reisenden mitbringen. Ihn habe ich leider nicht mehr kennengelernt“, bedauert Silvia Tröster. Diese Mischung aus kultivierten Gewächsen und Wildblumen hegt, pflegt und vermehrt sie nun mit Hingabe weiter. Alte Apfel-, Kirsch-, Pflaumen- und Nussbäume stehen im Garten. Alte Obstsorten wie „Berner Rose“, „Kaiserapfel“ und „Danziger Kantapfel“ mit feinem Aroma lassen ihre Augen leuchten. „Wir lassen den Garten naturnah und pflanzen nur insekten- und vogelfreundliche Sorten“, sagt Silvia Tröster. Gemäht wird das Gras erst wenn es hoch steht, zwei Mal im Jahr, Anfang Juni und im Oktober mit Sense und Balkenmäher. Ein alter Brunnen noch vom Hausgründer wird mit Elektropumpe genutzt. Äste mit Windbruch bleiben liegen in einer „Feenecke“ als Unterschlupf für Igel im Winter.

„Wir sehen den Klimawandel und möchten unseren Garten nachhaltig gestalten und erhalten als eine grüne Oase in der Großstadt“, sagt Silvia Tröster. Durch die hohen Bäume bleibt Feuchtigkeit im Boden, während vier junge Lärchen schon verdurstet sind. „Dafür sprossen plötzlich Königskerzen, Fingerhut und Lichtnelken reichlich, die sich selbst ernähren und man nicht zu gießen braucht. Die ersten Himbeeren sind schon  reif, die wunderbar schmecken“, freut sich Silvia Tröster. „Wir wollen dieses besondere Haus und den Garten auch für Besucher öffnen zu kulturellen Anlässen.“ Im Anbau des Melli-Beese-Hauses mit Holzveranda und malerischem Ausblick in den Garten wohnt der Künstler Eckhard Kempin, der sein Atelier im Erdgeschoss hat und 80-jährig immer noch vital und produktiv ist, malt und Ausstellungen und Lesungen im Haus organisiert. Am Gartentor hängt ein Aushang mit den Veranstaltungen.

Am 23. Juni, 19.30 Uhr gibt es eine Gedicht-Lesung: „Vom Zauber endloser Anfänge“ mit Lilli Vostry, freie Autorin und dem Musiker Gabriel Jagieniak mit Akkordeon und Stimme im Melli Beese-Haus, Österreicher Straße 84 (gegenüber der Schiffswerft) in Dresden-Laubegast.

Text + Fotos (lv)


Ein schöner Ort zum Malen, Wohnen und Kultur genießen: der Eingang zum Atelier von Eckhard Kempin, der hier auch zu Ausstellungen und Lesungen einlädt.