So vergnügt kann der Umgang mit den Klassikern sein: Vor dem deutschen Nationaltheater mit den Dichtergrößen Goethe und Schiller in Weimar drehen klein und groß auf der Eisbahn fröhlich ihre Runden. Ringsherum locken Weihnachtsbuden, Händler und Musikanten wie überall… Dennoch ist es anders, erhebend, ergreifend schön einerseits, wie nah Historie und Alltag stolz und selbstverständlich zusammengehen. Manches wirkt surreal und filmreif wie die Pferdekutschen vor Goethes Wohnhaus als würden sie mit den Zusteigenden gleich zurück in die Vergangenheit reisen… Abends leuchten Lichterketten über den Köpfen von Goethe und Schiller. Unweit davon in Nähe des Bahnhofs wird einem beklommen angesichts der monumentalen, ebenfalls weihnachtlich geschmückten Bauten, umgeben von einer großen kahlen Fläche, die einst ein Aufmarschplatz in der NS-Zeit war. Dann dieser unglaublich schöne, tiefrot geflammte Abendhimmel. Später auf der Rückfahrt im Zug von Weimar nach Dresden über Leipzig stehen zwei junge Männer mit Spendenbüchsen mit der Aufschrift „Hegida“ vor uns. Auf meine abweisende Bemerkung erklärt einer der Männer, er trägt Bart und rötliches Haar. Das Ganze sei Satire. Die Abkürzung heiße „Hendrik gegen die Isolation des Auerhahns“! Tatsächlich ist so ein Vogel auf der Spendenbüchse abgebildet. Der sei vom Aussterben bedroht und er engagiere sich im Naturschutz. Aber eigentlich sammeln die Jungs für einen Junggesellenabschied, erzählen sie. Wir geben ihnen ein paar Münzen. In dem Moment kommt die Schaffnerin und erklärt, im Zug dürfe nichts verkauft werden. Man werde aber wohl noch freiwillig etwas geben dürfen, wenn jemand darum bittet, erwidere ich. Gegen die laut im Zug grölenden und Hetzparolen rufenden Fußballfans auf der Hinfahrt nach Weimar schritt keiner ein.
Text + Fotos (lv)
Eisbahn vor dem Nationaltheater. Schillerhaus
Goethes Wohnhaus am Frauenplan. Mehr los als am einstigen Wirkungsort des größten deutschen Dichters ist derzeit auf den Weihnachtsmärkten in der Stadt.
Auf Entdeckungstour durch Weimar mit Zarina Zimmermann, der Nachlassverwalterin des künstlerischen Werkes von Ingo Kuczera.
Die Galerie Hebecker zeigt zurzeit eine Ausstellung mit Arbeiten auf Papier von Ingo Kuczera und Plastiken von Erik Neukirchner (bis 28. Februar 2017).
Einblicke in die wechselvolle Weimarer Geschichte gibt`s im „Weimarhaus“.
Licht und Schatten liegen nah beieinander. Ehemaliger Aufmarschplatz aus der
NS-Zeit.
Zwischenstopp auf dem Leipziger Hauptbahnhof mit Weihnachtsmannkapelle.
Der Beitrag hat fast (!) nahtlos angeknüpft an meinen Sommeraufenthalt mit meiner Enkelin in Weimar. Die Stadt der Kultur ist halt zu jeder Jahreszeit einen Besuch wert. Danke, ;Lilli
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